Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
fertig angetan mit ihrer dicken Wintermontur. Die Frauen gaben sich zum Abschied die Hand. »Was macht eigentlich die Bewerbung Ihres Bruders?«, erkundigte sich Judith interessiert.
»Oh!«, rief Lisa begeistert, »er ist dabei, darf mit den Riesenkakerlaken an der Wand wackeln und als Narbengesicht den Leuten in den Weg springen.«
Judith amüsierte sich über den verwunderten Blick, mit dem Walter diesem Gespräch folgte, und sagte zu Lisa: »Na, dann wünsche ich ihm gutes Gelingen!«
Auf dem Weg zum Auto fragte Walter: »Du willst mir nicht erklären, was das eben zu bedeuten hatte?«
»Nein, später am Abend vielleicht.«
Mit dieser Aussicht gab sich Walter gern zufrieden.
~ 64 ~
In Waldau beherrschte die abendliche Stille den Dorfplatz. Kein Mensch war zu sehen, kein Tier war zu hören. Die Dunkelheit wurde nur selten vom Lichtschein aus einem Fenster durchbrochen.
Judith stieg aus dem Wagen und atmete tief die feuchte, kalte Luft ein. In diesem Augenblick begann es sacht zu schneien. Morgen früh würde alles wie verzaubert aussehen. Es könnte ein Winterwochenende wie aus dem Bilderbuch werden.
Bevor sie zu Walter nach nebenan ging, wollte Judith ein heißes Bad nehmen und sich umziehen. Ein wenig hoffte sie auch auf einen ruhigen Moment, um an nichts zu denken und einfach nur zu träumen.
In Lauras Haus war Licht zu sehen. Walter zuwinkend, öffnete sie die Tür und ging in die Küche. Laura saß hier mit ihrer Freundin Astrid und hatte ihr tröstend den Arm um die Schulter gelegt. Die junge Frau vom Gutshaus wischte sich gerade die Tränen ab.
»Oh, Entschuldigung!« Judith war es unangenehm, in diese intime Szene zu platzen. »Ich wollte nicht stören. Gehe einfach nach nebenan. Ist noch allerhand zu besprechen.«
Und weg war sie.
Sie öffnete Walters Haustür und er kam ihr von seiner Gartentür aus im Hausflur entgegen, einen Korb mit Holz und Kohlen hereintragend. »Nanu? Wie kommt es zu diesem unverhofft frühen Überfall?« Natürlich nahm er Judith gern auf, küsste sie und half ihr aus den Sachen. »Ich heize nur rasch. Dann gibt’s gleich was Wärmendes zu trinken.«
Judith klärte ihn auf: »Nebenan ist irgendetwas im Gange, wobei ich nicht stören wollte. Laura und ihre Freundin sitzen weinend in der Küche.«
»Warum das denn! Ist etwas passiert?« Walter war besorgt.
»So sah das eigentlich nicht aus.« Dann erinnerte sich Judith an das Frühstücksgespräch vor einigen Tagen mit Laura; die mögliche Schwangerschaft. »Oh, ich glaube, das ist nichts Schlimmes, Walter. Das kriegen die beiden schon alleine hin.«
Der ließ sich gern beruhigen. »Schön, das zu hören. Wir sind also ungestört.« Er zog sie an sich.
»Du hast nicht abgeschlossen«, wies Judith ihn vorsorglich auf die stets offene Haustür des Ortspolizisten hin, und im selben Moment hörten sie jemanden rufen.
»Hallo? Ist jemand da?«
»Du scheinst Recht zu haben«, stöhnte Walter enttäuscht.
Judith lehnte schmunzelnd am Sofa. »Nun geh schon, sonst kommt sie noch her!«
»Hallo!«, wurde erneut gerufen.
»Ich komme schon. Oh! Die Sülze.« Daran hatte er gar nicht mehr gedacht. Nun stand Irmgard Rehse in seiner Küche, mit einem Korb voller Gläser mit eingekochten Delikatessen, den sie im Dunkeln hergeschleppt hatte.
Er eilte zu ihr und nahm der alten Frau die Last ab. »Ich muss mich bei dir entschuldigen, Irmgard. Das hatte ich völlig vergessen.«
»Ist schon gut, Walter. Ihr hattet ja mit den Verbrechen zu tun. Doch ich brauch den Platz in meiner Küche.«
»Ich mach’s wieder gut, versprochen!«, beeilte sich Walter zu versichern. »Der Fall ist gelöst, nun wird’s wieder ruhiger. Ich lass mir was einfallen! Ehrenwort!«
»Wenn’s dir nur schmeckt, dann isses schon gut«, beschwichtigte ihn seine betagte Nachbarin. Dann fragte sie neugierig: »Wer war’s denn?«
Walter bot ihr an: »Ich bring dich rasch nach Hause. Dabei kann ich dir davon erzählen.«
Judith hörte die Haustür klappen und genoss den Moment der Ruhe, hier, allein in Walters Wohnzimmer. Sie hatte keine Erklärung dafür, aber es fühlte sich gut an.
»Hallo?« Wieder war jemand ins Haus gekommen. Wie sollte sie sich verhalten? Sie setzte sich in den Sessel und griff nach einer Zeitschrift.
Da stand auch schon Laura in der Zimmertür. »Judith, es tut mir leid, wir wollten Sie nicht vertreiben. Astrid ist schon wieder zum Gutshaus gegangen, Sie können ruhig rüber kommen. Fühlen Sie sich bitte bei mir
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