Eisige Schatten
Tatsache, dass Matt kurz vor dem Durchdrehen war, nachdem er sie beinahe durch einen Serienmörder verloren hätte, bezweifle ich nicht, dass ihm Gary jedes Wort geglaubt hat.«
»Ich auch nicht.«
Ben setzte sich neben sie auf das Sofa und schüttelte den Kopf. »Ich kann’s immer noch nicht fassen. Mike Shaw, ein Serienmörder. Himmel, er war einer meiner Wahlkampfhelfer.«
»Hat er schon irgendwas gesagt?«
»Nicht viel. Und da die Pflichtverteidigerin der County bereits angekündigt hat, sie würde eher zurücktreten, bevor sie ihn als Mandanten annimmt, und sein Vater sich weigert, ihm einen anderen Anwalt zu stellen – nicht, dass sich jemand schon dafür gemeldet hätte –, ist das mit den Verhören ein bisschen schwierig.«
»Wie werdet ihr das lösen?«
»Wir werden jemanden von außerhalb der County suchen, der nach dem Prozess nicht hier leben muss. Richter Hayes hat bereits ein paar gute Anwälte angerufen, und einer davon wird den Fall bestimmt übernehmen – schon allein wegen des zweifelhaften Ruhmes. Andererseits, wenn die überregionalen Zeitungen erst mal die Nachricht aufnehmen, melden sich bestimmt ein paar Staranwälte von außerhalb des Bundesstaates, die ihre Seele für diesen Fall verkaufen würden.«
»Aber du übernimmst die Anklage?«
»Darauf kannst du wetten. Sein Anwalt wird für eine Verlegung des Verhandlungsortes plädieren, aber egal, wo dieser Fall verhandelt wird, ich übernehme die Anklage.«
»Gut. Hast du irgendwas von Bishop gehört?«
»Matt sagt, er würde noch eine Weile hierbleiben. Stellt sein Fachwissen beim Sicherstellen und Auflisten aller Beweise zur Verfügung, die sie in Mikes Haus finden.« Ben hielt inne und setzte dann bedächtig hinzu: »Was natürlich nichts mit dir zu tun hat. Sein Hierbleiben, meine ich.«
Cassie lächelte schwach. »Nicht das Geringste.«
Er musterte sie. »Ja, ja.«
»Musst du heute nicht ins Gericht? Ich meine, ein Bezirksstaatsanwalt hat sicherlich einen gewissen Spielraum, aber die meisten arbeiten am Montag, dachte ich.«
»Ich nehme mir ein paar wohlverdiente freie Tage, bevor ich mit der Arbeit an dem größten Fall beginne, den diese County je gesehen hat. Das Rechtssystem wird nicht zusammenbrechen, wenn ich mal nicht da bin.«
Nachdenklich meinte Cassie: »Verstehe. Was natürlich überhaupt nichts mit mir zu tun hat.«
»Es liegt an Max. Ich kann es nicht ertragen, von ihm getrennt zu sein.«
Sie blickte zu dem Hund, der leise auf seinem Läufer neben dem Kamin schnarchte. »Ja, er ist offensichtlich sehr anhänglich.«
Ben grinste sie an. »Na gut, na gut. Wir wissen beide, dass das auf dich nicht zutrifft. Und ich weiß, dass du nicht mehr in Gefahr bist, nicht mal durch Spinneranrufe, da der Bürgermeister inzwischen bereit ist, dir den Schlüssel der Stadt zu überreichen, nachdem Matt ihm klargemacht hat, dass du Abbys Leben gerettet und ihm geholfen hast, den Mörder zu fassen.«
»Ich hoffe, du teilst Seiner Ehren mit, dass ich den Schlüssel nicht haben will.« Sie fühlte sich unwohl bei dieser Vorstellung und auch bei der wachsenden Gewissheit, dass Ben irgendwas im Sinn hatte. »Ich bin froh, dass ich am Ende helfen konnte, aber nichts hat sich wirklich verändert, Ben.«
»Nein?« Jetzt war er ernst, wachsam.
»Nein. Ich bin kein Teil dieser Stadt. Ich bin wegen des Friedens und der Ruhe hier heraus gezogen, genau wie meine Tante.« Cassie zuckte die Schultern. »Sie hat es geschafft, zwanzig Jahre hier zu leben, ohne sich zu engagieren, und das werde ich auch tun.«
»Du hast dich bereits engagiert, Cassie. Du hast etwas getan, was Alexandra nie tat – hast dich für die Menschen hier in Gefahr gebracht.«
»Mir blieb schließlich kaum eine andere Wahl. Das weißt du.«
»Du hattest die Wahl. Du hättest weglaufen, dem ganzen Problem aus dem Weg gehen und es uns überlassen können, Mike zu schnappen. Aber du bist geblieben und hast geholfen.«
Sie holte Luft. »Du weißt aber auch, dass es ein … ein außergewöhnliches Ereignis war, vermutlich ein einmaliges für diese Stadt. Es wird nicht wieder passieren.«
»Du hast also vor, dich hier draußen zu vergraben? Nur in die Stadt zu kommen, wenn es sein muss? Alexandras Platz als Stadtexzentrikerin einzunehmen?«
»Es gibt schlimmere Schicksale«, murmelte sie.
»Was ist mit uns, Cassie?«
Sie wandte den Kopf zum Feuer, das sie entzündet hatten, weil es ein kalter Tag mit gelegentlichen Schneeschauern war, und dachte erneut an die
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