Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)
Titel:
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt
er.
„Was hast du?“, fragte Freddi zurück.
Tindwerch griff in die Tasche, sortierte die Pfund und die Goldmünze mit dem Adler drauf aus und drückte Freddi den Rest in die Hand. „Passt das?“
Freddi nickte und steckte die Münzen in eine Holztruhe, ohne sie zu zählen. „Bis zum Abend nix essen!“
Tindwerchs Feixen verschwand. Er hatte jetzt schon üblen Schmacht. „Trinken?“
„Trinken auch erst in einer Stunde – und putz dir ab morgen mal die Zähne!“, mahnte Freddi, ging zu einem Holzbecher, in dem Bürstchen standen und zog eine heraus. „Hier!“
Tindwerch nahm die Bürste, versprach, die Tage mal abends auf ein Bier vorbeizukommen und schob sich wieder zwischen den Häusern hindurch. Er machte es sich einige Meter weiter auf einer Bank vor einem Wirtshaus bequem, das im Wesentlichen aus einem Fenster bestand, aus dem das Essen herausgereicht wurde. Der Duft des würzigen Fleischs und der verschiedenen Currys ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er bestellte Tee, um nicht unhöflich zu sein, und schloss die Augen. Was für ein Tag!
„No! That’s outrageous!“ Die näselnde Stimme weckte ihn. Er blickte zum Himmel, hoffte, er hätte bis zum Abend geschlafen und könne etwas essen, aber die Sonne stand unverändert. Keine halbe Stunde mochte vergangen sein.
Die Worte stammten von der jungen Frau im Safari-Aufzug, die ihm auf dem Weg zu Freddi entgegengekommen war. Jetzt war sie augenscheinlich auf dem Rückweg von einer Einkaufstour, denn hinter ihr schleppte ein halbes Dutzend Männer in den hier üblichen bunten Röcken allerlei Pakete und Säcke an den Armen oder auf dem Kopf.
Ein siebter Mann stand neben ihr und übersetzte, was der Händler für offenbar unverschämte Preise verlangte. „I’d pay seven for a dozen.“
„Typisch Briten“, dachte Tindwerch schmunzelnd und schloss die Augen wieder halb. „Immer am Feilschen.“ Die schmale Gestalt der Frau verschmolz zu einem braunen Fleck … der plötzlich schrie.
Tindwerch setzte sich schlagartig auf und machte damit der Bank den Garaus. Sie zerbrach mit einem lauten Knacken, die Seitenteile klappten ein wie bei einem sich hinlegenden Kamel, und der Friese fand sich auf dem Boden wieder. Konsterniert blickte er auf den Tisch vor sich, der ihm jetzt bis zum Kinn reichte. Zwischen Teetassen und einem geflochtenen Brotkorb hindurch sah er die Britin zwischen drei kräftigen Männern eingekeilt. Einer von ihnen zeigte ihr ein großes Messer, und Tindwerch erkannte an der Haltung und dem entsetzten Blick, dass sie ihr die Klinge nicht verkaufen wollten. Die Waren lagen auf dem Boden, ihr Dolmetscher war verschwunden.
Eine Entführung, erkannte er. Aber schlampig gemacht.
Tindwerch sah sich die Szene einen Augenblick an, und sein Magen knurrte. „Ich muss etwas unternehmen“, dachte er. „Ich werde eine Suppe bestellen“, beschloss er dann. Eine Suppe würde doch wohl gehen, trotz der Fummelei am Zahn.
Er zog sich am Tisch hoch, da brach eines der Beine unter seiner Last weg. Er fiel vornüber auf die Platte und brachte damit das ganze Möbel zum Zusammenbruch.
Verärgert schnaufte er in den Straßenstaub und rappelte sich auf. Da hörte er ein tiefes, boshaftes Lachen, und als er aufblickte, zeigte einer der Schläger auf ihn und sagte etwas auf Französisch. Tindwerch verstand es nicht, aber die Miene des Mannes war eindeutig. Er stupste seinen Nachbarn an und ahmte sehr unschmeichelhaft Tindwerchs Absturz nach. Der Dritte, der mit dem Messer, blickte nur kurz über die Schulter, grinste blöd, rief die anderen dann aber zur Ordnung.
Tindwerch atmete schwer, und sein Gesicht brannte. Nicht vor Schamgefühl – sich ordentlich auf die Fresse zu legen war eine schöne Sache, vor allem, wenn es anderen passierte. Nein, vor Wut, denn wenn auch jeder über ihn lachen durfte, so galt das nicht für Franzosen. Die Froschfresser durften genau zwei Sachen. Sie durften ihn bezahlen, und sie durften ihn am Arsch lecken.
Zu blöd, eine ordentliche Entführung zu planen, aber über den dicken Friesen lachen, was? Er hatte ja vorgehabt, sich herauszuhalten, aber jetzt …
Tindwerch nahm sich eines der Tischbeine und versteckte es hinter seinem Oberschenkel. Der hämische Franzmann hatte die Frau mittlerweile an beiden Armen gepackt und fing an, sie vor sich herzuschieben. Sie sah sich hilfesuchend um, traute sich wegen des riesigen Messers aber nicht zu rufen.
Tindwerch lief los. Als die drei merkten, dass sich das
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