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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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seinem Herrschaftsbereich, der vor allem durch die Industriekonglomerate in Karlsruhe und Groß-Mannheim zu Reichtum gelangt war, hatte er sich mit seinen Residenzen Rückzugsorte geschaffen, die der romantisierenden Verklärung der vorindustriellen Vergangenheit entsprachen, anstatt dem zeitgemäßen Refugium eines deutschen Fürsten. Nicht nur Warner schob dies auf den allseits bekannten Opiumkonsum Ludwigs II. Trotz der bedeutenden Stellung Badens im Kaiserreich wurde der Großherzog von anderen Machthabern eher belächelt. Die Regierungsgeschäfte lagen schon lange in der Hand Wilhelm Rivaliers von Meißenburg, eines alten Hardliners, der den Feinden des Großherzogtums mit stählerner Stirn begegnete.
    Am Tor stoppte die Benz, und Bragots Chauffeur öffnete die Tür. Wenige Schritte und eine Leibesvisitation später fand sich der Geschäftsführer des Uhrmachers auf der anderen Seite des Tors wieder. Eine Droschke mit zwei Rappen, deren Atem in der Luft rasch schwindende Wolken bildete, erwartete ihn. Das Fahrzeug schien einem Museum zu entspringen: goldene Speichen, eine Kabine, deren Schwarz selbst das abendliche Dunkel aufzusaugen schien und Applikationen, die mit ihrer verwirrenden Ornamentik eigentlich nur den Träumen eines von Drogen berauschten Geistes entspringen konnten, dachte Warner. Ein Mann in der Livree eines hohen herzoglichen Bediensteten erwartete den Ængländer.
    Schmunzelnd streckte Warner die behandschuhte Hand aus.
    „Camerlengo! Es ist ein Weilchen her!“
    „Ich grüße Sie, Herr Warner. Bitte steigen Sie ein, wir haben wenig Zeit.“
    „Gewiss, Sir.“
    Die Männer bestiegen die Kutsche und setzten sich einander gegenüber. Die Kabine bot weniger Platz, als es von außen den Anschein machte. Warner musste die Beine einziehen und saß dem Camerlengo in recht unbequemer Haltung gegenüber. Form should follow function instead , dachte der Ængländer, als sich das Gefährt in Bewegung setzte. Bis an den Rand des Odinsweihers war die Kabine mit unbehaglichem Schweigen erfüllt, das Warner jedoch nicht zu durchbrechen trachtete. Ihm stand der Sinn nicht nach Geplauder, und der Camerlengo beschränkte seine Konversation traditionell auf das Notwendigste. Sein Interesse, eine unverhohlene Neugier, die sich auf den Edelholzbehälter in den Händen Warners richtete, wollte aber so gar nicht zu dem sonst so korrekten Diener des Großherzogs passen.
    Durch das Kabinenfenster konnte Warner die beleuchteten Minarette der Gartenmoschee ausmachen, die den strengen nordischen und den gedankenverlorenen hellenischen Aspekten des Schlossgartens eine verspielte orientalische Note hinzufügten. Der Großherzog hatte sich hier sein ganz eigenes Märchenland geschaffen, in dem Edda, Æneas und Koran eine Koexistenz zum Wohlgefallen des badischen Fürsten eingegangen waren.
    Wenige Augenblicke später gab der Camerlengo seinem Wissensdrang nach.
    „Darf ich es sehen?“, fragte er, als die Droschke auf das Mittelparterre des Schlossgartens einbog.
    „Excuse me?“
    „Das Tourbillon“, antwortete er und wies auf das Kästchen. „Schließlich müssen wir sichergehen, dass es sich wirklich darin befindet.“
    „Der Maestro würde Ihren Argwohn als Beleidigung auffassen“, gab Warner zurück. „Aber ich bin da nicht so empfindlich. Hier!“ Er entfernte den Samteinschlag und offenbarte den Wurzelholzbehälter von etwa einer Elle Länge. „Manchmal macht man sich keine Vorstellung davon, welch enormen Wert man in die winzigsten Dimensionen zu pressen vermag. Davon könnte man sich mancherorts ein schönes Häuschen leisten“, erklärte er, während er die silbernen Schließhaken betätigte und das Schloss öffnete.
    Im Inneren schlug er ein weiteres Samttuch beiseite, bevor es seinen Inhalt preisgab. Er zog einen Handschuh über und holte das Kleinod hervor.
    „I proudly present: das Tourbillon Histoire Mystique “, sagte er feierlich.
    „Donner und Wetter!“, entfuhr es dem Camerlengo. Ihm war die Ehrfurcht anzumerken, als er das kaum eine Handfläche große und doch hochkomplizierte Erzeugnis der Haute Horlogerie , der hohen Uhrmacherei, betrachtete. „Diese Farbe … das ist doch kein herkömmliches Gold?“, fragte er nach einer Weile.
    Warner lachte. „Sir, Ihnen sollte bekannt sein, dass man an nichts, was Meister Bragot fertigt, herkömmliche Maßstäbe anlegen sollte. Aber Sie haben schon richtig bemerkt, es handelt sich beim Gehäusematerial keinesfalls um normales Roségold, wie es

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