Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
große Töpfe mit kochendem Wasser auf dem Herd vorfand. Na, wenigstens war während ihrer Jagd das Feuer nicht runtergebrannt. Sie goss das heiße Wasser in einen großen Eimer, legte rasch ein paar Scheite Holz nach und füllte die Töpfe auf. Heißes Wasser würden sie heute noch jede Menge brauchen.
Vorsichtig trug sie den vollen Eimer auf den Hof und stellte ihn neben das aufgebockte Schwein. Der Schlachter begann mithilfe einer blechernen Schöpfkanne, das Tier mit dem heißen Wasser sorgsam mehrfach zu übergießen und rief: »Ich brauch noch mehr, das reicht nicht!«
Walter Dreyer beteiligte sich immer noch nicht am Wasserholen. »Judith, weshalb sind Sie hier?« Es war nicht so, dass er sich nicht gefreut hätte, sie zu sehen, nur wurde er sofort argwöhnisch. »Es ist nicht wieder ein Mord, oder?«
Judith Brunner, Hauptkommissarin bei der Bezirksbehörde der Polizei, warf einen langen Blick auf das Borstenvieh und meinte dann völlig ernst: »Soweit ich das in diesem Falle beurteilen kann, nein.«
~ 2 ~
»Fritzi! Fahr nicht so weit rauf!«
Doch Fritzi war immerhin schon fünf, und auch wenn Dany bereits ein Schulkind war, dachte er gar nicht daran, auf seine große Schwester zu hören.
Der Teich war endlich zugefroren und er konnte aufs Eis.
Gestern Nachmittag schon hatte er heimlich ein paar Schritte versucht, obwohl die Mama gesagt hatte: »Ihr geht mir noch nicht auf den Teich!«
Nichts war passiert! Es hatte ein wenig geknackst. Er war sich nicht ganz sicher gewesen, ob es richtig war, noch einen Schritt zu machen, doch das Ufer schien ganz nah. Außerdem hatte er mal gehört, dass das Wasser im Teich gar nicht tief sei. Er hatte keine Angst.
Abends hatte er Dany von seinem Versuch erzählt und sie hatten beschlossen, es heute früh erneut zu probieren.
Gleich nach dem Aufstehen hatte ihre Mama ihnen ein paar Kekse und einen Becher Milch gegeben und gefragt, ob sie raus wollen.
Dann war sie wieder ins Bett gegangen und Dany hatte ihrem Bruder beim Anziehen geholfen. Beide freuten sich heute besonders auf das alltägliche Spielen im Park. Ob noch andere Kinder draußen sein würden? Meist waren sie um diese Zeit allein unterwegs. Erst wollten sie mit dem Schlitten los, aber so richtig lag noch kein Schnee und es würde schwer für Dany werden, ihren kleinen Bruder den ganzen Weg zu ziehen. Und dann war Dany ihr Fahrrad eingefallen, damit würde es viel schneller gehen. Also setzte sie ihren Bruder auf den Gepäckträger und radelte unbeholfen los, Schlangenlinien im reifbedeckten Boden hinterlassend. »Halt dich gut an mir fest.«
Als sie erwartungsfroh ankamen, lag der Dorfteich ganz still da. Der Reif hatte sich auch auf das Eis gelegt und die weiße Fläche wirkte in ihrer Seltenheit unwiderstehlich anziehend.
Die Kinder tasteten sich vorsichtig ein paar Schritte auf dem Eis voran, und als nichts passierte, rief Dany: »Komm, wir machen uns eine Schlitterbahn!«
Fritzi war gleich begeistert und bald hatten sie durch intensives Hin- und Herrutschen ein spiegelblankes Stück Eis poliert, auf dem es sich herrlich ein paar Meter weit schlittern ließ.
»Mal sehen, wer weiter kommt!« Fritzi nahm Anlauf und seine Schwester markierte mit einem Steinchen die Stelle, bis zu der er gerutscht war.
Dann war sie an der Reihe.
Nach ein paar Versuchen war klar, dass Dany nicht zu schlagen war.
Ihr kleiner Bruder verlor rasch die Freude am Spiel und versuchte nun, seine Abenteuerlust mit dem Fahrrad auszuleben.
»Fritzi! Komm lieber zurück!«, mahnte Dany jetzt lauter.
Aber Fritzi stellte sich taub.
Er war fast in der Mitte des Teiches angekommen, als es laut knallte. Fritzi konnte das Geräusch nicht einordnen, denn er hatte es noch nie gehört. Und schon krachte es wieder und nun merkte er, dass es von unten kam. Und plötzlich war das Fahrrad weg und ihm wurde eiskalt. Er hatte nicht einmal Zeit gehabt, Angst zu haben.
»Fritzi!!!« Was sollte sie machen? Niemand war in der Nähe! Ohne nachzudenken, rannte Dany zum Eisloch und bemerkte nicht, dass sich das Eis auch unter ihren Schritten bewegte. Sie starrte in das schwarze Wasser. Ihr Bruder war nicht zu sehen.
Aus dem Fernsehen wusste sie, dass man sich hinlegen musste, wenn man jemand aus dem Eis retten wollte. Das war noch einfach. Bloß wie sollte sie Fritzi finden? Vorsichtig steckte sie eine Hand in das Wasser und zog sie erschrocken zurück. War das kalt! Und ihr Anorak würde nass werden. Mama würde wieder mit ihnen
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