Eiskalte Berührung - Cole, K: Eiskalte Berührung
und murmelte: »Oh, hallo. Beachtet mich am besten gar nicht.«
Danii hatte sich entschlossen und endlich akzeptiert, dass Murdoch nichts als Unglück bedeutete. Leider hatte sie das erst erkannt, nachdem sie begonnen hatte, sich in ihn zu verlieben.
Zeit, zu gehen.
Jetzt muss ich nur noch eine Mitfahrgelegenheit finden.
»Du solltest mal den andern Kerl sehen«, krächzte Murdoch von seinem Bett aus.
Nikolai war bereits blass gewesen, als er sich in das Zimmer auf Mount Oblak transloziert hatte. Als er Murdoch so vor sich sah, wurde er bleich wie der leibhaftige Tod.
Murdoch wusste, wie schlimm er aussah. In sein Bein war eine Metallschiene eingeschraubt worden, um den zerschmetterten Oberschenkelknochen zu stabilisieren. Ein Arm war in Gips gelegt, und der größte Teil seines Körpers war von Verbänden bedeckt. Sein Gesicht war vom Mundwinkel bis zum Ohr aufgerissen und wurde nur noch von einer Wundnaht zusammengehalten. Alles in allem hatte er Glück, noch am Leben zu sein.
Nein. Glück traf es wohl nicht ganz.
Murdoch und Rurik waren nur deshalb noch am Leben, weil Lukyan augenblicklich mit einer ganzen Kampftruppe zurückgekehrt war. Wie sich herausstellte, kämpfte Lukyan nicht nur gerne – er siegte auch gerne.
Endlich fand Nikolai seine Stimme wieder. »Was ist dir denn zugestoßen?«
»Ich wollte dich gerade dasselbe fragen. Mein Gott, Nikolai, du siehst ja schlimmer aus als ich.«
Sein Bruder war immer so stoisch, immer so von seinen Handlungen überzeugt. Also, was zum Teufel war mit ihm los?
Nikolais Augen wurden dunkel, ehe er wegsah. »Wir können später über meine Probleme sprechen. Wer hat dir das angetan?«
Murdoch ließ das Thema vorläufig fallen. »Ivo verfügt über Dämonen. Dämonen, die in Vampire gewandelt wurden. Sie sind so stark, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Er suchte nach jemandem, aber ich glaube nicht, dass es deine Braut ist. Es wird von einem ›Halbling‹ gemunkelt.«
»Wie viele?«
»Drei Dämonenvampire in seinem Gefolge, dazu noch andere Vampire. Zwei Dämonen haben wir erledigt, aber einer ist noch übrig.« Er blickte sich um. »Wo ist denn deine Braut?«
Nikolai zögerte. »Sie ist auf Blachmount. Wir … ich … « Er fuhr sich mit der Hand über sein ausgezehrtes Gesicht. Dann sprudelte es aus ihm heraus: »Seitdem ich von Mysts Blut gekostet habe, träume ich ihre Erinnerungen … «
Nur mit Mühe gelang es Murdoch, seinen Schock zu verbergen, als Nikolai weiterredete. Dann waren die Erinnerungen also tatsächlich dem Blut gefolgt. Warum aber waren seine Augen nicht rot? Ob Nikolai dies alles Kristoff beichten würde?
Durch diese Träume hatte Nikolai erfahren, dass Myst in der Vergangenheit eine berechnende Femme fatale gewesen war, die einen Liebhaber nach dem anderen unbarmherzig ausgenutzt und dann weggeworfen hatte. Außerdem hatte sie vor, Nikolai zu hintergehen. Sie gab vor, Gefühle für ihn zu entwickeln, während sie in Wahrheit ganz andere Motive für ihr Bleiben hatte.
Ehe Murdoch noch eine Erwiderung auf all das finden konnte, ließ Nikolai eine weitere Bombe platzen. Er war in den Besitz einer verzauberten Kette gelangt, mit deren Hilfe er die vollständige Kontrolle über Myst hatte. Solange er diese Kette besaß, konnte Nikolai sie dazu bringen, alles zu tun, was er wollte.
Das also war ihre Übereinkunft ? Eine Art Zauber?
Es vergingen einige lange Momente, ehe Murdoch ungläubig sagte: »Nikolai, du hast einem Geschöpf den freien Willen genommen, den es zuvor zweitausend Jahre lang besessen hatte. Ich gehe jede Wette ein, dass sie ihn zurückhaben will.«
Innerhalb eines einzigen Jahrzehnts hatte Nikolai mit Krieg, Pest und Hungersnot fertigwerden müssen. Er hatte den Großteil seiner Familie verloren. Und doch hatte er sich stets ehrenhaft verhalten. Bis jetzt.
War ja klar, dass es eine Frau war, die ihn dazu getrieben hatte.
»Nein, du verstehst das nicht«, sagte Nikolai. »Sie ist gefühllos. Unfähig zu lieben. Ihre Täuschung nagt unaufhörlich an mir. Ich kann mich nicht irren, nur so ergibt alles einen Sinn.« Mehr an sich selbst gerichtet murmelte er: »Warum sonst sollte sie mich wollen?«
Murdoch umfasste Nikolais Handgelenk mit schwachem Griff. »All die vielen Jahre lang habe ich immer wieder miterlebt, wie du die beste, vernünftigste Vorgehensweise wählst, selbst wenn es die schwierigste ist. Ich war immer stolz darauf, deiner Führung zu folgen, weil du dich mutig und immer – immer –
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