Eisige Naehe
möchte nicht darüber sprechen.« »Frau Bruhns, Sie können mit uns über alles reden, wir sind verschwiegen.« Einer Eingebung folgend, fügte Santos hinzu: »Hat es vielleicht mit Frau Hundt zu tun?« Sie erinnerte sich nur zu gut an das eisige Gespräch mit der Haushälterin und dass Victoria Bruhns vorhatte, ihr zu kündigen, was Santos ihr nicht verdenken konnte. Victoria Bruhns nickte nur und hatte Mühe, die Tränen zu unterdrücken. Sie nahm Platz und deutete auf die Sitzgarnitur, wischte sich mit einem Taschentuch über die Augen und sagte schließlich: »Ich habe ihr gestern Abend erklärt, dass ihre Tätigkeit in diesem Haus mit sofortiger Wirkung beendet sei. Sie aber sagte nur, so leicht lasse sie sich nicht abschieben. Wenn ich das wirklich tun würde, so würde sie Details an die Öffentlichkeit bringen, die nicht gut für mich wären. Ich weiß nicht, was sie damit gemeint hat.«
»Wie haben Sie auf diese Erpressung reagiert, denn anders kann man es ja wohl nicht bezeichnen?« »Ich habe ihr unmissverständlich zu verstehen gegeben,
dass sie bis spätestens heute Abend das Haus zu verlassen hat, ich habe ihr bereits über einen befreundeten Makler eine Wohnung in der Innenstadt beschafft. Sie wollte noch eine Menge Geld, doch darauf lasse ich mich nicht ein, sie bekommt ohnehin eine großzügige Abfindung, wie es üblich ist, wenn die Kündigungsfrist vom Arbeitgeber nicht eingehalten wird. Sie ist eine Schlange.« »Ist sie da?« »Ja, oben.«
»Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich mit der Dame kurz unterhalte?«
»Meinen Sie, das wäre eine gute Idee?« »Ich würde ihr die Konsequenzen vor Augen führen, sollte sie Informationen an die Medien geben, die Ihnen schaden würden. Mehr nicht.«
»Sie hat mich vom ersten Moment an gehasst, als ich dieses Haus betreten habe. Sie hasst mich immer noch.« »Zeigen Sie mir doch bitte, wo Frau Hundt sich aufhält.«
»Im ersten Stock, gehen Sie einfach die Zimmer ab.« Santos erhob sich, verließ den Raum und begab sich nach oben. Frau Hundt war im Schlafzimmer und schien etwas im Schrank zu suchen.
»Guten Tag, Frau Hundt«, sagte Santos, worauf die Angesprochene zusammenzuckte und rot anlief. »Ja, bitte?« Rasch schloss sie die Schranktür. »Suchen Sie etwas?« »Nein, warum?«
»Sah so aus. Um es kurz zu machen, ich habe mit Frau Bruhns gesprochen, die mir von gestern Abend berichtet hat. Warum drohen Sie ihr?«
»Behauptet sie das?«, erwiderte Frau Hundt mit abfälligem Blick. »Sie lügt.«
»Ach ja? Das heißt, Sie verfügen nicht über heiße Informationen für die Presse?« »Und wenn?«
»Oh, dann würde ich mal sagen, dass wir als Erste Anspruch darauf haben, diese Informationen zu erhalten, denn sie könnten für unsere weiteren Ermittlungen relevant sein. Ich gebe Ihnen hiermit die einmalige Chance, sich mir gegenüber zu öffnen«, sagte Santos mit kaltem Lächeln.
»Was soll ich schon für Informationen haben? Das war doch nur so dahingesagt.«
»Ah, Sie geben also zu, Frau Bruhns gedroht zu haben. Ich sage Ihnen jetzt eins, und das sollten Sie gut im Gedächtnis behalten: Sollten Sie über Informationen verfügen, die für unsere Ermittlungen relevant sind, und diese zurückhalten, um sie später meistbietend an die Medien zu verhökern, werden Sie keine ruhige Minute mehr haben, das versichere ich Ihnen. Sie werden keine Anstellung mehr finden, denn Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert immer noch hervorragend in unserem Land. Glauben Sie mir, ich werde notfalls den Zünder auslösen. So, nun haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder Sie nehmen das großzügige Angebot von Frau Bruhns an und verlassen bis heute Abend dieses Haus, oder Sie werden in Zukunft ein kümmerliches Dasein fristen. Sie haben die Wahl. Ach ja, Frau Bruhns hat natürlich auch die Möglichkeit, Sie zwangsweise entfernen zu lassen. Ein Anruf bei uns genügt. Aber diese Schmach wollen Sie sich vor den Pressefritzen da draußen bestimmt ersparen. Habe ich recht?« »Aber ...«
»Kein Aber. Hier ist meine Karte, rufen Sie mich an, falls Sie mir etwas mitzuteilen haben, was die privaten und beruflichen Beziehungen von Herrn Bruhns betrifft. Dazu zählen auch Affären mit Minderjährigen. Haben Sie mich verstanden?«
»Ja«, quetschte sie zwischen ihren schmalen Lippen hervor.
»Was haben Sie eigentlich in diesem Schrank gesucht?
Das ist doch gar nicht Ihr Zimmer.«
»Ich dachte nur, ich hätte etwas verlegt.«
»Gut. Sie haben es nicht gefunden, also
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