Eiskalte Versuche
schwor, er hätte das Verfahren noch weiter perfektioniert, und es liefen gewisse Vorbereitungen für einen neuen Versuch.“
Jasper wischte die Bemerkung beiseite. „Das ist genau, was ich sage. Samuel hatte Pläne … aber er ist tot.“ Er zog sein Taschentuch heraus und tupfte sich den Schweiß von der Stirn. „Ich habe auch Pläne. Ermordet zu werden gehört nicht dazu.“
„Ich glaube, ihr reagiert ein bisschen übertrieben“, mischte sich David ein.
Thomas Mowry hatte ruhig zugehört. Jetzt meinte er, so etwas wie Belustigung in Davids Stimme wahrzunehmen, und musste sich zu Wort melden.
„Es gibt Fakten, die wir nicht übergehen können. Ich bitte euch. Darauf sollten wir unsere Aufmerksamkeit richten, statt Amok zu laufen, uns gegenseitig Vorwürfe zu machen und für etwas zu beschuldigen, das letztendlich unvermeidbar war.“
„Wovon redest du eigentlich?“ fragte Jasper entrüstet.
„Das Alter hat uns eingeholt“, erklärte Thomas. „Und … vielleicht auch die Vergangenheit. Wir wussten, dass dieses Spiel nicht ewig weitergehen konnte. Außerdem haben wir Isabella, die wir beschützen müssen.“
Die anderen vier Männer sahen sich an. Dann richteten sie den Blick wieder geradeaus und nickten unter Gemurmel, jeder für sich.
„Ja. Isabella“, sagte David. „An unser kostbares Mädchen müssen wir denken.“
„Richtig“, bestätigte Thomas.
Für einen Moment herrschte Schweigen. „Also, wie wollen wir mit dem letzten Projekt verfahren?“ fragte Jasper dann. „Ihr wisst, welche großen Hoffnungen Samuel darauf gesetzt hat. Er war sicher, die letzte Schwachstelle beseitigt zu haben, die bei unseren früheren Schöpfungen auftrat.“
Rufus seufzte. „Da wir von unseren Schöpfungen sprechen … ich habe eine Neuigkeit.“
Die anderen wurden still. Sie hatten ihre Befürchtungen, was nun kommen würde, aber zur Kenntnis nehmen mussten sie es. Und wenn es nur geschah, weil sie den Lauf der Ereignisse in Gang gesetzt hatten.
„Wir haben einen neuen Fall von Selbstzerstörung.“
Ein kollektiver Seufzer des Bedauerns und der Enttäuschung erfüllte den Raum. Augenblicke später sprach Thomas.
„Wer?“ stieß er hervor.
„Norma Jean Bailey.“
„Die Blondine?“
Rufus nickte.
„In ihrem Fall hatte ich so große Hoffnungen“, erklärte Thomas. Seine Stimme zitterte. „Sie war bereits mehrfach als Model aufgetreten und hatte sich bei einer Schauspielschule angemeldet. Erinnert ihr euch?“
Die Männer im Raum vermieden es, einander anzusehen, als hätten sie Angst, in den Augen der anderen einem Vorwurf zu begegnen. David Schultz senkte den Kopf und bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
Thomas Mowry stand jäh auf. „Damit sind nur noch zwei der anfänglich zwanzig am Leben – ein untragbar hoher Verlust und für mich Grund genug, keinen weiteren Versuch durchzuführen.“ Er ging zum Fenster, starrte nach draußen in das Tal und auf den White Mountain, der sich dahinter erhob.
John Michaels hatte bis dahin nichts gesagt. Jetzt fluchte er halblaut und begann schließlich zu weinen, was ihm sonst völlig fremd war.
Die anderen waren still. Was hätten sie noch sagen sollen, wenn alles längst ausgesprochen war? Schließlich brach Jasper das Schweigen.
„Heißt das, wir lassen Samuels letztes Projekt fallen?“
„Ich schlage vor, wir stimmen ab“, sagte David.
Die fünf alten Männer sahen einander an. Schließlich gaben sie mit einem Nicken ihre Zustimmung.
„Also“, begann Jasper, griff neben das Telefon und nahm Stift und Schreibblock zur Hand, „ein Ja bedeutet, dass wir einen letzten Versuch machen, das Projekt erfolgreich zu Ende zu bringen. Ein Nein bedeutet, wir geben auf. Los jetzt. Keine falschen Rücksichten.“
„In Ordnung“, stimmten die anderen zu. Jeder schrieb seine Entscheidung auf das oberste Blatt, riss es ab und reichte den Block zusammen mit dem Stift an den Nächsten weiter.
David holte eine kleine Porzellanschale aus dem Bücherregal, faltete seinen Stimmzettel und legte ihn in das Gefäß. Dann reichte er die Schale weiter.
Nacheinander gaben die Männer ihre Stimmen ab. Jasper Arnold war der Letzte. Er warf seinen Zettel zu den anderen und stellte die Porzellanschale zur Seite, als enthielte sie stinkenden Abfall.
„Es ist deine. Du zählst die Stimmen“, sagte John und reichte die Schale an David.
David Schultz nahm sie entgegen. Er spürte jedes einzelne seiner achtundsiebzig Jahre, als er mit der Schale zum
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