Eisige Schatten
Telefon erneut, und sie rutschte über das Bett, um den Hörer abzunehmen.
»Hallo?«
»Cassie, würden Sie Ben bitte sagen, dass er seinen Arsch hier rüberschieben soll?«, verlangte Matt mit gereizter Stimme. »Der verdammte Verteidiger hat auf dem Weg hierher ein paar Anrufe gemacht, und jetzt werde ich von den Medien überrannt. Den überregionalen Medien. Ich will mit denen nicht reden, das ist Bens Aufgabe, verdammt.«
Cassie drehte den Wecker zu sich, und eine kalte Hand schloss sich um ihr Herz. »Matt … er ist vor über zwei Stunden losgefahren.«
20
Ein langes Schweigen entstand, und dann sagte Matt behutsam: »Die Straßen sind spiegelglatt. Vielleicht hat er angehalten, um jemanden aus dem Graben zu ziehen. Er hat Ketten in seinem Jeep und eine Winde. Das ist es wahrscheinlich. Ich schicke einen Streifenwagen los.«
»Er hätte angerufen. Er hätte einen von uns angerufen.«
»Vielleicht hatte er keine Zeit dazu. Machen Sie sich nicht verrückt, bevor wir wissen, ob es einen Grund dafür gibt.«
Cassies Kehle war so trocken, dass sie kaum schlucken konnte. »Ich komme in die Stadt.«
»Cassie, hören Sie mir zu. Es war kein Spaß, was ich über die Medien gesagt habe. Vor dem Revier stehen bereits drei Übertragungswagen, und alles ist voll mit Reportern. Sie wollen hier nicht sein.«
»Matt …«
»Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich überprüfe es und rufe Sie sofort an, wenn ich etwas weiß.«
»Beeilen Sie sich«, flüsterte sie. »Bitte beeilen Sie sich.«
Eine endlose Stunde lang lief Cassie auf und ab, kaute an ihren Nägeln und stellte sich die schrecklichsten Dinge vor. Obwohl sie wusste, dass es unmöglich sein würde, versuchte sie Ben zu erreichen, redete sich ein, es wäre undenkbar, dass ihm etwas zugestoßen sei, ohne dass sie es wusste. Sie hätte es doch bestimmt gespürt.
Alles, was sie fühlte, war Entsetzen, und es war ausschließlich ihr eigenes.
Als Matts Streifenwagen in ihre Einfahrt bog, wusste Cassie, dass er keine guten Nachrichten bringen würde. Starr vor Furcht ging sie Matt und Bishop auf der Veranda entgegen, und ihre Gesichter verrieten ihr, dass ihr Instinkt sie nicht getäuscht hatte.
»Er ist nicht tot«, sagte sie.
»Nein. Zumindest – glauben wir das nicht.« Matt nahm sie am Arm und führte sie zurück ins Haus, und der körperliche Kontakt ließ sie seine Besorgnis intensiv wahrnehmen.
Cassie setzte sich auf das Sofa und starrte die beiden Männer an. »Was meinen Sie damit, dass Sie es nicht glauben?«
Matt setzte sich neben sie. »Wir haben seinen Jeep gefunden, aber Ben nicht. Es sieht so aus, als hätte er angehalten, um einen umgestürzten Baum von der Straße zu räumen. Idiot. Der Jeep wäre ohne Weiteres darüber gekommen. Er dachte an diejenigen, die nach ihm dort entlangfahren würden.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Cassie. »Wenn er nicht beim Jeep war, wo ist er dann? Was ist passiert?«
Von seinem Platz neben dem Kamin antwortete Bishop: »Reifenspuren zeigen, dass ein anderes Fahrzeug nach seinem kam. Und der Baum ist nicht von allein umgestürzt.«
»Sie meinen – eine Falle?«
Matt nickte. »Wir nehmen es an, Cassie. Es sieht so aus, als hätte jemand angehalten, vorgeblich, um Ben zu helfen. Dann hat ihn derjenige gepackt, wahrscheinlich, nachdem er ihn niedergeschlagen hat. Da war – wir haben ein wenig Blut an der Stelle gefunden.« Rasch fuhr er fort. »Ich habe eine paar Leute, die dort alles absuchen, und ich habe die Spürhunde angefordert, aber ich rechne nicht damit, dass sie eine Spur aufnehmen können. Im Revier überprüfen sie alle alten Akten, um herauszufinden, wer möglicherweise einen besonders starken Groll gegen Ben hegt.«
Cassie versuchte sich zu konzentrieren. »Wer? Wer würde so etwas tun?«
»Wie jeder Staatsanwalt und ehemalige Richter hat sich Ben einige Feinde gemacht, und während jeder von ihnen Ben von der Straße abgedrängt haben könnte, geht das Aufstellen so einer Falle weit über das hinaus, was ich erwartet hätte. Das war … ich weiß nicht … irgendwas Persönliches.« Matt wechselte einen Blick mit Bishop und sagte dann: »Wir haben etwas auf dem Vordersitz des Jeeps gefunden.«
»Was?«
Matt griff in seine Jackentasche und zog einen Beweismittelbeutel heraus. Drinnen lag eine einzelne rote Rose, kunstvoll aus Seidenpapier gefertigt.
»Oh mein Gott«, flüsterte Cassie.
Die Kopfschmerzen hatten sich auf ein dumpfes Pochen vermindert, und das Blut an seiner Wange war
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