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Eis

Eis

Titel: Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kosch
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Sogar Pfeffer in solchen Mengen, daß sie damit die ganze Stadt vergiften könnten. „Mein Gott“, fragte er sich besorgt, „gedenken die zwanzigtausend Jahre zu leben, oder wollen sie mein ganzes Lager zu sich hinüberschaffen?“

    „Gut!“ sagte der Fernsehansager. „Kommen Sie ein bißchen näher, Genosse Liebling, damit unsere Zuschauer Sie besser sehen können. Sehr gut! Wir sagten also, daß wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit und der angehäuften Schneemassen dieses Jahr ein kühlerer Sommer zu erwarten sei. Das heißt, wir werden erst im August in Save und Donau baden können, nicht wahr?“
    „Jawohl – wir werden dieses Jahr erst im Juli Erdbeeren und Kirschen essen, dafür werden sie uns dann um so besser schmecken. So richtig schwitzen werden wir erst im August, dafür aber werden wir im Juli einen herrlichen Frühling haben.“
    „Gut!“ sagte der Ansager abermals. „Statt Himbeeren werden wir Brombeeren haben, statt Birnen Vogelbeeren. Statt Sommer Frühling und statt Herbst Winter. Aber warum, Genosse Liebling? Warum und durch wessen Verschulden?“
    „Darüber gibt es heute unter den Gelehrten einige Theorien“, begann Genosse Liebling auseinanderzusetzen. „In der Hauptsache waren es folgende Theorien:
    Einige einheimische und ausländische Gelehrte vertraten die These, daß an den klimatischen Verschiebungen, die den gesamten Erdball, besonders aber die nördliche Halbkugel betroffen haben, große Flecke schuld seien, die auf der Sonne auftraten und der Erde einen Teil der Sonnenstrahlen vorenthalten. Sobald aber der Rauch dieser Sonnenexplosion sich verzogen hat und der glühende Sonnenhimmel wieder aufklart, kann man mit Sicherheit erwarten, daß die Temperatur jäh ansteigt und die Sonne den Schnee in kurzer Zeit wegschmilzt. ,Das ist’, sagte einer der Professoren, um die Sache besser zu erläutern, ,das ist, als wenn ein Mensch in Ungnade fällt und sich plötzlich in kaltem Schatten wiederfindet; als wenn ihm ein Unglück widerfährt und er allein bleibt, ohne Freunde; als wenn ein gewaltiger Schmerz ihn zerbricht – und er dann, wenn das Schlimmste vorbei ist, meint, die Sonne bestrahle ihn plötzlich wieder – die im übrigen, wie bekannt, gerade hinter Wolken am stärksten wärmt. Oder wenn etwas, woran wir grenzenlos geglaubt, das wir ohne Reserve bewundert haben, plötzlich, für uns unerwartet, gewisse Mängel und Flecke aufzuweisen beginnt; wenn sich auf einem unserer Ideale, auf das wir geschworen haben, plötzlich Rost und Schmierer zeigen, die bewirken, daß wir jäh nüchtern werden und abkühlen und wir – erkaltet und ohne das Feuer zurückgeblieben, das uns erwärmte – verstummen und versteinern, passiv werden, in uns gekehrt und tot. Indessen’ – und so weiter.
    Andere haben weniger den Kopf zum Himmel erhoben, sondern die Ursachen auf Erden gesucht. Ihrer Meinung nach haben die Menschen selber die Sonne beschattet und den Himmel mit derart viel Rauch, Ruß und anderem Dreck bedeckt, daß die Sonnenstrahlen nicht mehr ordentlich bis zu uns auf Erden durchdringen können. ,Alles haben wir beschmutzt, sogar den Himmel über uns’, schrieb ein jüngerer Gelehrter. ,Wir haben zwischen uns und allem, das uns umgibt, eine derartige Mauer errichtet, einen derart dichten Vorhang, mag der nun aus Eisen, Rauch oder Eis sein, daß nicht einmal mehr die Sonne durchdringen und uns in unserer eisigen Isolation erwärmen kann.’
    Die dritten hielten dafür, daß alles Übel von den Atomexperimenten und -explosionen gekommen sei, deren Wucht die Erdachse verschoben habe, so daß die Sonnenstrahlen nur noch schräg auf die Erde treffen. Es gab welche, die für alles die Russen verantwortlich machten, weil die mit ihren Atomexperimenten im nördlichen Polarkreis die Atmosphäre getrübt und die kalte Polarluft über die ganze nördliche Halbkugel verstreut hätten. Die übrigen beschuldigten genau die Amerikaner, die mit Explosionen in den warmen Breiten Felder niedrigen Luftdrucks geschaffen und damit die kalte Polarluft aus dem Norden angezogen hätten. Die einen wie die anderen wurden von dritten kritisiert, die behaupteten, die Explosivität der Großmächte sei schuld, mit der sie so angeben – und dabei die Energien der Erde für nichts verbrauchen und deren Wärme sinnlos erschöpfen. Man darf nicht so angeben und ins Leere poltern – weiß man doch: auch die reichen Leute, wenn sie sich immer mehr aufblasen, verarmen schließlich, und es ist auch bekannt,

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