Eisige Schatten
Vermutlich alleinstehend und ohne feste Beziehung zu einer Frau. Könnte als Kind missbraucht worden sein und hat zweifellos mindestens einen dominanten Elternteil – vermutlich seine Mutter. Sexuelle Probleme – möglicherweise Impotenz. Er hat einen Weg gefunden, sexuelle Befriedigung zu erlangen, und das ist ihm wichtig. Das Ritual hat funktioniert. Die Art, wie er sie in Positur gesetzt hat, die Münze in ihrer Hand – das sind die Dinge, die Sie am nächsten Tatort finden werden. Seine Vorgehensweise scheint sich damit etabliert zu haben.«
»Was ist mit der Waffe?«, fragte Matt. »Wir haben das Messer nicht gefunden. Wird er es erneut benutzen?«
»Es ist nur eine Vermutung … aber ich glaube nicht, dass es ihm wichtig ist, wie sie sterben, sondern wie sie gefunden werden. Es könnte sein, dass er beim nächsten Mal nicht dieselben Mittel verwendet.« Sie machte eine müde Geste. »Aber ich bin mir nicht sicher.«
»Kommen Sie«, sagte Ben im Aufstehen. »Ich bringe Sie nach Hause.« Er musste gegen den Impuls ankämpfen, ihr die Hand zu reichen.
Cassie erhob sich. »Ich warte draußen. Der Sheriff will mit Ihnen reden.«
»Hören Sie auf damit.« Matt stand ebenfalls auf.
»Tut mir leid – Sie haben wieder zu laut gedacht.« Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln, verließ dann das Büro und schloss die Tür leise hinter sich.
»Und?«, fragte Ben.
Matt schüttelte den Kopf. »Ich weiß immer noch nicht, ob ich ihr irgendwas davon abkaufe.«
»Sie liest in dir wie in einem Buch.«
»Ja, ja. Und eine unechte Wahrsagerin kann bei einem total Fremden alles Mögliche aus seiner Körpersprache herauslesen. Das ist nur Geschicklichkeit, Ben. Und hat nichts Paranormales an sich.«
»Hat ihr deine Körpersprache etwas über Abby Montgomery verraten? Mir hast du jedenfalls nie von ihr erzählt. Und pass damit auf, hörst du?«
Matt beachtete die Warnung nicht. »Ich weiß nicht, wie sie von mir und Abby erfahren hat. Aber ich bin immer noch nicht überzeugt. Meine Ermittlungen zu diesem Mord werden streng nach Lehrbuch erfolgen. Die meisten Mordopfer kennen ihren Mörder, daher müssen Familie und Freunde überprüft werden. Mitarbeiter, Kommilitonen. Das Übliche. Wir werden nach Zeugen suchen, die vielleicht gesehen haben, dass Becky in den letzten ein oder zwei Tagen mit jemandem geredet hat. Wir werden ihre Verhältnisse und ihre Aktivitäten in letzter Zeit überprüfen und nach Verbindungen, Motiven suchen. Wir werden uns jedoch keinesfalls mit dem Gedanken beschäftigen, dass wir es auf der Grundlage eines einzigen Verbrechens mit einem Serienmörder zu tun haben.«
»Ich kann dir keine Vorschriften machen, wie du deine Arbeit zu erledigen hast.«
Matt grunzte. »Warum so zurückhaltend?«
Ben lächelte, sagte aber: »Was hast du Eric mitgeteilt?« Eric Stephens brachte die örtliche Tageszeitung heraus.
»Nur die nackten Fakten. Dass Becky ermordet wurde. Mit etwas Glück spricht es sich nicht herum, wie sie aufgefunden wurde. Oder die Sache mit der Münze. Ich rechne zwar weiß Gott nicht mit einem Trittbrettfahrer, nicht hier bei uns, aber je weniger die Öffentlichkeit über die Einzelheiten erfährt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Panik ausbricht.«
»Vielleicht sollten sie in Panik geraten«, sagte Ben nüchtern. »Matt, wenn wir einen Serienmörder haben …«
»Wenn ja, verhänge ich eine Ausgangssperre über diese Stadt und lasse alle Mädchen von Familienmitgliedern begleiten oder nur zu zweit unterwegs sein. Ich fürchte mich nicht davor, sie zu Tode zu ängstigen, Ben. Ich werde es nur nicht unnötigerweise tun.«
»Hoffen wir nur, dass du es überhaupt nicht tun musst«, sagte Ben.
»Hi.« – Cassie, die an dem dekorativen Laternenpfahl vor dem Sheriffdepartment gelehnt und ihr Gesicht der milden Februarsonne zugewandt hatte, drehte sich bei der Begrüßung um. Sie merkte, dass sie von einer lächelnden, vielleicht ein paar Jahre älteren Frau gemustert wurde, einer sehr attraktiven, blauäugigen Blondine.
»Hi.«
»Verzeihen Sie, ich wollte Sie nicht belästigen, aber Sie erinnern mich an jemanden. Alexandra Melton. Vielleicht eine Verwandte?«
»Sie war meine Tante. Ich bin Cassie Neill.« Ihre Stimme war freundlich, aber sie behielt die Hände am Pfahl hinter ihr.
»Ah, das erklärt die Ähnlichkeit. Ich bin Jill Kirkwood. Erfreut, Sie kennenzulernen. Ich kannte Ihre Tante, wenn auch nicht sehr gut, fürchte ich. Mir gehört der Handarbeitsladen auf der
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