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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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machen.«
    Schon wieder Crabtree. Der Kerl saß Michael ständig im Nacken und versuchte, sich seine Aufträge unter den Nagel zu reißen. »Und warum fährt er nicht?«
    Gillespie hob die Schultern. »Wurzelbehandlung.«
    »Wie bitte?«
    »Er muss eine Wurzelbehandlung machen lassen, und niemand darf ohne komplettes Gesundheitsattest zur Station. Es gibt da unten keinen Zahnarzt, also brauchst du eine Bescheinigung, dass deine Zähne in Ordnung sind.«
    Michael traute seinen Ohren kaum. Crabtree hatte den Job wegen Zahnproblemen verloren?
    »Also«, sagte Gillespie und beugte sich vor, »bitte sag mir, dass du keine Löcher in den Zähnen hast und deine Füllungen alle in Ordnung sind.«
    Instinktiv tastete Michael die Mundhöhle mit der Zunge ab. »Ich glaube schon.«
    »Gut. Das führt uns zur eigentlichen Frage. Was meinst du, Michael. Bist du bereit, wieder einzusteigen?«
    Das war in der Tat die Preisfrage. Wenn man ihn gestern Abend gefragt hätte, hätte die Antwort nein gelautet, und »Bitte, rufen Sie nie wieder an«. Doch jetzt rührte sich etwas in ihm,
das er nicht leugnen konnte. Die alte Erregung flackerte wieder auf. Sein ganzes Leben lang war er stets der Erste gewesen, der sich den Herausforderungen stellte. Er hatte schroffe Felswände bezwungen, Bungee-Sprünge von Brücken gemacht und war an Korallenriffen entlang bis zum Meeresgrund getaucht. Obwohl er es seit Monaten unterdrückte, erwachte dieses Gefühl jetzt erneut in ihm. Er sah auf das Satellitenfoto, das ganz oben auf dem Stapel lag. Aus der Luft sah die Station aus wie ein paar Güterwagen, die auf einer Eisfläche verstreut in der Nähe einer kargen, felsigen Küstenlinie standen. Das Bild wirkte unglaublich trostlos, aber es zog ihn an, als zeigte es einen Strand in Brasilien.
    Gillespie beobachtete ihn aufmerksam und wartete. Eine Windböe trieb Regentropfen an die Fenster des Lokals.
    Irgendetwas in Michaels Kopf begann sich zu rühren. Seine Finger ruhten immer noch auf dem grobkörnigen Foto. Er konnte jederzeit nein sagen. Er konnte nach Hause gehen und … und was? Noch ein Bier trinken? Sich selbst fertigmachen? Noch mehr von seinem Leben wegwerfen, als Ausgleich für das, was mit Kristin geschehen war? Aber wie sollte er das jemals wiedergutmachen können?
    Oder er konnte den Auftrag annehmen. Er warf einen Blick auf das nächste Foto auf dem Stapel. Es war zu ebener Erde aufgenommen und zeigte eine Hütte, die ein paar Meter über dem Eis auf Betonpfeilern ruhte. Ein halbes Dutzend Robben lagen herum, als würden sie sich sonnen.
    »Haben wir vorher noch Zeit für ein Stück Kuchen?«, fragte Michael. Gillespie knallte triumphierend die Hand auf den Tisch und winkte die Kellnerin heran.
    »Zitronenbaisers«, rief er. »Alle, die Sie haben.«

2 . Kapitel 20 .– 23 .November
    Die nächsten Tage nahm Michael kaum etwas wahr, weil er sich abmühte, um alles für einen Trip in die Antarktis vorzubereiten. Von früheren Aufträgen in Sibirien und Alaska hatte er bereits den größten Teil der Ausrüstung für eine Reise ins Eis beisammen, doch den Rest zu besorgen würde nicht ganz einfach werden. Als Erstes jedoch musste er einen Zahnarzt aufsuchen, und ein paar Minuten lang fürchtete Michael, dass das das Ende sei.
    »Sie wissen, dass Sie immer noch diesen Weisheitszahn oben rechts haben«, sagte Dr.Edwards. »Der könnte Ihnen eines Tages eine Menge Ärger bescheren.«
    »Aber nicht im Moment.«
    »Trotzdem, wenn ich Sie wäre … «
    »Ich kann ihn jetzt nicht rausnehmen lassen. Ich habe nicht genügend Zeit, um die Wunde ausheilen zu lassen.«
    »Aber sagen Sie hinterher nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt«, sagte Dr.Edwards.
    »Keine Sorge. Ich muss Sie nur bitten, dieses Attest für die NSF zu unterschreiben.«
    Dr.Edwards schob seine Brille auf der Nase nach oben und studierte das Formular, während Michael immer noch flach auf dem Zahnarztstuhl lag. »Ich bin jetzt seit zwanzig Jahren dabei, aber so etwas habe ich noch nie gesehen.«
    »Ich auch nicht.« Michael wartete darauf, dass er endlich unterschrieb.
    »In die Antarktis wollen Sie?« Der Zahnarzt war immer noch in die Papiere vertieft.
    »Genau.«
    »Ich beneide Sie. Ich wünschte, ich hätte auch die Zeit für so eine Spritztour.«
    Aus seinem Mund klang es, als plante Michael einen kurzen Ausflug nach Acapulco. Michael musste an Crabtree und seine bevorstehende Wurzelbehandlung denken.
    Der Zahnarzt warf einen letzten Blick auf die Röntgenbilder, die er gerade

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