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Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen

Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen

Titel: Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Lenz
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ein Wort. Reinhart hat dir etwas zu erzählen, sagt die Frau, etwas, was dich sehr interessiert. Der junge Zöllner antwortet nicht. Auch Reinhart wurde etwas gestohlen, sagt die Frau, aber er hat es wieder zurück. Ich mußte einfach zu dir kommen, sagt Reinhart, ich hoffe, du hast nichts dagegen. Reinhart hat einen Verdacht, sagt die Frau. Der junge Zöllner nimmt eine halbe Zigarette vom Radio und steckt sie sich an. Er öffnet sein Hemd über der Brust. Wir finden ihn, sagt Reinhart, wir kriegen ihn bestimmt. Der kann sich auf was gefaßt machen. Reinhart hat das Schloß an seinem Spind präpariert, sagt die Frau. Der junge Zöllner steht auf, geht zum offenen Fenster und sieht auf die Kastanien hinab. Die Farbe ist blau und rot, sagt die Frau, die bleibt drei Tage an den Fingern, man kann sie nicht abwaschen. Wer es auch sein wird, sagt Reinhart, ich frag erst gar nicht, ich erledige es selbst. Wir werden alles rauskriegen, sagt die Frau. Der junge Zöllner hebt seine Hand vorsichtig über dem Fensterbrett. Erstaunt sieht er auf seine Fingerkuppen. Jetzt werden wir alles erfahren, sagt die Frau, und der junge Zöllner, ohne sich umzudrehn: Hoffentlich.

    1966

Die Mannschaft

    Für Heinz Perleberg

    Wie wir davonzogen im Rückspiel: zweizunull, dann fünfzuzwei, und schließlich siebenzudrei bei Halbzeit; da schien alles schon gelaufen, alles entschieden und erreicht zu sein, und wir gingen mit dem Gefühl in die Kabinen, daß das Hinspiel in Bodelsbach, das wir mit einem Tor Unterschied verloren hatten, keine Erinnerung mehr wert war, jedenfalls keinen zu belasten brauchte; und welch einen Anteil ich daran hatte, ließen sie mich in der Halbzeit spüren, als sie mir zunickten, über den Hinterkopf wischten oder im Vorbeigehen anerkennend auf den Rücken klatschten; sogar Plessen, unser wortkarger Trainer, nickte mir zu. Offenbar beglückwünschte er sich selbst dazu, daß er mich nach langer Zeit - und vielleicht nur, weil es um die Teilnahme am Europa-Pokal ging - wieder aufgestellt hatte.
      Keiner von uns bedauerte, daß für das Rückspiel gegen Bodelsbach Klaus Körner aufgestellt wurde, jedenfalls bis zur Halbzeit nicht, denn daß wir mit siebenzudrei führten, hatten wir nicht zuletzt seinem Spiel und den vier Toren zu verdanken, die er mit seinen Fallwürfen erzielte; und als wir in die Kabinen gingen, dachte niemand mehr an die Behutsamkeit, mit der Plessen uns darauf vorbereitet hatte, daß er für dies entscheidende Spiel Klaus Körner aufstellen wollte, ihn, der achtzehnmal in der Ländermannschaft gespielt hatte, der unser bester Mann war und den Plessen dennoch monatelang pausieren ließ, einfach weil Klaus unberechenbar war und für sich mehr beanspruchte als jeder andere Spieler in der Mannschaft.
      Wir hätten das Hinspiel nicht zu verlieren brauchen, wenn sie mich schon damals aufgestellt hätten in Bodelsbach, in diesem entlegenen Nest mit sechs-, allenfalls siebenhundert Einwohnern, die nur für ihre berühmte Vierfruchtmarmelade und ihre zumindest hierzulande nicht weniger berühmte Handballmannschaft zu leben scheinen - wenn die ein Heimspiel bestreiten, lassen sich vor Begeisterung sogar die Kranken an den Spielfeldrand tragen, und ihre zahlreichen Kinderwagen segeln ausnahmslos unter den grün weißen Vereinswimpeln von Bodelsbach - doch diese Mannschaft, die so viele Favoriten auflaufen ließ, hat ihre erkennbaren Schwächen, und Günther Plessen gab mir zu, daß wir es nicht verstanden, diese Schwächen auszunutzen, und daß wir schon das Hinspiel gewonnen hätten, wenn ich dabei gewesen wäre.
      Auch wenn keiner von uns zunächst bedauert hatte, daß Klaus Körner für das Rückspiel aufgestellt wurde - bei einigen von uns löste diese Entscheidung zwangsläufige Erinnerungen an alte Spiele aus - München, Lyon, vor allem Zagreb -, Erinnerungen an einen eigensinnigen und unaufhaltsamen Mitspieler, dessen Begeisterung ansteckend wirkte, solange die Chancen gleich verteilt waren, der aber dann, wenn wir im Rückstand oder sogar im hoffnungslosen Rückstand lagen, alle Abmachungen verletzte, sich zu unbeherrschten Aktionen verleiten ließ und so schroff gegen die Regeln verstieß, daß sie ihn mehrmals hinausstellten.
      Wir hätten zur Halbzeit noch höher führen können als siebenzudrei, aber ich hatte Plessen versprochen, nicht das ganze Spiel über mich laufen zu lassen, ich sollte vor allem Hartwig einsetzen, ihn, der den Senkwurf aus spitzem Winkel beherrscht wie kein

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