Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)
Titel:
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt
Verrückterweise überlegte er kurz, ob er das unschicklich finden sollte, entschied sich aber dagegen, denn es fühlte sich gut an.
„Was …?“, krächzte er, hustete und begann von Neuem: „Was ist geschehen?“
„Wir haben es geschafft“, antwortete Nehal mit sanfter Stimme. „Von Al Hadary ist nicht mehr viel übrig, ebenso wenig von der Maschine.“
Der Mann aus der Colonia richtete sich auf und schüttelte den Kopf, um den Schwindel zu vertreiben. Die junge Frau sah ihm in die Augen: „Als du von dem Blitz getroffen wurdest, dachte ich, es sei aus mit dir.“
„Unkraut vergeht nicht!“, versuchte Heinrich einen schwachen Scherz und blickte sich um. Sie befanden sich in einem Arbeitszimmer mit Bibliothek im venezianischen Stil. Er und Nehal saßen auf einem Diwan. Vor einem brennenden Kamin hockte Farid auf einem dicken Teppich, hielt die schlafende Shaira im Arm und sah dabei nicht unzufrieden aus.
„Wo um alles in der Welt sind wir?“, fragte Heinrich.
„In einem Arbeitszimmer, das Al Hadary sich hier unten hat einrichten lassen; wir haben dich hergebracht, als wir nach dem ersten Schreck erkennen konnten, dass du noch lebtest und nur bewusstlos warst.“
Nehal erhob sich, was der Gelehrte bedauerlich fand, denn er genoss ihre Nähe, und sie ging um das Sofa herum zu einem Schreibtisch von ebenso beeindruckenden Ausmaßen wie jener im Büro des Kurators im Museum. Sie ergriff einen Stapel Papier und hielt ihn hoch, sah ihn dabei bedeutungsschwer an.
„Was ist das?“, fragte er.
„Das sind die Forschungs- und Konstruktionsunterlagen für Al Hadarys spezielle sechemty und die Maschine.“
Heinrich stand auch auf, was ihm nicht leicht fiel, denn sein gesamter Körper fühlte sich an, als habe er sich gerade erst von schweren Krämpfen erholt. Er ging zu Nehal, berührte sie sachte am Arm. Diesmal ließ sie es ohne Protest geschehen. Er sah ihr lange in die Augen, sie wandte den Blick nicht ab. Dann sagte er: „Wirf sie ins Feuer! Das darf nicht an die Öffentlichkeit gelangen, es würde nur Schlechtes in die Welt bringen.“
„Ja …“, murmelte sie. Die beiden schritten zum Kamin und verteilten unter dem zustimmenden Nicken Farids die Unterlagen darin. Diese vergingen in lohenden Flammen, von den menschenverachtenden Erfindungen des irrsinnigen Kurators blieb nur mehr Asche zurück.
„Was ist mit all dem anderen?“, fragte sie.
„Was meinst du?“
Sie hob ihre Arme, deute in einer umfassenden Geste um sich herum: „Die Erkenntnisschätze aus der Bibliothek von Alexandria. All das seit Jahrhunderten verlorene Wissen der alten Reiche, die zahllosen Schriften. Was soll damit geschehen?“
„Wir werden den Fund vorläufig geheim halten müssen“, sagte Heinrich. „Nach dem hier Erlebten können wir nicht zulassen, dass Einzelpersonen oder Staaten Zugriff darauf erhalten.“
„Ob wir es zerstören sollten?“
„Könntest du das? All das Wissen einfach so vernichten?“
„Nein.“ Sie schüttelte besonnen den Kopf und sah in ihrer ernsten Nachdenklichkeit für seine Augen bezaubernd aus. „Das Wissen an sich ist nicht böse, nur was Menschen damit möglicherweise tun würden, und man könnte so viel daraus lernen und es zum Guten verwenden.“
Heinrich nickte: „Dann schließen wir hier und jetzt einen Pakt. Wir halten den Fund geheim. Vorläufig. Möglicherweise für immer. Oder bis jemand anderer den Weg an diesen Ort findet, falls wir das nicht irgendwie zu verhindern verstehen. Eventuell können wir die Schriftrollen heimlich sichten und mit den Erkenntnissen daraus Gutes tun. Es wird nicht leicht werden.“ Er lachte, dachte an den ungleichen Kampf mit dem metallenen Titanen, aus dem sie dennoch siegreich hervorgegangen waren, und fügte hinzu: „Aber was ist schon leicht …“
Nehal sah den Mann aus den Rheinländern mit schwer zu deutendem Blick an. Was sie dann sagte, kam für ihn völlig unerwartet: „Ich glaube, ich liebe dich, Heinrich Jonas!“
Das Tourbillon
von Henning Mützlitz
D ie Residenzstadt Schwetzingen war in Aufruhr. Seit Wochen liefen die Vorarbeiten für die Geburtstagsfeierlichkeiten der Großherzogin. Jetzt, wo der große Tag gekommen war, beherrschten Blumenschmuck und Fahnen die Straßen der Altstadt, vornehmlich in Purpur gehalten, der Lieblingsfarbe Elisabeþs von Baden. Eine Militärparade, eine Volksbelustigung auf dem Platz vor dem großherzoglichen Schloss sowie Speis und Trank für jedermann in eigens errichteten Zelten
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