Eiskalte Hand (Die Chroniken von Mondoria) (German Edition)
Anwesenden in den Ruf ein, und Huan gewann ein wenig Zeit, die überwältigenden Neuigkeiten zu verarbeiten.
Als nächster kam Ranja an die Reihe. Nervös lauschte er den Worten des Prinzen. Hiroki verkündete zunächst, dass zahlreiche Führungspersonen der Beschwörergilde festgenommen worden waren. Sie hatten sich gegen das Reich gewandt und würden nun die Konsequenzen tragen müssen. „Die Beschwörergilde“, fuhr er dann fort, „braucht starke und zuverlässige Köpfe. Personen, die ihre Loyalität dem Reich und dem Kaiser gegenüber bewiesen haben. Deshalb ernenne ich euch, Ranja, zum Meister der Beschwörerkunst und zum Oberhaupt der Sektion von Quandala-Stadt. Ihr werdet dort viel Arbeit vorfinden; denn die Gilde muss von Grund auf neu strukturiert werden. Aber auch ihr habt bewiesen, dass ihr dieser Aufgabe würdig seid.“ Ranja hörte die Worte wohl, konnte sie aber einfach nicht begreifen. ‚Was hatte der da gesagt? Meister? Ich?‘ Ein mulmiges Gefühl machte sich in seiner Magengrube breit und strahlte immer weiter in seinen Körper aus. Dann wurde er ohnmächtig und fiel einfach um.
Prinz Hiroki lachte. Und alle anderen taten es ihm gleich. Sekunden später kniete auch schon der Leibarzt des Prinzen neben dem frisch ernannten Meister und brachte ihn mit einem sehr intensiv duftendem Öl wieder zurück unter die Lebenden. Ranja war das wahnsinnig peinlich. Vor lauter Scham wäre er fast gleich nochmal in Ohnmacht gefallen. Doch da keiner es ihm krumm zu nehmen schien, stimmte er schließlich in das Gelächter mit ein.
„Zu guter Letzt“, hob der Prinz noch einmal an und schaute in die Runde, „geht es um euch, Mia-Lin.“ Regungslos, fast schon kühl schaute die junge Frau ihn an. Das irritierte den Prinzen ein wenig. Ein wenig mehr Enthusiasmus hätte er schon erwartet. Doch in seiner Ausbildung hatte er auch gelernt, den Faden nicht zu verlieren. „Mein Vater bittet euch, als ranghohe Offizierin der kaiserlichen Palastgarde beizutreten. Ihr erhaltet ein stattliches Salär und werdet nach Vollendung eures Dienstes mit einer annehmlichen Villa in einer Stadt eurer Wahl versorgt werden. Nehmt ihr dieses Angebot an?“ Aller Augen richteten sich nun erwartungsvoll auf Mia. Der Prinz lächelte auf charmante Art und Weise. Jeder erwartete ein freudiges „Ja“. Mia ließ sich reichlich Zeit. „Ich danke euch“, begann sie schließlich mit ihrer Antwort, „aber ich kann das Angebot nicht annehmen.“ Die Gesichtszüge der Anwesenden entglitten vollständig. Unverständnis machte sich breit. Hatte die wirklich gerade „Nein“ gesagt? Doch Mia blieb ganz ruhig. Dann fuhr sie sachlich fort: „Meine Pläne sind andere. Und denen muss ich folgen. Habt dafür bitte Verständnis. Übermittelt eurem Vater die herzlichsten Grüße und meinen aufrichtigen Respekt. Als Bürgerin Quandalas werde ich ihm immer treu und loyal ergeben sein. Mehr kann ich allerdings nicht für euch tun.“
Kapitel 40
Gedankenverloren richtete Mia ihren Blick empor zum Mond. Noch ein, zwei Stunden, dann würde die Sonne aufgehen und der nächste Tag in Mirana begann. Geschlafen hatte sie auch in dieser Nacht kaum. Ihre Beine baumelten lässig aus dem Fenster, während sie sich an den schweren Holzrahmen lehnte und leise vor sich hin seufzte. Die gähnende Leere, die direkt unter ihr rund fünfzehn Meter steil in die Tiefe führte, beunruhigte sie nicht im Geringsten. In den letzten Tagen gab es nicht allzu viel zu tun für sie in Mirana. Huan wirbelte von früh morgens bis spät abends durch die Stadt und achtete penibel darauf, dass der Wiederaufbau ganz in seinem Sinne voranschritt. Immer wieder kamen ihm neue Ideen für Verbesserungen und Veränderungen. Eine Besprechung jagte die nächste. Nur selten bekam Mia ihn zu sehen – und dann auch meist nur kurz. Auch Ranja hatte sie zuletzt kaum zu Gesicht bekommen. Er hatte sich hinter seinem Schreibtisch verkrochen und plante unablässig die Neustrukturierung der Beschwörergilde. Offenkundig ging er ganz in dieser neuen Aufgabe auf. Schon bald würde er nach Quandala abreisen. Bis dahin wollte er ein Grundkonzept, einen Masterplan stehen haben. Die beiden Männer hatten ihren Platz gefunden. Und Mia freute sich aufrichtig darüber. So fröhlich und lebendig hatte sie alle beide bislang kaum erlebt.
Was ihre eigene Person anbetraf, so spürte sie eine deutliche Unzufriedenheit. Sie fühlte sich unnütz, ja regelrecht überflüssig hier in der
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