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Eiskalte Versuche

Eiskalte Versuche

Titel: Eiskalte Versuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: McCall Dinah
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welche Richtung das Gespräch führte, und sie unterbrach ihn.
    „Bobby Joe, im Augenblick liegt mir nichts an Verabredungen. Aber danke für das Angebot.“
    Sie ließ Bobby Joe stehen und musste sich zwingen, mit ruhigen Schritten zur Post weiterzugehen. Als sie in der Schlange vor dem Schalter stand, kribbelte ihre Haut noch immer. Bobby Joes Benehmen weckte ein Unbehagen in ihr, das sie sich nicht erklären konnte. Immerhin kannte sie ihn seit ihrer Kindheit.
    Während sie darauf wartete, dass sie ihre Briefmarken bekam, arbeitete Bobby Joe weiter an seinem Plan. Als sie in das Postgebäude gegangen war, huschte er zwischen ihren Wagen und einen Pick-up-Truck, der daneben parkte. Mit einem raschen Blick in alle Richtungen vergewisserte er sich, dass ihn niemand beobachtete, dann zog er sein Messer und ging am Heck von Isabellas Wagen in die Hocke. Ohne zu zögern, stieß er das Messer in einen Reifen, kam sofort wieder hoch und tat so, als hätte er etwas aufgehoben, das ihm heruntergefallen war. Er sah sich noch einmal nach möglichen Zeugen um, trat auf den Gehsteig zurück und ging weiter die Straße entlang. Der Reifen würde platt sein, bevor sie Abbott House erreicht hatte, was ihm die Gelegenheit gab, sich ihr noch einmal zu nähern. Wenn er als Retter in der Not auftrat, war sie vielleicht freundlicher gestimmt und verabredete sich doch mit ihm.
    Jack Dolan stand im Friseurgeschäft und blickte aus dem Fenster. Er sah Isabella aus der Bank kommen und überlegte, ob er nach draußen gehen und ihr einen guten Tag wünschen sollte. Dann entdeckte er den jungen Mann, der von der anderen Straßenseite her in ihre Richtung strebte, und verfolgte neugierig, wie der Mann losrannte, um sie noch einzuholen. Jack fragte sich, wie Isabella ihn begrüßen würde. Bei der Vorstellung, aus der Ferne sehen zu müssen, wie ein anderer Mann sie umarmte und womöglich küsste, fühlte er ein seltsames Unbehagen. Er wurde zornig auf sich selbst. Das war ihre persönliche Angelegenheit, um die er sich nicht zu kümmern hatte.
    Der Mann nahm vor Isabella seinen Hut ab und entblößte die Zähne zu einem blitzenden Lächeln. Augenblicklich wusste Jack, dass er den Burschen nicht ausstehen konnte.
    Das Gespräch war kurz, was ihn beruhigte. Dann wandte sich Isabella zum Gehen, und der Kerl packte ihren Arm. Jack verspürte den Drang, ihr zu Hilfe zu eilen. Doch bevor er handeln konnte, hatte Isabella sich höflich dem Griff entwunden und ging weiter.
    Das Gesicht des jungen Mannes verzerrte sich wutentbrannt. Jacks Augen wurden schmal. Er lächelte. Offensichtlich hatte sie ihm eine Abfuhr erteilt. Im nächsten Moment erkannte er, dass die Geschichte nicht zu Ende war. Der stämmige, hoch gewachsene Hinterwäldler näherte sich mit verstohlenen Blicken Isabellas Wagen. Was mochte er vorhaben? Jack sah, wie er einen Gegenstand aus der Tasche zog und ihn fallen ließ.
    „Hallo, Mister. Sie wollten einen Haarschnitt. Sind Sie so weit?“ fragte die Friseuse.
    Jack zögerte kurz, dann schüttelte er den Kopf. „Mir ist etwas Wichtiges eingefallen, das ich erledigen muss. Ich komme morgen wieder. Geht das?“
    „Sicher. Kein Problem“, antwortete die junge Frau, während sie sich bereits dem nächsten Kunden widmete.
    Als er aus dem Geschäft trat, war der junge Mann verschwunden. Für einen Moment unentschlossen, blieb Jack stehen. Dann überquerte er die Fahrbahn, ging in den Fotoladen und holte den Film ab, den er zur Entwicklung gegeben hatte. Noch hatte er nicht vor, sich als Ermittler des FBI zu erkennen zu geben; das Fotografieren der Umgebung war Teil seiner Tarnung. Anschließend ging er weiter die Straße hinunter in die Richtung, wo sein Wagen stand. Er wusste nicht, was als Nächstes geschah, aber er würde in der Nähe sein.
    Um kurz vor elf Uhr verließ Isabella mit den Briefmarken das Postamt. Es blieb Zeit genug, um vor dem Mittagessen wieder zu Hause zu sein und beim Eindecken der Gästetische im Speisesaal zu helfen. Leute aus Braden und der Umgebung übernachteten selten im Hotel, aber viele kamen zum Essen. Neben Abbott House gab es nur ein paar kleine Cafés und eine in die Jahre gekommene Milchbar, die auch warme Mahlzeiten anboten.
    Als Isabella aus der Stadt hinausfuhr, wünschte sie sich, ihr Vater säße neben ihr. Er hatte den Herbst in Montana immer geliebt. Heute war erst der zehnte September, aber die Nächte wurden schon kühl, und das Laub der Zitterpappeln begann sich zu verfärben. Bald würde

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