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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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Herr …“
    „Öffnen Sie die Tür! Ich bin ein alter Mann, und keiner von euch Royalisten wird meinen Lebensabend stören!“
    „Sie werden nie wieder etwas von mir hören!“
    „Die Tür!“
    Es wird immer wärmer im Raum. Tomke erhebt erst die Hände, dann sich selbst und geht folgsam vor dem zitternden Alten her zur Tür.
    „Sie werden mich nicht töten.“
    „Ich sagte Ihnen, ich würde Sie erschießen. Halten Sie mich für einen Feigling? Ich habe das Elsass verwüstet!“, sagt der Alte.
    Hilfesuchend blickt Tomke zu Elisabeth, die mit gerunzelter Stirn die Hände aufeinander presst und mit den Zähnen knirscht.
    „Ihre Enkelin will nicht, dass Sie mich töten!“
    „Es kümmert meine Enkelin nicht.“
    „Ynge hat Ihre Enkelin gekümmert! Ich kann Ihnen sagen, was mit Ynge geschah und was mit Æmelie, und es hat nichts mit mir zu tun!“
    Er drückt ihr die Mündung der Waffe in den Rücken, sie lässt die Brechstange fallen und öffnet die Tür.
    „Bitte!“
    „Ihre Bitte ist abgelehnt. Hinaus!“
    Tomke geht. Es ist vereist, und als sie loslaufen will, strauchelt sie und weiß, dass sie es nicht schaffen wird, sich das kurze, abschüssige Stück die Kohlenrampe hinauf in Sicherheit zu bringen. Hinter ihr kracht ein Schuss. Ein einziger – er hat nur einen. Doch sie hat auch nur ein Leben.
    Sie spürt die Kugel an ihrem Rücken, sie wird ihre rechte Niere zerfetzen, wird ein großes Loch in ihren schmalen Körper reißen.
    Dann ist die Kugel fort, und sie verschwindet mit einer schwarzen Schmauchspur im Schnee, der von einem Lichtkeil aus dem buttergelb erleuchteten Keller erhellt wird.
    Keuchend sinkt Tomke nieder – neben die Schmauchspur, die sie ungläubig anstarrt. Ihr Rücken schmerzt, doch es ist Phantomschmerz.
    „Was für ein verrückter Trick war das?“, ächzt sie beleidigt.
    Der Alte starrt auf die Schusswaffe in seiner Hand. Hinter ihm lacht seine Enkelin, ein glückliches Lachen, wie das erste Lachen, das ein Neugeborenes von sich gibt, das pure Destillat der Freude.
    Der Puppenmacher flucht, und dann packt er die rauchende Büchse wie einen Knüppel.
    „Ich werde mein Leben verteidigen!“
    „Ich will Ihr verdammtes Leben nicht“, sagt Tomke, „auch, wenn es nur gerecht wäre. Warum hat Ihre Kugel mich verfehlt?“
    „Der Mangel aller Dämonen. Die Unschärfe“, sagt die Stimme einer jungen Frau aus dem Puppenregal, und Elisabeth lacht.

Honig mit Hindernissen

    von André Wiesler
    T indwerch kramte in seiner Tasche nach Münzen, holte schließlich eine ganze Handvoll hervor und blickte darauf. Kleine, schwere ænglische Pfund, goldene französische Francs, klobige deutsche Mark, sogar einige gotländische Silbermünzen mit verschlungenen, kantigen Ranken, wie sie sich über seine Arme und seinen Oberkörper zogen, fand er.
    Der Straßenhändler machte kleine Laute der Aufmunterung und wedelte mit der freien Hand, dass Tindwerch ihm doch sein Geld vorhalten solle, er würde sich dann schon das richtige herausnehmen.
    „So siehst du aus, Kamerad!“, lachte er und wühlte mit dem Finger darin herum, bis eine kleine, runde Münze mit verschlungenen Schriftzeichen und einem viereckigen Loch in der Mitte erschien.
    „Geht doch.“ Er angelte die Münze hervor und stopfte den Rest achtlos wieder in die weiten Taschen der Pluderhose. Dann reichte er sie dem Händler und nahm fast ehrfürchtig das honiggetränkte Gebäckstück entgegen. Es war in ein Stück Fladenbrot gewickelt.
    Tindwerch nickte dem Mann beglückt zu und biss hinein. Es war noch warm, und der Honig war so süß, dass ihm ein wohliges Brummen entstieg. Doch seine Wonne währte nicht lang, denn jetzt schoss ihm ein eiskalter Schmerz durch den Kiefer.
    „Da soll mich doch der Adler beim Scheißen beißen!“, rief er verärgert und schluckte das Gebäck. Seit dem Vortag peinigte ihn sein Schneidezahn schon.
    „Jetzt habe ich aber genug!“, beschloss er und wirbelte zu dem Verkäufer herum. Dabei troff Honig aus seiner Leckerei auf seine Brust. Die goldene Flüssigkeit sickerte durch das dichte Brusthaar, und es wirkte, als sollte die darunter tanzende dunkelhäutige Schönheit goldene Brustschalen bekommen. Wenigstens war es ihm nicht auf die Lederweste getropft.
    „Habt ihr hier einen Zahnreißer?“, fragte Tindwerch brüsk. Der Mann blickte erschrocken zu ihm auf. Der Friese sah sich um. Ziemlich viele Leute stierten ihn an. Er war ja auch gut sichtbar, denn hier in Djakarta reichten ihm die meisten der

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