Eisige Naehe
getötet, und bei fast allen war es gerechtfertigt. Nur Julianne Cummings' Tod war ungerecht und ein Verrat an unserer Freundschaft, dachte er bitter und auch traurig, obwohl das schreckliche Ereignis bereits zehn Jahre zurücklag. Auch der Tod des unbekannten Mädchens, das ich mit Schumann zusammen ermordet habe - ich hätte sie nicht töten dürfen, aber ich war noch jung und unerfahren und habe daraus gelernt.
Schmidt schloss kurz die Augen, seine Miene verfinsterte sich für einen Moment, er schüttelte den Kopf. Nein, ich werde und darf nichts bereuen, es würde mich zerstören. Was ich getan habe, ist nicht mehr rückgängig zu machen, es ist nicht rückgängig zu machen, niemals! Ruht in Frieden, Julianne und du, unbekanntes Mädchen, ruht in Frieden.
Ich werde keine Zeit mehr mit Gedanken an die Vergangenheit verschwenden. Nur die Zukunft zählt. Nur die Zukunft. Und die Gegenwart, vor allem aber die kommenden Tage, in denen ich noch so viel zu tun habe. Er wählte eine andere Nummer und wartete, bis abgehoben wurde. Sie würden wieder verschlüsselt miteinander sprechen, für den höchst unwahrscheinlichen Fall, dass das Telefonat abgehört wurde, obwohl sie über eine sichere Leitung telefonierten. »Ja?«
»Ich bin's. Es ist leider sehr spät geworden, aber das hatte ich am Sonntag ja bereits angedeutet.« »Das macht nichts, ich hatte noch längst nicht vor, schlafen zu gehen. Hast du alles erledigt?« »Aber sicher doch.« »Wie war es gestern?« »Sehr unschön, gelinde ausgedrückt.« »Und heute?«
»Heute habe ich eine Quittung ausgestellt und dem Empfänger überreicht. Es hat ihm nicht gefallen, und ich bin sicher, dass er sich nie mehr davon erholen wird.« »Der Ärmste. Und sonst?«
»Sonst läuft alles bestens. Ich bin gut in der Zeit und guter Hoffnung, bis spätestens Mitte nächster Woche alles geschafft zu haben. Und bei dir?«
»Wie gehabt, das Leben plätschert so vor sich hin. Manchmal möchte ich einfach nur meine Koffer packen und abhauen. Komm mich doch mal besuchen.« »Das hatte ich ohnehin vor. Ich kann jedoch noch keinen Zeitpunkt nennen.«
»Ich weiß, du bist so beschäftigt, gib nur Obacht, dass du nicht einen Herzinfarkt erleidest, Männer in deinem Alter sind am gefährdetsten.«
»Ich bin kerngesund, ich war erst vor kurzem wieder beim Rundumcheck. Wie sieht's an der Front aus?«
»Keine Meldung, keine Aktivitäten.« »Sehr gut. Ich melde mich entweder morgen oder übermorgen wieder, es kommt auf die Gelegenheit an und wie viel ich tagsüber schaffe.«
»Nur keinen Stress, die Arbeit läuft dir nicht davon. Bis bald und danke.«
»Wofür denn? Dass ich dich ab und zu anrufe? Das ist doch selbstverständlich. Ich bin immer für dich da. Ab morgen ganz in deiner Nähe.« »Ich wünsche dir eine gute Nacht.« »Gleichfalls. Bis die Tage.«
Er legte auf und ging duschen, putzte die Zähne und absolvierte noch ein paar Übungen, bevor er sich ins Bett legte, einen Schluck Wasser aus der Flasche neben dem Bett trank und mit der Fernbedienung den Fernseher einschaltete.
Nichts von dem, was lief, gefiel ihm, er stand wieder auf und legte eine DVD ein - »Ein Fisch namens Wanda«. Er sah den Film zu Ende, doch diesmal war ihm nicht zum Lachen zumute. Die Aufträge der Vergangenheit waren relativ einfach zu erledigen gewesen. Hinter dem, was er jetzt tat, steckte allerdings kein Auftraggeber, sondern eine Absprache. Beide Parteien waren sich einig, dass sie sich nach Beendigung seiner Tätigkeit nur noch ein Mal treffen und danach nie wiedersehen würden. Das war seine Bedingung gewesen.
Er lag lange wach, dachte nach und ging mehrere Male die kommenden Tage durch, die vielleicht härtesten und gefährlichsten seines Lebens. Schon der kleinste Fehler konnte fatale Folgen haben. Doch er würde keinen Fehler begehen, Hans Schmidt hatte noch nie einen Fehler begangen.
Es war nach drei Uhr morgens, als er endlich einschlief,
und es war neun Uhr, als er aufwachte. Maria, schoss es ihm durch den Kopf, er nahm das Telefon und wählte. Maria schien neben dem Telefon gewartet zu haben und hob nach dem ersten Klingeln ab. Er freute sich, ihre Stimme zu hören.
MITTWOCH
MITTWOCH, 9.10 UHR
Die Meldung traf um zehn nach neun bei Harms ein, der sofort Henning und Santos informierte. »Zwei männliche Tote wurden auf dem Gelände der Spedition Drexler in Suchsdorf gefunden. Einem Mitarbeiter der Spedition war aufgefallen, dass ein Lkw an einer ungewöhnlichen Stelle stand.
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