Eiskalte Versuche
das leuchtende Gelb der Blätter in den dunkelgrünen Nadelwäldern herausstechen. Auf den Berggipfeln zeigte sich der erste Schnee, und die sanft gewellten Wiesentäler waren von Raureif überzogen.
Hoch am Himmel kreiste ein Adler. Die mächtigen Schwingen ausgebreitet und von der Luftströmung getragen, spähte er nach Beute. Zu ihrer Rechten stand in einiger Entfernung am Rand einer Lichtung eine Elchherde und graste. Isabella holte tief Luft und ließ sie langsam wieder ausströmen. Sie nahm die friedliche Stimmung in sich auf. Dies war der Ort, an den sie gehörte.
Sie hatte den halben Weg nach Hause zurückgelegt, als sie feststellte, dass der Wagen sich nicht mehr richtig in der Spur halten ließ. Besorgt trat sie auf die Bremse, fuhr an den rechten Straßenrand und hielt. Beim Aussteigen sah sie, dass der linke hintere Reifen sich ganz nach unten senkte.
„Das hat noch gefehlt“, brummte sie und trat gegen das Hinterrad.
Sie wusste, wie man einen Reifen wechselte. Zu ihren Lieblingsbeschäftigungen gehörte diese Arbeit nicht. Halblaut fluchend, öffnete sie den Kofferraum, holte den Wagenheber heraus und das deutlich kleinere Notrad. Diese Panne bedeutete, dass sie in die Stadt zurückfahren musste, nur um den Reifen instand setzen zu lassen. Sie warf ihre marineblaue Jacke auf den Fahrersitz, rollte die Blusenärmel hoch und nahm das Radkreuz in die Hand. Zuerst würde sie die Muttern lösen, dann den Wagenheber ansetzen und das Auto hochkurbeln.
Isabella überlegte kurz, ob sie Delia anrufen und ihr Bescheid geben sollte. Sie entschied sich anders. Delia würde den Onkeln von ihrem Anruf berichten; das hätte zur Folge, dass die alten Herren zu ihr hinausfahren und ihr jeden Handgriff abnehmen würden. Was sie nicht einsah. Sie war jünger und kräftiger als jeder von ihnen, mit Ausnahme von Onkel David vielleicht, der immer noch eine imposante Erscheinung war.
Sie hatte gerade zwei der Radmuttern gelöst, da hörte sie, wie ein anderer Wagen sich näherte. Ihre Erleichterung über die zu erwartende Hilfe erhielt einen Dämpfer, als sie erkannte, wer hinter dem Steuer des Pick-ups saß, der gleich darauf hinter ihrem Auto anhielt.
Mit einer lässigen Hüftbewegung schwang sich Bobby Joe Cage aus seinem Truck und kam lächelnd auf sie zu.
„Na, Schätzchen … sieht aus, als könnten Sie zwei Hände zum Zupacken brauchen.“
Isabella richtete sich auf. „Ja, scheint so.“
Er nahm ihr das Radkreuz ab. „Geben Sie das Ding her und lassen Sie mich den Reifen wechseln. Das ist Männerarbeit.“
Trotz seines chauvinistischen Auftretens war Isabella froh über die angebotene Hilfe und reichte ihm das Werkzeug. Sie trat einen Schritt vom Wagen zurück. Bobby Joe Cage ging neben dem platten Reifen in die Hocke und löste die restlichen Schrauben.
Innerhalb von fünf Minuten hatte er das Notrad angebracht. Den beschädigten Reifen lud er zusammen mit dem Wagenheber in den Kofferraum.
„Das hätten wir“, sagte er großspurig und wischte sich die Hände an seiner Jeans sauber. Er bedachte Isabella mit einem breiten einschmeichelnden Lächeln.
Sie trat an den Wagen, um ihre Handtasche zu holen. „Vielen Dank, dass Sie mir geholfen haben, Bobby Joe. Ich bin wirklich froh darüber und würde Sie gern für Ihre Mühe bezahlen.“
Mit einem Sprung war er neben ihr. Bevor sie begriff, was geschah, hatte er sie gegen die Autotür gepresst. Er schob eine Hand in ihren Nacken und zog ihren Kopf zu sich heran.
„Als Bezahlung brauche ich nur einen süßen Kuss von Ihnen“, sagte er leise und neigte sich mit dem Gesicht über sie.
In Isabella mischten sich Zorn und Erschrecken. Sie drückte mit beiden Händen gegen seinen Brustkorb und versuchte, ihn von sich wegzuschieben.
„Nein, Bobby Joe! Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich nicht in der Stimmung bin für …“
Noch immer lächelnd, nahm er ihre Hände und hielt sie hinter ihrem Rücken fest, während er mit dem Mund immer näher kam.
„Sicher sind Sie das, Süße. Sie wissen es nur nicht. Vertrauen Sie mir. Ich sorge dafür, dass es Ihnen besser geht.“
Isabella meinte, ihr Herzschlag würde stocken. Bobby Joe ließ sich nicht aufhalten. Für ihn war Nein keine Antwort. Sie wand sich in seinem Klammergriff und versuchte, sich loszumachen, ohne Erfolg.
„Bitte, Bobby Joe … ich dachte, wir wären Freunde. Hören Sie auf, mir …“
„Schätzchen, ich habe noch nichts mit Ihnen gemacht“, raunte er. Dabei schob er seine
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