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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gedacht.
    Die Witwe war leicht zu finden, denn ganz Veii kannte sie. Vielleicht war sie vermögend, vielleicht auch nicht, jedenfalls war sie eine kesse Brünette mit funkelnden Augen, die freimütig bekannte, daß sie vier oder fünf unterwürfige Kavaliere gleichzeitig am Gängelband führte – Herren, die sich als Freunde ihres verstorbenen Mannes ausgaben und glaubten, sie könnten sich jetzt erst recht mit ihr anfreunden. Einer davon war ein Weinexporteur, der den Galliern jede Menge ungenießbaren sauren Etrusker andrehte – offenkundig der Favorit, falls das Frauenzimmer überhaupt noch einmal ans Heiraten dachte. Woran ich freilich zweifelte, denn sie genoß den gegenwärtigen Zustand einfach zu sehr.
    Übrigens entnahm ich gewissen Andeutungen der Witwe, daß ich selbst von einem längeren Aufenthalt in Veii hätte profitieren können, aber die Erinnerung an Helenas flehende Miene hatte mich schon auf der Hinfahrt verfolgt. Also eilte ich fluchend und mittlerweile auch ziemlich reumütig nach Rom zurück.
    Helena war nicht in der Wohnung. Bestimmt war sie schon auf dem Weg zum Palast. Ich ging aus und betrank mich mit Petronius. Als Familienvater hatte er auch sein Päckchen zu tragen und war immer froh, sich einen Abend freizunehmen, um mich aufzuheitern.
    Ich kam absichtlich erst sehr spät nach Hause. Was Helena aber nicht übelnehmen konnte, weil sie überhaupt nicht heimkam.
    Ich nahm an, sie habe die Nacht bei ihren Eltern verbracht. Das war schon schlimm genug. Als sie aber auch am nächsten Morgen nicht in der Brunnenpromenade erschien, geriet ich in Panik.

V
    Jetzt saß ich wirklich in der Tinte.
    Den Gedanken, Titus könne sie entführt haben, verwarf ich gleich wieder. Dazu war er zu anständig. Außerdem hatte Helena einen starken Willen und würde sich so etwas nie gefallen lassen.
    Ich konnte unmöglich zum Senator gehen und ihn um Aufklärung bitten. Schon deshalb nicht, weil ihre erhabene Familie mir die Schuld geben würde, ganz gleich, was passiert war.
    Verschwundene Frauen wiederzufinden war mein Beruf. Bei meiner eigenen sollte es kinderleicht sein. Falls man sie ermordet und unter den Dielen festgenagelt hatte, wußte ich zumindest, daß diese Dielen nicht mir gehörten. Gut kombiniert, aber leider nicht besonders tröstlich.
    Ich fing da an, wo man immer beginnt: Man durchsucht die Wohnung, um festzustellen, was sie zurückgelassen hat. Als ich erst mal meinen eigenen Müll weggeräumt hatte, blieb nicht viel übrig. An Kleidern und Schmuck hatte sie ohnehin nur sehr wenig mitgebracht; das meiste davon war jetzt verschwunden. Ich fand eine ihrer Tuniken, die sie offenbar mit einem von meinen Lumpen verwechselt hatte; eine Jetthaarnadel, die auf meiner Bettseite unterm Kissen lag; einen Specksteintopf mit ihrer Lieblingscreme, der hinter die Vorratskiste gekollert war … Sonst nichts. Widerstrebend kam ich zu dem Schluß, daß Helena Justina ihre Sachen aus meiner Wohnung geräumt haben und beleidigt abgezogen sein mußte.
    Es sah schlimm aus – bis ich auf eine Spur stieß. Der Brief ihres Bruders Älianus lag immer noch auf dem Tisch, wie vorgestern, als sie mir anbot, ihn zu lesen. Das holte ich jetzt nach. Hinterher wünschte ich, ich hätte es nicht getan. Aber dann war ich doch froh, daß ich Bescheid wußte.
    Älianus war der lässige Faulenzer, der sich normalerweise nicht die Mühe machte, an seine Familie zu schreiben, obwohl er regelmäßig Post von Helena bekam. Sie war das älteste der drei Camillus-Kinder und verwöhnte ihre jüngeren Brüder mit jener altmodischen Zuneigung, die aus anderen Familien mit dem Ende der Republik verschwunden ist. Ich hatte schon spitzgekriegt, daß Justinus ihr Liebling war; nach Spanien schrieb sie mehr aus Pflichtgefühl. Es schien typisch für Camillus Älianus, daß er, sobald durchsickerte, daß seine Schwester sich an einen Plebejer mit Schmuddelberuf gehängt habe, plötzlich doch zur Feder griff – und einen so haßerfüllten Schmähbrief verfaßte, daß ich die Rolle angewidert fallenließ. Älianus war fuchsteufelswild, weil Helena angeblich den noblen Namen der Familie befleckt hatte. Und mit der Gefühlsroheit eines Zwanzigjährigen machte er aus dieser seiner Meinung auch nicht den geringsten Hehl.
    Helena, die doch so an ihrer Familie hing, mußte dieser Brief tief verletzt haben. Sicher hatte sie pausenlos darüber nachgegrübelt, ohne daß ich es bemerkte. Und dann war Titus aufgetaucht, und eine Katastrophe drohte …

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