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Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen

Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen

Titel: Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Lenz
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ja besser geworden sein, oder? Ich meine, in der DDR. Trudi verhält sich, als sei sie gar nicht gefragt worden, und Reimund löffelt mit vorgezeigtem Genuß die Karpfensuppe. Erst als die Masseuse sagt: Man hat da schon von Engpässen gehört, sagt Reimund: Einen Engpaß werden wir gleich hier am Tisch erleben, wenn das Hauptgericht aufgefahren wird. Wir bringen Sie bestimmt nicht in die Klemme, sagt Frau Schuster-Pirchala, wir bekommen nur klitzekleine Rohkostteller. Herrgottnochmal, sagt Dr. Thape, ich hab das Gefühl, hier zieht's. Was meinst du, Judith, wollen wir uns nicht einen anderen Tisch suchen? Der große Ecktisch ist noch frei, sagt Frau Schuster-Pirchala, da haben gut und gern acht Personen Platz.
      Trudi lächelt, bei geduldiger Neigung des Kopfes, sie öffnet ihre Handtasche, findet gleich das blaßgrüne, ältliche Etui, läßt es, mit Herrn Schusters Hilfe, ihrem Bruder zuwandern: Vater schickt dir das, sagt sie, er bestand darauf. Sieht ganz nach einer Uhr aus, stellt Frau Schuster-Pirchala fest, und nun sehen alle zu, wie Dr. Thape das Etui öffnet und eine Taschenuhr heraushebt. Na, bitte, sagt die Masseuse; und vermutlich ist die Uhr auch nicht aufgezogen. Sorgsam beobachtet Trudi alle Bewegungen ihres Bruders, registriert seine Ungläubigkeit nicht weniger als seine Rührung und die etwas nachsichtige Freude, und um Entschuldigung bittend fügt sie hinzu: Das ist alles, mehr haben wir euch nicht mitgebracht, nicht mitzubringen gewagt nach Judiths Brief. Wieso, fragt Judith, welcher Brief? Du schriebst mal, daß ihr nichts zu entbehren hättet und daß wir nichts schicken sollten, sagt Trudi ruhig. Du meintest, all diese Dinge bei uns - nein, du hast sie nicht dürftig genannt, aber darüber wollen wir jetzt nicht sprechen. Die Uhr geht, sagt Dr. Thape, die Uhr geht einwandfrei; und die Kette ist so dünn, daß man sie ohne weiteres durchs Knopfloch ziehen kann. Hinter ihm setzt plötzlich die Kapelle ein, er zuckt zusammen wie bei einer überraschenden Injektion, schließt gequält die Augen und hält sie geschlossen, während er mit beiden Händen die Uhr abdeckt, als wollte er sie schützen. Reimund ruft ihm etwas zu, doch er versteht ihn nicht.
      Auf Reimunds Teller ist ein beleidigt aussehendes Karpfenmaul zurückgeblieben, zu Trudis Vergnügen steckt er einen Zahnstocher in das Maul, legt den Kopf schräg und verkündet: Hygiene, der erste Schritt zur Revolution. Man sollte sie nicht übertreiben, die Hygiene, sagt Frau Schuster-Pirchala, die meisten Menschen wissen nicht, wie lebensnotwenig die Körperflora ist. Da umschließt Dr. Thape krampfhaft das Etui, legt sich zurück und sagt mit unheilvollem Unterton zur Masseuse hinüber: Ihnen scheint wohl zu allem etwas einzufallen. Frau Schuster-Pirchala ist verdutzt, sie sieht betroffen ihren Mann an. Sie sagt: Ich verstehe nicht, warum Sie sich so aufregen; die Hygiene ist wirklich... Dr. Thape unterbricht sie ärgerlich, streift Judiths Hand von seinem Oberarm, klopft mit dem Etui auf den Tisch und sagt gepreßt: Damit Sie es nun endlich wissen, ich bin nicht von Bremen hierher gefahren, um mir Ihre Ansichten über Körperflora anzuhören. Ich, wir sind hier, um - falls Sie es noch nicht bemerkt haben - nach langer Zeit Wiedersehen zu feiern. Ein Familientreffen, falls Sie nichts dagegen haben. Berti, sagt Judith gedehnt und beschwichtigend, und Frau SchusterPirchala, unter fast schmerzhaftem Protest: So hat man mich noch nie beschuldigt, so aus heiterem Himmel! Wir saßen doch eben gemütlich zusammen, und nun muß man sich das anhören! Wir scheinen hier zu stören, Erich. Komm. Bitte, sagt Judith einlenkend, mein Mann hat es nicht so gemeint, jedenfalls nicht so, wie es klang, nicht wahr, Berti? Frau Schuster-Pirchala, in düsterem Aufbruch: Das muß einem doch gesagt werden, daß man unerwünscht ist, daß man eine Familienfeier stört, bist du fertig, Erich? Die Bremer Bekannten entfernen sich grußlos und spähen nach einem Tisch in äußerster Entfernung. Entschuldigt, sagt Dr. Thape, aber ich konnte es einfach nicht mehr ertragen. Du warst sehr hart, sagt Judith, du hättest es ihnen schonender beibringen können. Aber das habe ich doch versucht, sagt Berti zornig, die ganze Zeit habe ich deiner Masseuse beizubringen versucht, daß hier jemand fehl am Platz ist. Kinder, sagt Reimund und mimt lippenleckend Vorfreude, streitet euch nicht, dort kommt das Hauptgericht, ein original-ungarisches Hirtengulasch.
      Nun hebt Dr.

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