Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
ausgeschnitten.
Kir legte die Taschenlampe beiseite und streckte sich nach dem Reißverschluss, um den Sack wieder zu schließen. In diesem Augenblick sah sie den Leichenwagen auf dem Kai auftauchen.
K APITEL 19
»Bleib hier, du bist noch nicht wieder gesund.«
»Mir geht es gut.«
Peter konnte ihr genau ansehen, wie viel Anstrengung es Felix kostete, die Treppenstufen herunterzugehen, um zur Tür zu kommen. Er versperrte ihr den Weg.
»Sei bitte nicht so dickköpfig. Du warst schon vor dem Einbruch sehr geschwächt.«
Sie versuchte ihn beiseitezustoßen. Aber ihre Kräfte waren dem nicht gewachsen. Peter bewegte sich nicht von der Stelle.
»Du darfst mich nicht einsperren. Lass mich durch!«
Sie wollte ihm nicht in die Augen sehen, er vermutete sogar, dass sie das gar nicht konnte. Sie war außerstande, etwas zu fokussieren, und in einer weitaus schlimmeren Verfassung, als er zuerst gedacht hatte.
»Ich will dich nicht einsperren. Aber du brauchst Hilfe!«
Er stützte sie, als sie taumelte und nach der Türklinke griff.
»Dir hat der Einbrecher ordentlich einen übergezogen.«
Sie machte sich frei.
»Mein Leben geht dich überhaupt nichts an.«
»Aber meins geht dich ganz offensichtlich etwas an. Immerhin hast du dich bei mir selbst eingeladen.«
»Ach, und das heißt, dass du jetzt alles bestimmen darfst, oder was?«
Da war sie wieder, diese Widersprüchlichkeit. Ihr Mund stieß ihn mit ihren Worten von sich, aber ihr Blick und ihre zitternde Erscheinung baten um seine Hilfe.
»Ich muss nach Hause.«
Ein zweites Mal schubste sie ihn und mobilisierte dabei ihre letzten Kräfte. Völlig erschöpft öffnete sie die Tür und stolperte hinaus in die Kälte. Er wusste, dass sie die Strecke bis zu ihrem Haus nicht schaffen würde, und zog sich schnell die Schuhe an.
»Hier, halt dich an meinem Arm fest«, sagte er. Sie überquerten die zugeschneite Einfahrt. Sie winkte ab, immer wieder, wenn er nach ihr greifen wollte. Sekunden später rutschte sie aus und blieb reglos im Schnee liegen.
»Felix? Kannst du mich hören?«
Keine Reaktion. Sie sah aus, als würde sie schlafen. Ein ungezogenes Kind; ein trotziges Mädchen; eine affektierte Frau, er wusste nicht, welcher Teil dieser Persönlichkeit am anstrengendsten war. Er hob sie hoch und trug sie zurück in sein Haus, legte sie auf das Sofa und deckte sie zu. Sie wachte kurz auf. Mit glasigen Augen sah sie ihn an.
»Ramses«, flüsterte sie undeutlich.
»Ja, was ist mit ihm?«
»Ich kenne ihn.«
»Was? Du KENNST ihn?«
»Ja.«
Dann verstummte sie und schloss die Augen. Er rief den Arzt an. Er wohnte zwar in Grenå, war aber eine Dreiviertelstunde später da. Er untersuchte sie sehr sorgfältig, während Peter sich in seiner Küche auf die Suche nach flüssiger Nahrung für seine Patientin machte.
»Sie ist unterernährt, ihr Blutdruck ist viel zu niedrig und sie hat eine Atemwegsinfektion und eine Gehirnerschütterung.«
Johannes Holm rollte sein Stethoskop ein und legte es in die Tasche zurück. Er sah Peter mit sanften, blauen Augen über die Ränder seiner Brille an: ein älterer Arzt aus der Provinz mit viel Praxiserfahrung und Menschenkenntnis. Er trug vernünftiges Schuhwerk, ein gestreiftes Halstuch und einen grünen Lodenmantel. Den hatte er ausgezogen und ordentlich gefaltet über den Sessel gelegt und saß auf einem Hocker neben der schlafenden Patientin.
»Es ist eigentlich ganz einfach. Entweder muss sie ins Krankenhaus oder sie muss von jemandem betreut werden, der dafür sorgt, dass sie genug zu essen, zu trinken und vor allem Schlaf bekommt. Sie ist fast bedrohlich abgemagert. Hat sie Familienangehörige?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich kenne sie ja gar nicht.«
»Sollten wir sie nicht lieber doch im Krankenhaus einliefern?«
Eine Hand schoss unter der Decke hervor und klammerte sich an den Arm des Doktors.
»Kein Krankenhaus.«
Das waren ihre ersten Worte, seit der Arzt eingetroffen war. Peter betrachtete ihre schmalen Finger, die sich in den Pullover krallten.
»Kein Krankenhaus«, wiederholte Felix, riss die Augen auf und starrte Peter an.
Auch Johannes Holm sah ihn an und schließlich nicktePeter, obwohl etwas in ihm sich gegen diese Entscheidung sträubte.
»Okay, was muss ich tun?«
Der Arzt stand auf und zog ihn beiseite.
»Sie scheint schwer traumatisiert zu sein. Hat sie was erzählt?«
»Sie hat von einem Unfall gesprochen, bei dem sie die einzige Überlebende war.«
»Versuch sie zum Sprechen zu bekommen,
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