Eischrysanthemen
gehen.“ So knapp die Worte gesprochen waren, so überrascht war Vincent von ihnen. Nie und nimmer hatte er gedacht, dass sich Kira so schnell überzeugen lassen würde.
Sie standen auf, nahmen ihre Habseligkeiten an sich und verließen den Pub. Draußen war von Andrews nichts mehr zu sehen. Es konnte sein, dass er weitergegangen war, dachte Vincent bei sich, wenngleich das ungute Gefühl nicht verschwinden wollte.
„Und wohin gehen wir nun?“, erkundigte sich Kira, der die Hände in die Taschen seiner Jacke gesteckt hatte. „Zu dir?“, schlug er dann vor und legte den Kopf schief.
Vincent blickte ihn überrascht an.
„Zu mir?“ So einfach hatte sich noch keiner zu Vincent eingeladen, aber da er sich ohnehin etwas mehr Ruhe für weitere Gespräche wünschte und sie mit jeder Minute, die sie länger hier draußen herumstanden, Gefahr liefen, Andrews zu begegnen, lenkte er ein.
„Einverstanden, aber du solltest nicht zu viel von meiner Wohnung erwarten, denn ich bin ziemlich unordentlich“, warnte Vincent auch gleich vor, als sie sich in Bewegung setzten. Kira lachte über diese Bemerkung. Je weiter sie sich von dem Pub entfernten, desto mehr hatte Vincent das Gefühl, dass ihnen jemand folgte, doch als er sich umdrehte, war da niemand. Vincent versuchte, sich zu entspannen und die angenehme Nähe von Kira zu genießen.
Sie nahmen ein Taxi. Es dauerte keine zwanzig Minuten, bis sie Vincents Wohnung erreicht hatten. Das Haus, in dem Vincent lebte, war alt, jedoch schon vor Jahren restauriert worden. Die ehemals großen, wunderschönen Wohnungen waren in Kleine zerteilt worden, doch die hohen Stuckdecken waren erhalten geblieben. Genau diese bewunderte Kira, nachdem sie die Wohnung betreten hatten und ins Wohnzimmer gegangen waren. Vincents Wohnzimmer war ein Wohn- und Arbeitsbereich, da die gesamte rechte Seite am Fenster vom Schreibtisch mit allerlei Unterlagen eingenommen wurde. Gegenüber dem Sofa war ein Regal, in welchem ein Haufen abgegriffene Bücher standen sowie einige Fotos, unter anderem auch ein Foto von Gabriel und Vincent. Kira schlenderte zu dem Regal und griff nach dem gerahmten Bild.
„Ich mach mal eben Tee“, sagte Vincent und ging in die Küche. Zum Glück hatte er noch etwas von dem Tee, den Gabriel ihm vor einer kleinen Ewigkeit mitgebracht hatte. Der zarte Duft des Kirschblütentees stieg in seine Nase, als er mit der vollen Kanne sowie Tassen ins Wohnzimmer zurückkehrte. Kira hatte es sich derweilen auf dem Sofa bequem gemacht, die Beine angezogen und sich regelrecht in die Sofaecke geschmiegt.
„Ihr scheint gute Freunde zu sein“, bemerkte Kira und deutete auf das Foto, das seinen Platz wieder auf dem Bücherregel gefunden hatte.
„Ja, sehr“, stimmte Vincent zu, füllte die Tassen mit Tee.
„Und was bedeutet das?“ Kira legte den Kopf schief, während er den Tee aus Vincents Händen nahm. Vincent setzte sich, und Kira wärmte seine Hände an der Teetasse. Er ahnte schon, dass die Sache auf etwas hinauslaufen würde, das ihn in Verlegenheit brachte.
„Nun ja, wir kennen uns schon lange, und wir erzählen uns so gut wie alles“, gab Vincent etwas zögerlich Auskunft, während er in seinen Tee pustete und gleichzeitig daran denken musste, dass er mit Gabriel geschlafen hatte.
„Du hast mit ihm geschlafen, nicht wahr?“ Kiras Frage traf Vincent wie ein Schlag, und Vincent nahm erschrocken einen großen Schluck Tee, der kochend heiß seine Kehle hinunterfloss. Ihm stiegen fast die Tränen in die Augen.
„Warum fragst du?“, fragte er, stellte die Tasse weg und versuchte seine Zunge mit etwas Luft zu kühlen. Kira stellte ebenfalls seine Tasse fort und griff dann nach Vincents Hand.
„Weil es einen Grund haben muss, warum du an einem Tag nach dem Sex angeekelt davonrennst und am nächsten Tag selbst die Initiative ergreifst.“ Damit traf Kira genau den Punkt. Und brachte Vincent gleichzeitig in eine peinliche Situation, aus der es kein Entkommen zu geben schien. Vincent spürte, wie seine Ohren immer heißer wurden, während er fieberhaft nach einer passenden Antwort suchte, ohne allzu sehr ins Detail gehen zu müssen.
Kira drehte sich auf dem Sofa ganz zu ihm. Seine Hände legten sich auf Vincents Wangen und zwangen Vincent ihn anzusehen.
„Tut es sehr weh?“, fragte er sanft. „Lass mich dir helfen.“ Er ließ seine Fingerspitzen über Vincents geöffnete Lippen gleiten, was diese zum Kribbeln brachte. Ihre Blicke versanken ineinander, wurden zu einem
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