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Eisige Naehe

Eisige Naehe

Titel: Eisige Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Politik und Wirtschaft, wobei das auch nicht ganz korrekt ist, da - und ich spreche hier von Deutschland - der Verfassungsschutz beauftragt wird, den Kontakt herzustellen ...« »Bitte?«, stieß Henning fassungslos hervor. »Ihre Dienststelle arbeitet mit einem Auftragskiller zusammen?« »Nicht nur mit einem«, erwiderte Albertz gelassen, »aber für besondere Missionen heuern wir diesen einen an. Er ist darüber hinaus für Nachrichtendienste rund um den Globus tätig, unter anderem für den BND. Seine Kunst liegt darin, seine Identität bis heute geheim zu halten und absolut sauber zu arbeiten, wenn man denn bei Mord von >sauber< sprechen kann. Er ist ein Perfektionist und deshalb weltweit gefragt. Offiziell wird er mit internationalem Haftbefehl gesucht, inoffiziell bewegt er sich in einem rechtsfreien Raum, das heißt, man will ihn gar nicht fassen, weil er viel zu wertvoll ist. Aber wie das mit Preziosen so ist, es kann schnell zu einem Wertverfall kommen, und dann wird sich auch dieser Mann nicht mehr vor uns verstecken können. Wir finden jeden, sofern wir das möchten.« Albertz drückte die Zigarette aus und steckte sich gleich eine weitere an, bevor er fortfuhr: »Soweit mir bekannt ist, handelt es sich um eine höchst angesehene Person und damit um jemanden, dem niemand aus seinem näheren und weiteren Umfeld Auftragsmorde zutrauen würde ...«
    »Wenn Sie so viel über ihn wissen, dann können Sie mir nicht weismachen, dass Sie ihn nicht kennen«, wandte Santos ein und musterte Albertz, der wieder einen langen Zug nahm und den Rauch durch Mund und Nase ausblies.
    »Ich kann Ihre Zweifel nachvollziehen, aber ich bin ihm tatsächlich nie persönlich begegnet, und wenn doch, dann habe ich ihn nicht erkannt. Streichen Sie das Bild des einsamen Wolfs aus Ihrer Vorstellung, es wird gerne für Filme oder Romane verwendet, aber die Realität sieht anders aus. Natürlich gibt es innerhalb des organisierten Verbrechens Auftragskiller, die diesem Klischee entsprechen, aber die arbeiten fast ausschließlich auf der unteren Ebene, wo wir sie gewähren lassen, sofern sie nicht allzu viel Unheil anrichten. Eine Ratte bringt die andere um, wen kümmert's? Außerdem habe ich nie einen Mord in Auftrag gegeben, dafür sind andere bei uns zuständig, deren Namen ich Ihnen aber nicht nennen werde, es ist auch unwesentlich, denn irgendjemand muss ja die Drecksarbeit machen ...«
    »Toll«, sagte Henning trocken, »unser Verfassungsschutz und Nachrichtendienst bedienen sich eines Auftragskillers, und Sie tun so, als wäre das ganz normal ...« »Es ist normal, Herr Henning«, antwortete Albertz ruhig. »Unser Geschäft ist schmutziger als das eines Kanalreinigers. Viel schmutziger, aber die Gesellschaft kriegt davon nichts mit, weil es wie so vieles im Geheimen geschieht. Die meisten unserer Mitarbeiter tragen Anzug und Krawatte, treten seriös auf, sind eloquent, sehr gebildet und haben eine harte Schule hinter sich. Wir sind kein Kloster, sondern dienen in erster Linie der Sicherheit des Landes Schleswig-Holstein und insgesamt auch der Bundesrepublik Deutschland. Und dazu zählt nun mal leider auch die Beseitigung bestimmter Personen, die den Interessen des Bundeslandes oder Staates schaden oder schaden könnten. Ersparen Sie mir bitte weitere Erläuterungen, vielleicht ein andermal, denn ich möchte zum Wesentlichen kommen ...« »Bruhns?«
    »Unter anderem. Noch kurz zu dem Auftragskiller: Ich kann Ihnen nicht sagen, wo er sich momentan aufhält, aber er ist kein Phantom, er ist so real wie Sie und ich. Ein ganz normaler Mann mit einem etwas ausgefallenen Beruf ...«
    »Das klingt geradezu menschenverachtend, Herr Albertz«, konnte sich Santos nicht verkneifen zu sagen. »Für Ihre Ohren vielleicht, aber die ganze Welt ist menschenverachtend bis ins Mark. Jeder Krieg oder Konflikt wird mit Gewalt ausgetragen, und dabei kommen Tausende unschuldiger Menschen ums Leben, darunter Kinder, Jugendliche, Frauen, Alte ... Menschen, die nie jemandem etwas zuleide getan haben. Ein Auftragskiller wie der, von dem wir gerade sprechen, kommt in seiner Laufbahn auf vielleicht zwei- oder dreihundert Opfer, und ich kann Ihnen versichern, es handelt sich zumeist um Personen, die alles andere als Unschuldslämmer sind. So wie Bruhns.«
    Albertz stand auf und verzog das Gesicht, als hätte er Schmerzen. Er fasste sich an den Bauch, zog eine Tischschublade hervor und entnahm einen bereits gedrehten Joint, zündete ihn an und sog den Rauch

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