Eisige Schatten
können.«
Der Sheriff zögerte. »Hier geht’s nicht ums Ego, ich brauche die Wahrheit. Glauben Sie, der Gerichtsmediziner aus Charlotte könnte etwas finden, das Sie übersehen haben?«
Munro spitzte nachdenklich die Lippen, schüttelte aber schließlich den Kopf. »Ich muss sagen, nein. Wir haben ihren Körper mit der Lupe abgesucht, Matt. Haben Blutproben für eine toxikologische Untersuchung eingeschickt, aber es würde mich überraschen, wenn dabei irgendwas herauskäme. Kein Alkohol, keine Drogen. Trotzdem würde ich sagen, dass sie keinerlei Chance hatte, sich zu wehren, oder zu verängstigt dafür war. Nichts deutet auf einen Kampf hin. Keine Haut oder Gewebe unter ihren Nägeln, keine Abwehrverletzungen. Sie saß mit hinter dem Rücken gefesselten Händen da, vermutlich mit einem Gürtel zusammengebunden, wie ich dir schon gesagt hatte, und er hat ihr die Kehle aufgeschlitzt – und sie starb.«
»Aber nicht im Wald.«
»Nein, da war nicht genug Blut.«
»Haben Sie eine Ahnung, wo?«
»Nein. Hast du ihr Haus überprüft?«
»Natürlich. Ihre Eltern haben kein Geräusch gehört, und der Hund der Familie ist alt und taub, er hat nicht gebellt. Wir haben keine Anzeichen für gewaltsames Eindringen gefunden, und die Eltern sagen, sie hätte für gewöhnlich bei offenem Fenster geschlafen, selbst im Winter.«
»Also glaubst du, dass er durch das Fenster gestiegen ist, sie überredet hat, sich anzuziehen und mit ihm zu kommen?«
Matt blickte finster. »Mag sein. Aber die Möglichkeit gefällt mir nicht. Sie sagten, der Tod sei gegen zwei Uhr am Donnerstagmorgen eingetreten?«
»Ungefähr.«
»Dann wäre es möglich, dass er beim Haus auf sie gewartet hat, als sie Mittwochabend heimkam, und sie geschnappt hat, bevor sie die Haustür aufschließen konnte. Ihr Bett war nicht gemacht, aber ihre Mutter sagt, Becky hätte es oft nicht gemacht, daher können wir nicht wissen, ob sie tatsächlich hineinkam und ins Bett ging.«
»Mit wem war sie unterwegs?«
»Einer Gruppe von Freunden. Sie alle verließen den Club draußen am Highway kurz nach Mitternacht und fuhren mit ihren jeweiligen Autos nach Hause. Becky war allein, als sie in ihrem losfuhr.«
»Ich habe ihre Kleidung natürlich als Beweisstücke zurückbehalten, falls du möchtest, dass ihre Freunde einen Blick darauf werfen, um zu bestätigen, dass sie an dem Abend diese Sachen getragen hat.«
Matt verzog das Gesicht. »Ja, gut. Aber das wäre kein schlüssiger Beweis, da sie aufgestanden sein und dieselben Kleider wieder angezogen haben könnte.«
Doc Munro erhob sich. »Was soll ich also ihren Eltern sagen?«
Matt verdrängte die Warnung der Übersinnlichen. »Sagen Sie ihnen, sie könnten die Beerdigung planen.«
»Okay. Den schriftlichen Bericht bekommst du morgen. Schick einen deiner Jungs rüber, um ihre Kleidung und die Grashalme und Blätter abzuholen, die wir an ihr gefunden haben.«
Matt überlegte, ob er den Arzt daran erinnern sollte, dass seine Deputy-Truppe zu knapp vierzig Prozent aus »Mädchen« bestand, ließ es aber dann doch bleiben. »Ich schicke heute Nachmittag jemanden rüber.«
»In Ordnung.«
Matt blieb allein im Büro mit seinen Gedanken, und keiner davon war erfreulich.
Sie hätte das nicht tun sollen.
Miststück.
Warum musste sie das tun?
Mein Kopf tut weh.
Ich bin immer noch müde, und mein Kopf schmerzt.
Aber ich kann sie nicht damit durchkommen lassen.
Sie muss bezahlen.
Sie müssen alle bezahlen.
Sie werden mich nie wieder auslachen.
Das Klopfen an der Haustür am Freitagnachmittag überraschte Cassie nicht. Sie hatte ihn erwartet.
Früher oder später.
Sie ging an die Tür und öffnete sie. »Hi«, sagte sie zu Ben.
Er trug eine beigefarbene Mappe in der Hand, und sein Gesicht wirkte grimmig. »Darf ich reinkommen?«
»Klar.« Sie überlegte müßig, wen er wohl mit den Nachforschungen beauftragt hatte. Vermutlich Janice. Die hatte recht tüchtig gewirkt.
Drei Tage. Nicht schlecht.
Die meisten Möbel hatte sie wieder ins Wohnzimmer zurückgeräumt, nachdem sie mit dem Anstreichen und Ausbessern fertig war, daher führte sie ihn dort hinein. Sie überließ ihm das gesamte Sofa und setzte sich auf einen Ohrensessel, der im rechten Winkel dazu stand. »Nehmen Sie Platz.«
Er kam der Aufforderung nicht nach, öffnete stattdessen die Mappe, nahm ein Blatt heraus und reichte es ihr. »Könnten Sie mir das erklären?«
Es war die Kopie eines Zeitungsartikels, ausgedruckt von einem
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