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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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wenig erkennen.
    Er schwamm dichter heran und sah erneut, dass etwas in dem Eis verborgen war. Als er näher kam, konnte er es deutlich erkennen.
    Es war ein gefrorenes Gesicht mit einem Kranz aus kastanienbraunem Haar. Eine Kette, möglicherweise aus Eisen, war um die Kehle geschlungen. Verschwommen sah er etwas Blaues und Schwarzes unter dem Eis, dort, wo die Kleider sein mussten, und
es war gut möglich, dass sich noch eine Gestalt dicht hinter derjenigen befand, die er sehen konnte. Doch es war zu schwierig, im diffusen Licht des Gletscherwassers etwas zu erkennen oder zu unterscheiden.
    Erneut wischte er mit dem Handschuh übers Eis, ehrfürchtig diesmal, und ging mit der Tauchmaske noch näher an die Wand heran.
    Im Strahl der Taschenlampe konnte er in das Eis hineinsehen. Wie Dornröschen, gefangen in einem eisigen Kerker, erkannte er das Gesicht einer jungen Frau, die ihn anstarrte. Aber sie ruhte nicht in Frieden Überhaupt nicht.
    Ihre Augen waren weit aufgerissen, Augen so grün, dass sie selbst hier unten noch leuchteten. Auch der Mund stand offen in einem letzten Schrei. Ein heftiger Schauder schüttelte ihn, und von seiner Sauerstoffflasche ertönte ein Warnsignal. Er ließ sich zurücktreiben. Er konnte kaum glauben, was geschehen war, bis er weit genug entfernt war, dass das Eis in der Dunkelheit verschwand und seinen furchtbaren Schatz erneut verbarg.

15 . Kapitel 6 .Juli 1854 , abends
    Die Kutsche rumpelte über den Trafalgar Square und bog in die feine Pall Mall ein, in der sich die vornehmsten Herrenclubs aneinanderreihten. Sinclair ließ den Kutscher an der Ecke von St. James anhalten anstatt vor dem Haupteingang zum Longchamps. Dort war der Seiteneingang, und nur durch diese bescheidene Tür durften Frauen den Club überhaupt betreten.
    Gewandt sprang der Kutscher vom Bock, klappte die Trittleiter aus und half den Damen beim Aussteigen. Die Gaslampen, die die Straße säumten, flackerten in der einsetzenden Dunkelheit auf. Pall Mall war die erste Straße Londons gewesen, die 1807 damit geschmückt worden war.
    Im prächtigen Vestibül wurden sie von einem livrierten Diener, Bentley, wenn Sinclair sich recht erinnerte, empfangen. Doch als er Sinclair erblickte, wurde sein Gesichtsausdruck für einen Moment unsicher.
    »Abend, Bentley«, rief Sinclair überschwänglich, »wir haben heute in Ascot gewonnen.«
    »Freut mich zu hören, Sir«, erwiderte Bentley und ließ den Blick über die Versammlung schweifen.
    »Und jetzt brauchen wir eine Erfrischung.«
    »Wirklich, Sir«, erwiderte Bentley, ohne ihnen jedoch mehr anzubieten.
    Jetzt wusste Sinclair, dass irgendetwas nicht stimmte. Seine
Schulden, so argwöhnte er, hatten eine Höhe erreicht, dass die Vorsitzenden seinen Namen als Schuldner veröffentlicht und ihm die Clubprivilegien vorübergehend entzogen hatten.
    Die Damen merkten zum Glück nichts von seinen Schwierigkeiten und waren zu beschäftigt damit, den Lichteinfall durch die Bleigläser im Erkerfenster zu bewundern. Doch Sinclair wusste, dass Rutherford und Frenchie das Problem erfasst haben mussten. Rutherford machte sich bereit, sie alle zurück zu seiner Kutsche zu führen und weiter in seinen Club, das Athenaeum.
    »Bentley, kann ich Sie kurz sprechen?«, sagte Sinclair und zog den nervösen Diener zur Seite. Sobald sie sich außer Hörweite befanden, fragte er: »Stehe ich auf der Liste? Ist es das?«, und Bentley nickte.
    »Ein Fehler der Buchhaltung«, sagte Sinclair und schüttelte reumütig den Kopf, »mehr nicht. Ich werde die Rechnung gleich morgen früh begleichen.«
    »Aber Sir, bis dahin habe ich die Anweisung … «
    Sinclair hob eine Hand und unverzüglich schwieg der Mann. Sinclair griff in seine Tasche, zog ein Bündel Banknoten heraus, entnahm ihm ein paar Scheine und reichte sie Bentley. »Geben Sie das morgen früh MrWitherspoon und lassen Sie ihn die Summe auf meinem Konto gutschreiben. Würden Sie das für mich tun?«
    Ohne auch nur auf das Geld zu blicken oder es gar zu zählen antwortete Bentley: »Natürlich, Sir.«
    »Guter Mann. Und jetzt benötigen meine Begleitung und ich dringend ein kaltes Abendessen und noch kälteren Champagner. Können Sie uns etwas in das Besucherzimmer bringen lassen?« Das war zwar bei weitem nicht der reizvollste Raum in dem gediegenen, alten Club, aber nur dort waren Frauen überhaupt zugelassen.
    Bentley erwiderte, er würde sich darum kümmern, und Sinclair kehrte zu seinen Gästen zurück.
    »Hier entlang«, sagte er und

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