Eiskalte Versuche
hauchte dem alten Herrn, der gesprochen hatte, einen Kuss auf die Wange. „Guten Morgen, Onkel Thomas. Und hör auf, dir Sorgen um mich zu machen. Delia wird gleich hier sein, da bin ich sicher.“
Jack nickte höflich zurück, als die Männer ihn einer nach dem anderen mit einem prüfenden Blick bedachten.
„Guten Morgen“, sagte er.
Sie nickten ebenfalls und lächelten, doch Jack konnte sehen, dass es nur aus Höflichkeit geschah.
„Ich bin Jack Dolan“, sagte er und streckte dem am nächsten stehenden Mann die Hand hin.
Der alte Herr zögerte, aber nur kurz. Dann nahm er die dargebotene Rechte.
„Dr. David Schultz“, sagte er. „Der Herr hier neben mir ist Dr. Jasper Arnold. Das dort sind Rufus Toombs und John Michaels, und der Letzte, zu meiner Rechten, ist Thomas Mowry. Wir sind Isabellas Onkel. Besuchen Sie Familienangehörige in der Gegend?“
„Nein“, antwortete Jack. „Meine Familie lebt in Louisiana. Ich bin hier, um Material für ein Buch zu sammeln.“
John Michaels schlug entzückt die Hände gegeneinander.
„Ein Schriftsteller! Ich wollte auch immer schreiben, nicht wahr, Thomas?“
Thomas Mowry schob seine Brille auf der knollenförmigen Nase zurecht und begutachtete Jack genauer.
„So, Sie sind also Schriftsteller? Haben Sie schon etwas veröffentlicht?“
„Noch nicht.“
„Aha … ich verstehe.“
Jack fühlte sich beinahe wie früher als Junge, wenn sein Vater einen Blick auf das Zeugnis warf. Die Enttäuschung war immer zu spüren gewesen, auch wenn sein Vater sich bemühte, sie zu verbergen.
„Und was … Mr. Dolan … haben Sie gemacht, bevor Sie Schriftsteller wurden? Ich meine, mit welcher Tätigkeit haben Sie Ihr Geld verdient?“
Jack grinste. „Die gleiche, mit der ich noch heute mein Geld verdiene. Ich betreibe ein Geschäft für Computer-Software in Washington, D.C.“
„Das reicht“, verkündete Isabella. „Es tut mir Leid, Mr. Dolan. Wir unterziehen unsere Gäste keiner Vernehmung. Glauben Sie mir, das ist normalerweise bei uns nicht üblich. Oh, ich sehe, Delia fährt gerade auf den Parkplatz. Wollen Sie nicht gemeinsam mit uns frühstücken? Ich verspreche Ihnen auch, dass Sie keine Fragen mehr beantworten müssen.“
Jack nahm die Entschuldigung an, indem er ihr seinen Arm anbot.
„Ich bin jederzeit bereit, mich einem Kreuzverhör durch Ihre Onkel zu stellen, wenn ich dadurch die Gelegenheit erhalte, mit Ihnen zu essen.“
Isabella zögerte. Seine Komplimente kamen unerwartet, aber sie missfielen ihr nicht. Ein Blick auf ihre Onkel zeigte ihr, dass diese auf eine Entscheidung ihrerseits zu warten schienen. Die alten Herren und sich selbst überraschend, trat sie hinter dem Tresen hervor und schob die Hand in Jacks Armbeuge.
„Mein Vater hat mich immer in das Speisezimmer begleitet“, erklärte sie. Dabei bebte ihre Stimme leicht, aber ihr Blick war fest.
Jack drückte kurz ihre Finger. Dann wandte er den Blick zu den fünf Männern, die dastanden und sie anstarrten.
„Meine Herren … wollen Sie sich uns anschließen?“
Es war richtig, dass er die Einladung ausgesprochen hatte. Allein hätten sie Isabella nicht mit diesem gut aussehenden Fremden davongehen lassen.
5. KAPITEL
L eonardo Silvia stand mit unerschütterlicher Ruhe hinter seiner Ehefrau Maria, als der Arzt ihnen die Nachricht überbrachte. Nicht, dass sie die Worte zum ersten Mal hörten, aber das herzzerreißende Gefühl, das sie hervorriefen, war immer das gleiche.
„Es tut mir Leid, Mrs. Silvia. Die Behandlung ist fehlgeschlagen. Sie sind nicht schwanger. Offen gesagt, kann ich Ihnen keine großen Hoffnungen machen, dass Sie es jemals sein werden. Zu viele Faktoren sprechen dagegen.“
Maria Silvia nahm die Nachricht äußerlich gefasst auf. In Wahrheit war sie zornig – auf Gott, dass er sie nicht erhörte, ihr das Einzige zu schenken, um das sie ihn jemals ernsthaft angefleht hatte. Sicher, sie hatte auch früher viel gebetet, um die albernsten Dinge, wie eine Gehaltserhöhung für Leonardo oder dass Gott ihr nichtige und lächerliche Sünden vergab. Aber die Bitte, mit der sie sich an Gott gewandt hatte, er möge ihr ein Kind gewähren, kam aus dem tiefsten Grund ihrer Seele; mehr als fünf Jahre hatte sie sie ihm voller Demut vorgetragen. Für einen Moment fühlte sie sich niedergeschlagen, doch dann hob sie das Kinn.
„Vielen Dank für die Zeit, die Sie uns gewidmet haben, Dr. Worth. Aber ich werde nicht aufgeben.“
Der Arzt seufzte. In den dreißig Jahren
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