Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)
gutbürgerlichen Ansprüchen genügenden Zeitmaschine, um seinem Lottoglück oder der geplatzten Liebe etwas auf die Sprünge zu helfen. Seit den ersten Hochkulturen, und vielleicht noch weit darüber hinaus, beschäftigte sich die Menschheit mit dem Wesen der Zeit. Würde es jemals möglich sein, in die Zukunft oder Vergangenheit vorzudringen, die Geschichte der Menschheit zu manipulieren oder gar ein Zeitparadoxon mit unabsehbaren Konsequenzen zu provozieren?
Spätestens seit Einstein ist klar, dass die Zeit keine willkürliche Ausgeburt der Menschheit ist, nur um Ordnung und Struktur in den Alltag zu bringen. Die Zeit ist eine Erfindung und Eigenheit der Natur. Die Zeit ist die vierte Dimension. In diesem Kapitel wollen wir die Möglichkeiten diskutieren, die uns die allgemeine Relativitätstheorie in ihrem Formalismus bietet, um uns in der Zeit zu bewegen. Möglichkeiten zur Zeitreise, die nicht irgendwelchen Science-Fiction Romanen entspringen, sondern in der modernen Physik und damit in der Natur zu finden sind. Die Relativitätstheorie zerstört die linearen Ansichten Newtons. Die Zeit ist keine Absolute mehr, die für jeden jedermann gleichermassen vergeht. Eine Sekunde auf der Sonne dauert länger als auf der Erde. Die Zeit ist relativ und massgeblich beeinflusst durch Beschleunigung, Geschwindigkeit und Gravitationsfelder. Das gilt für Elementarteilchen ebenso wie für Raumschiffe oder Planeten. Ein Mensch, der sein Leben lang mit dem Motorrad den kalifornischen Highway 1 auf und ab fährt, dürfte den lebensverlängernden Effekt kaum bemerken. Zwar vergeht die Zeit für ihn tatsächlich langsamer aufgrund seiner Geschwindigkeit und dem Gravitationsfeld, das am Pazifik stärker ist als im Hochgebirge. Die Geschwindigkeit ist im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit aber derart klein, dass sie eine Zeitdehnung von einigen Sekundenbruchteilen bewirkt – auf ein ganzes Leben gerechnet. Gleiches gilt für die gravitative Zeitdilatation. Wenn wir allerdings von der kalifornischen Küste zu den Experimenten in Teilchenbeschleunigern wechseln, bestätigen sich die Vorhersagen der allgemeinen Relativitätstheorie auf beeindruckende Art und Weise. Denn hier können Teilchen auf Geschwindigkeiten gebracht werden, bei denen die Zeitdilatation sehr wohl sichtbar wird. Die Lebenserwartung eines Elementarteilchens mit dem Namen „Myon“ beispielsweise verzehnfacht sich bei der Beschleunigung auf annähernde Lichtgeschwindigkeit. Dieser Effekt ist auf die enorme Geschwindigkeit und die daraus resultierenden relativistischen Phänomene zurückzuführen. Die Zeitdilatation kann aber nicht nur in Teilchenbeschleunigern beobachtet werden, sondern auch in der kosmischen Strahlung, die in rund zehn Kilometern Höhe ständig auf die oberen Schichten der Erdatmosphäre trifft. Dabei entstehen Myonen, die mit annähernder Lichtgeschwindigkeit auf die Erde zufliegen und dort detektiert werden können. Unbewegte Myonen zerfallen innerhalb von rund zwei Mikrosekunden und schaffen es nach klassischer Vorstellung damit nur ungefähr 600 Meter weit. Sie dürften die Erdoberfläche gar nicht erreichen. Dass sie auf der Erde dennoch detektiert werden können, ist auf die Zeitdilatation und Längenkontraktion zurückzuführen, also auf die relativistischen Effekte, die wir aus der Relativitätstheorie kennen. Präzise Messungen belegen denn auch, dass sehr schnelle Myonen erst nach rund 13 Mikrosekunden zerfallen, rund sechsfach langsamer. Ein eindrücklicher Beweis für die Korrektheit der Relativitätstheorie. Wenn es möglich ist, Myonen in Teilchenbeschleunigern gewissermassen in die eigene Zukunft zu befördern, müsste es dann nicht auch möglich sein, Zeitreisen für Menschen zugänglich zu machen? Was passiert, wenn ein Raumschiff mit fast Lichtgeschwindigkeit durch das Universum fliegt? Für die Astronauten dürfte in diesem Fall praktisch keine Zeit mehr vergehen und sie sollten folglich nicht altern. Ist ein lichtschnelles Raumschiff ein Unendlichkeitsserum? Die Vermutung ist durchaus richtig. Bewegt sich ein Raumschiff mit Lichtgeschwindigkeit, steht für das Raumschiff die Zeit still. Allerdings wissen wir aus der speziellen Relativitätstheorie, dass keine Masse die Lichtgeschwindigkeit erreichen kann, da dazu unendlich viel Energie notwendig wäre. Die Insassen würden aber tatsächlich nicht mehr altern. Alle Uhren und Prozesse an Bord stillstehen. Es wäre aber vermessen anzunehmen, die Astronauten würde in einem
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