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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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wettergegerbt war, war die des Zahnheilkundlers blass. Wo Tindwerch zwei Schritt und vier Zentner maß, war der andere kaum anderthalb Schritt und wog vielleicht vierzig Kilo. Wo Tindwerch nur das Allernotwendigste und das in Weit trug, saßen dunkle Hose, weißes Hemd, braune Jacke und weiße Schürze beim Gegenüber wie geschnürt.
    „Das tu ich wohl nich“, entgegnete der Zahnreißer und lachte, als ihn Tindwerch daraufhin dumm anstarrte. „Komm rein, Junge!“
    Er folgte der Aufforderung und wurde von dem kleinen Mann auf eine strapazierfähige Liege geführt. Als er darauf Platz genommen hatte, zog sich der Mann einen Hocker daneben und reichte ihm erst mal die Hand. „Frederik Seesen“, sagte er. „Aber sach Freddi.“
    „Tindwerch“, gab er zurück und achtete darauf, nicht zu fest zu drücken. Freddi würde seine Hand schließlich noch brauchen. Der Heilkundler lachte. „Tin Dwerch? Dünner Zwerg?“
    Der Friese lachte auch und zuckte die Achseln, was die Liege zum Knarren brachte. „Eigentlich Fintje Ribanson, aber so nennt mich nie einer.“
    „Na dann, Tindwerch, wo zwickt es denn?“
    „Der hier macht Fisimatenten.“ Er zeigte mit dem Finger auf den Schneidezahn.
    Freddi schnallte sich eine Lampe um den Schädel, mit der er an einen Bergmann erinnerte. „Dann mach mal auf!“ Er nahm spitze Metallwerkzeuge zur Hand, die sich Tindwerch lieber nicht so genau ansah.
    „Oha!“, sagte Freddi wenig später. „In Ordnung bringen oder raus?“
    „Och, ich find vorne alle Zähne ganz schön.“
    Freddi lachte und klopfte ihm auf die Schulter. „Dann flicken wir ihn.“
    Er stand auf und rollte einen Tisch heran, auf dem eine kleine Dampfmaschine stand. Er trat zu einer Feuerstelle in der Ecke, holte mit einer Schaufel einige Kohlen heraus und schob sie in eine Öffnung in der Seite. Dann füllte er aus einem Kessel heißes Wasser ein.
    „Willst du Tee, während wir warten?“
    „Nee, danke. Hast du Bier da?“
    Freddi lachte. „Nein, Bier habe ich nicht da.“
    Sie saßen einen Augenblick stumm da. Dann fragte Tindwerch: „Was tust du hier?“
    Freddi zuckte die Achseln. „Das ist eine lange Geschichte. Abenteuerlust, große Liebe, drei Kinder … und ich mag’s warm – und du?“
    „Das ist eine kurze Geschichte. Gezecht, Abflug verpennt, Luftschiff weg. Da dachte ich mir: Mach ich erst mal Urlaub.“
    „Bist du Æeronaut? Bei der Lufthanse?“
    Tindwerch grinste. „So ähnlich.“
    Freddi hob die Brauen. „Oh …“
    „Ich weiß, man sieht es mir nicht an.“ Tindwerch zeigte auf seine Tätowierungen, seinen großen, goldenen Ohrring und sein Kopftuch.
    Freddi lachte. „Ne, ich dachte, wer so offensichtlich nach Luftschiffpirat aussieht, der tut nur so.“
    Ehe Tindwerch dazu etwas einfiel, tat die Dampfmaschine pfeifend ihre Bereitschaft kund. Freddi drehte an einem Rädchen und legte einen Schalter um, da fing sie an zu stampfen, und Freddi hob etwas hoch, das wie ein Stift aussah. Am Ende drehte sich ein kleiner Bohrkopf.
    „Dann mal los. Willst du Chloroform?“
    „Was? Wofür?“, fragte Tindwerch und konnte den Blick nicht mehr von dem Bohrer lösen.
    „Gegen die Schmerzen“, sagte Freddi gutgelaunt. „Du wirst schön stillhalten müssen!“
    Tindwerch schluckte. „Ach was!“, sagte er dann. Er hatte schon mit einem Entermesser im Bauch weitergekämpft, als er mit Stör tebeker die Hanseschiffe aufgebracht hatte. Da würde er sich doch nicht für ein bisschen Zahngepfriemel betäuben lassen!
    Freddi nickte und drückte einen Schalter. Plötzlich kreischte der Bohrer auf wie eine verreckende Ratte, und Tindwerch erschauerte.
    „Gib es nicht noch was anderes?“, fragte er.
    „Bei dem Loch? Nee. Oder doch.“
    Tindwerch schöpfte Hoffnung.
    „Ich kann einen Stift zum Glühen bringen und dir reintreiben, das tötet Nerv und Zahnfäule ab.“
    Er starrte den Zahnheilkundler entsetzt an.
    „Dachte ich mir“, sagte Freddi und lehnte sich mit dem Ellbogen auf Tindwerchs Stirn. „Stillhalten jetzt!“

    Als der Schneidezahn versorgt war, war Tindwerch schweißgebadet. Als er sich erhob, troff eine Mischung aus Schweiß, Honig und Kalk von seinem Bauch auf den Boden. „Tut mir leid!“
    Tindwerch nahm dankbar ein Handtuch, um sich trockenzulegen. „Danke!“
    „Da nich für!“, gab Freddi gutgelaunt zurück. „Warst ein tapferer Bursche.“
    Tindwerch nickte stolz. Ja, das hatte er wirklich wie ein ganzer Mann über sich ergehen lassen. „Was kriegst du?“, fragte

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