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Eis und Wasser, Wasser und Eis

Titel: Eis und Wasser, Wasser und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Majgull Axelsson
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du keinen Kaffee?«
    Er bewegte sich ein wenig, pflanzte die Beine breiter auf, um einen sichereren Stand zu haben. Niemand sollte ihn umschubsen. Das war zu sehen. Nichts würde ihn zu Fall bringen.
    »Nein.«
    Es gab keine Möglichkeit, um irgendeine Form von Verwandtschaft oder Zusammengehörigkeit zu bitten, keine Hoffnung, er könnte Mitleid mit ihrer Nervosität empfinden oder sie aus keinem anderen Grund trösten, als dass er der Einzige war, der sie trösten konnte. Er hatte seine Position eingenommen, deutlicher als je zuvor. Elsie hob ihre Kaffeetasse und trank einen Schluck, ließ einen Zeigefinger über den Saum der frisch gestärkten Serviette gleiten, hob die Tasse erneut und nahm noch einen Schluck. Björn ließ sie nicht aus den Augen, sein Blick hielt sie fest, als er wiederholte:
    »Wolltest du irgend etwas?«
    Die Stimme zitterte ein wenig. Vor Ungeduld. Oder Wut. Elsie senkte den Kopf etwas, um seinem Blick auszuweichen, und schaute auf ihre rechte Hand, die auf dem Küchentisch lag.
    »Ja. Also … Ich habe gedacht, du möchtest vielleicht …«
    Einen Moment lang blieb es still.
    »Ich möchte was?«
    Elsie schaute nicht auf. Stattdessen sah sie zu, wie sie ihre eigene rechte Hand hob und mit ihr über den linken Handrücken strich. Wer hat das beschlossen? Ich nicht, dachte sie. Die Hand hat es selbst so gewollt, sie wollte trösten …
    »Entschuldige. Aber was hast du gedacht?«
    Elsie schloss eine Sekunde lang die Augen. Das geht so nicht. Ich muss mich konzentrieren. Sie hob den Kopf und begegnete Björns Blick.
    »Nun, ich habe gedacht, dass du vielleicht mehr über die Umstände um deine Geburt herum erfahren möchtest.«
    So konnte man es auch formulieren. Lächerlich. Ihr Blick wich wieder aus, aber nur kurz, dann zwang sie sich, Björn erneut in die Augen zu schauen. Er bewegte sich ein wenig, als wollte er entkommen, blieb aber dann doch stehen, wo er stand, breitbeinig, die Hände über der Brust verschränkt. Elsie nahm noch einen Anlauf.
    »Wer dein Vater ist. Und so.«
    Er presste sich fester gegen die Spüle.
    »Und warum sollte ich das wissen wollen?«
    Seine Stimme klang jetzt anders. Der Ton war offen feindlich.
    »Alle Kinder wollen doch wohl …«
    Er unterbrach sie:
    »Ich bin kein Kind.«
    »Aber du bist mein Kind. Immer noch.«
    »Ach ja?«
    Elsie holte tief Luft.
    »Natürlich bist du das. Wie alt du auch bist, du wirst es immer sein …«
    Björn richtete sich noch gerader auf. Er hatte feuchte Augen bekommen.
    »Ich bin ja wohl nie dein Kind gewesen.«
    Der kühle Ton in seiner Stimme war fort, sie war heller geworden, fast schrill. Elsie hielt ihren Blick immer noch auf ihn gerichtet und fühlte eine vertraute Kälte den Rücken hinuntergleiten. Die Waage war zu ihrem Vorteil gekippt. Er wird schwächer, dachte sie. Während ich stärker werde. Ja. So ist es. Jetzt, in diesem Moment, bin ich stark.
    »Du bist immer mein Kind gewesen.«
    »Davon habe ich aber nichts gemerkt!«
    Das reichte. Die Stärke war eine Lüge, eine Sinnestäuschung, eine Illusion, das wusste sie in dem Moment, als sie von ihr wich. Und Björn wusste es auch, das war ihm anzusehen, er sog sie in sich auf und presste seine verschränkten Arme fester an seinen Körper. Der Glanz in seinen Augen war fort.
    »Ich bin bei Inez und Birger aufgewachsen. Sie haben sich um mich gekümmert. Sie waren meine Eltern. Sie sind meine Eltern. Und das reicht.«
    Elsie presste sich die Handtasche an den Bauch.
    »Aber …«
    »Du hast dich einen Scheißdreck um mich gekümmert. Schon immer.«
    »Bitte, Björn …«
    »Du bist eine gewesen, die hin und wieder zu Besuch gekommen ist. Einmal im Jahr. Oder jedes zweite Jahr. Es hat sich gar nicht gelohnt, sich was aus dir zu machen.«
    Elsie schloss die Augen, aber Björns Stimme ließ sich nicht aussperren.
    »Es ist gut möglich, dass du mich geboren hast. Aber du bist nie meine Mutter gewesen. Denn du wolltest mich nicht haben. Nie, niemals.«
    »Das wollte ich, aber …«
    »Ich weiß, was ich weiß! Und das genügt.«
    Elsie holte tief Luft und machte einen Versuch, sich zu verteidigen:
    »Aber du weißt doch gar nicht, wie es war …«
    »Mir doch scheißegal, wie es war!«
    Seine Stimme kippte und wurde schrill, er fuhr herum, drehte ihr den Rücken zu und hielt sich an der Spüle fest. Elsie sank ein wenig in sich zusammen, bezwang den Impuls, noch weiter zu sinken, sich einfach nach vorn fallen zu lassen, mit der Wange auf die graue Resopalplatte des

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