Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
Vom Netzwerk:
Schlitten den Hügel hinaufzogen, senkten sie ihre Köpfe und hoben die Schultern. Es waren kräftige, gut trainierte Tiere, und unter anderen Umständen hätte er ihrem Besitzer gerne Komplimente gemacht. Was MrNolan mit Pferden gemacht hatte, hatte jemand mit diesen Hunden gemacht.
    Als sie sich der Kirche näherten, wurden die Hunde langsamer und suchten einen Weg durch eine Ansammlung von Steinen und Holzkreuzen, die die Grabstätten der Toten der Siedlung markierten. Es gab keine erkennbare Ordnung, und die Worte, die in einige der Grabsteine gemeißelt waren, waren vom ständigen Wind ausradiert, so dass sie praktisch unkenntlich waren. Auf
einem Stein stand ein flügelloser Engel, auf einem anderen eine weinende Frau, der ein Arm fehlte. Beide hatten ihre Gesichter dem gefrorenen Meer zugewandt.
    Vor den hölzernen Stufen, die in die Kapelle führten, betätigte Sinclair die Bremse noch einmal. Er sprang von den Kufen und trat an Eleanors Seite, doch sie blieb eingemummt im Schlitten liegen und reichte ihm nicht die Hand.
    »Lass uns hineingehen«, sagte er. »Es scheint der beste Platz zu sein, den wir hier bekommen können.«
    Und Schutz brauchten sie, und zwar rasch. Am Himmel zogen dunkle Wolken auf, und der Wind nahm rasch zu. Er hatte erlebt, wie solche Stürme aus dem Nichts entstanden und das Schiff, mit dem sie reisten, immer weiter Richtung Süden trieben.
    Doch Eleanor rührte sich nicht, ihr Gesicht, ohnehin blass, war jetzt gespensterbleich.
    »Sinclair, du weißt, warum ich … «
    »Das weiß ich sehr gut«, sagte er, »und ich will kein Wort mehr davon hören.«
    »Aber hier sind doch so viele andere Hütten«, sagte sie. »Ich habe einen Speisesaal gesehen, auf unserer rechten Seite, als wir … «
    »Einen Speisesaal ohne Türen und mit einem Loch im Dach, so groß wie St. Paul’s.«
    Die Erwähnung der Kathedrale erinnerte beide ungewollt an ein populäres Lied, das sie einander einst, in glücklicheren Tagen, vorgesungen hatten … von Kokosnusspalmen, so hoch wie St. Paul’s, und Sand, so weiß wie die Felsen von Dover. Sinclair verscheuchte diesen Gedanken aus dem Kopf, schob einen Arm unter Eleanors Ellenbogen und hob sie praktisch aus dem Schlitten. »Es ist Aberglaube und Unsinn.«
    »Ist es nicht«, widersprach sie. »Du weißt doch, was in Lissabon geschehen ist.«
    Das würde er gewiss nicht so bald vergessen. Als sie vor dem
Altar der
Igreja de Santa Maria Maior
gestanden hatten, an jenem Tag, der für sie zu einem glücklichen werden sollte, hatte es geschienen, als ob Gott selbst die Hand im Spiel gehabt hätte. Sie hatten Glück gehabt, dass Sinclair noch in derselben Nacht eine Passage auf der Schaluppe
Coventry
hatte buchen können.
    »Das war Zufall«, sagte Sinclair, »und hatte nichts mit uns zu tun. Warum auch, schließlich wurde die Stadt bereits unzählige Male von Erdbeben heimgesucht.«
    Solchen Hirngespinsten wollte er sich nicht hingeben. Es gab genug zu tun und zu planen. Während die Hunde sich mit eingezogenen Köpfen zwischen den Grabsteinen niederließen und die Ruten um die Hinterläufe legten, erklommen sie die verschneiten Stufen. Sinclair hielt Eleanor mit einem Arm fest, während die andere Hand auf dem Degenknauf ruhte. Die Vögel, die ihnen gefolgt waren, hatten sich auf dem Dach und dem Kirchturm niedergelassen und hockten dort wie Wasserspeier. Eleanors Blick wanderte nach oben. Als ein Vogel laut krächzend mit den Flügeln schlug, blieb sie stehen.
    »Es ist nur ein widerlicher Vogel«, sagte Sinclair verächtlich und zog sie die restlichen Stufen hoch.
    Sie standen vor einer hohen Doppeltür, deren eine Hälfte schief in den Angeln hing und festgefroren war. Die andere Hälfte konnte er mit einiger Anstrengung aufstoßen, bis der Spalt breit genug war, damit sie hindurchschlüpfen konnten. Direkt hinter der Tür hatte sich eine Schneewehe aufgetürmt, und sobald er hinübergestiegen war, nahm er Eleanors Hand und half ihr hinein.
    Dumpf hallten ihre Schritte auf dem Steinfußboden wider. Hölzerne Bankreihen wiesen nach vorn, und auf einigen Sitzen lagen vermoderte Gesangbücher. Sinclair sammelte eines davon auf, aber die Worte, die noch lesbar waren, waren nicht auf Englisch. Er vermutete, dass es sich um eine skandinavische Sprache handelte. Er ließ das Buch auf den Boden fallen, doch Eleanor
hob es sofort auf und legte es auf die Bank zurück. Die Wände und das Dach, das mehrere Löcher aufwies, bestanden aus Holzbalken, die von den

Weitere Kostenlose Bücher