Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)
Öffentlichkeit liebte und dem Äussern nach eher einem wilden Kauz glich, als einem Superstar der Wissenschaft.
Einstein und Gödel, zwei dicke Freunde, vereint durch die gemeinsame Liebschaft, die Mathematik und die Physik. Zwei Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein konnten, aber ihre Gemeinsamkeit in der Welt der Formeln und Zahlen fanden. Kaum ein anderer Wissenschaftler dieser Zeit konnte den zwei Herren das Wasser reichen. Einstein sagte denn auch: „Ich gehe nur ins Büro um des Privilegs willen, mit Kurt Gödel den Heimweg antreten zu können.“ Den mehrstündigen Heimweg, in dem die Formeln der Allgemeinen Relativitätstheorie thematisiert wurden.
Als Gödel in den USA eingebürgert werden sollte, begleitete ihn sein Freund Einstein in den Gerichtssaal. Als der Richter verlas, dass sich der zu Beginn des Zweiten Weltkriegs aus Österreich geflüchtete Gödel jetzt in einem freien Land befinde, in dem niemals eine Diktatur ausbrechen könne, schritt Gödel energisch dazwischen und verneinte. Seinem messerscharfen Verstand war beim Lesen der Verfassung nämlich ein logischer Widerspruch aufgefallen, der den Sturz der Demokratie durchaus ermöglichte. Einstein, getroffen vom Überraschungsmoment der Gödelschen Offensive, zupfte diesen am Ärmel und veranlasste ihn, den gestarteten Diskurs besser nicht zu vertiefen. Der Richter zuckte nur mit den Schultern und bilanzierte, dass die Wissenschaftler halt so seien, und schlussendlich alle gute Amerikaner würden. Doch Gödel machte nicht nur als extravagante Figur einen ordentlichen Eindruck, er scheute die Öffentlichkeit und heiratete eine Nachtklubtänzerin, er brillierte vor allem als Wissenschaftler. Mehr, als Einstein lieb sein konnte. Gödel beschlich nämlich die Idee, aus den Formeln der Allgemeinen Relativitätstheorie eine Schlussfolgerung zu ziehen, die Einstein gar nicht gefallen wollte. Zu allem Übel sollte diese folgenschwere Formel auch noch sein Geschenk zum siebzigsten Geburtstag werden. Kurz gesagt: Die Formel von Gödel beweist, dass Zeitreisen möglich sind, und zeigt vor allem auf, wie man in eine beliebige Zeit gelangt. Einstein, der sich eigentlich mit allem, was unsere Alltagsvorstellung übersteigt, abgesehen von der Relativitätstheorie, nicht anfreunden konnte, muss fast vom Stuhl gefallen sein, als ihm Gödel seine neuste Erkenntnis präsentierte.
Bis zu diesem Zeitpunkt betrachteten so ziemlich alle Physiker das Universum als eine Kugel, was auch naheliegend war, da Sterne, Planeten und schliesslich auch die Erde zumindest kugelförmig sind. Gödel verwarf dieses Modell und versuchte stattdessen, die Allgemeine Relativitätstheorie mit Zylinderkoordinaten durchzurechnen. Er nahm an, dass das Universum um eine imaginäre Achse rotiert und daher ständig in Bewegung ist. Durch diese Bewegung werden die Galaxien und alle Materie mitgerissen. Dabei entsteht der „Lense-Thirring-Effekt“, eine Verdrillung der Raumzeit. In der Relativitätstheorie ist die Raumzeit bekanntlich ein vierdimensionales Gefüge. Jedem Punkt werden vier Weltlinien oder vier Koordinaten zugeordnet. Diese Weltlinien werden im GödelUniversum von der Rotation mitgerissen und so stark verkrümmt, dass sie irgendwann ineinander zurücklaufen. Die Weltlinien sind fortan in sich geschlossen. Die überraschende Quintessenz: Fliegt ein Raumschiff lange genug in die gleiche Richtung, erreicht es nicht etwa das Ende des Weltalls, sondern gelangt an einen beliebigen Zeitpunkt der Vergangenheit. Wenn man einer Weltenlinienkurve lange genug folgt, bewegt man sich rückwärts durch die Geschichte. So werden das Mittelalter, der Untergang von Rom, die Steinzeit oder auch das Kennedy Attentat zugänglich. Der Haken daran: Eine Weltenlinienkurve ist erst nach ungefähr 100 Milliarden Lichtjahren in sich geschlossen. Ein Raumschiff mit Lichtgeschwindigkeit müsste über acht Mal länger unterwegs sein, als unser Universum überhaupt existiert. Eine Vorgabe, die kaum zu realisieren ist.
Einstein zeigte sich einsichtig und bemerkte, dass ihn das Problem der Zeitreise schon bei der Entwicklung der Allgemeinen Relativitätstheorie beunruhigt habe. Er vermutete einen natürlichen Mechanismus, der Menschen prinzipiell daran hindern würde, in die Vergangenheit zu reisen. Gödel erklärte seinerseits, dass Zeitreisen aufgrund der astronomischen Längen einer geschlossenen Weltenlinie nicht praktikabel seien. Dabei vergass er allerdings die Einstein-Rosen-Brücke, die zwei
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