Eiskalte Versuche
Beach, als sie vermutet hatten.
Flanagan reichte ihm den Hörer herüber. Butoli holte tief Luft, stellte sich dem FBI-Agenten am anderen Ende der Leitung vor und berichtete ihm, was er herausgefunden hatte.
Jack trat aus dem Friseurgeschäft. Er rieb sich den Nacken und betastete den Haaransatz. Gut, dass er darum gebeten hatte, nur wenig zu kürzen, sonst hätte die Friseuse ihm einen Stoppelschnitt verpasst.
Während er dem Drugstore zustrebte, der ein paar Blocks weiter auf der anderen Straßenseite lag, musste er an seinen letzten Besuch in Braden denken und an Isabella. Hitze durchzuckte ihn. Er stellte sich vor, sie würde auf ihn zukommen mit ihrem geschmeidigen Gang. Das dunkle Haar würde bei jeder Bewegung mitschwingen. Dann würde sie ihn sehen; ein Leuchten träte in ihre Augen, ein Lächeln auf ihre Lippen … Sie würde die Arme um seinen Nacken schlingen und sich an ihn lehnen …
Plötzlich hupte jemand neben ihm. Als habe ihn ein Schuss getroffen, schnellte Jack zurück und starrte dem Halbwüchsigen hinter dem Steuer ärgerlich nach. Dämlicher Bursche … wenigstens hätte er warten können, bis sein Tagtraum vorüber war.
Missmutig überquerte er die Fahrbahn. Bei jeder Begegnung mit den Menschen hier erfuhr er neue Einzelheiten über die ständigen Bewohner von Abbott House. Er wusste jetzt, dass die sieben Männer gemeinsam nach Braden gekommen waren, eine Tatsache, die er äußerst auffällig fand. Samuel Abbott war als Einziger verheiratet gewesen. Einige ältere Leute konnten sich an seine Frau Isabella erinnern und erzählten, wie sie unter tragischen Umständen bei der Geburt ihres einzigen Kindes gestorben war.
Jack musste an Isabella denken, die ohne Mutter aufgewachsen war. Andererseits hatten die Liebe und Fürsorge, die sie durch die alten Männer erfuhr, den frühen Verlust sicherlich ausgeglichen.
Er war nicht mehr weit von dem Drugstore entfernt, als ein hoch gewachsener vierschrötiger Mann mit dunklem Haarschopf aus einer Seitengasse kam und geradewegs auf ihn zuhielt. Sein Aussehen war ungewöhnlich und mehr noch sein Benehmen. Als er vor ihm stand, begann der Mann zu sprechen. Er gestikulierte hektisch mit den Händen, wobei ihm das lange Haar ins Gesicht fiel.
„Ich nehme meine Gitarre und gehe nach Memphis“, verkündete er.
Jack spürte Sympathie für den Burschen. Er schien einen Lebenstraum zu haben, trotz seiner offensichtlichen Behinderung.
„Hört sich gut an. Machen Sie das“, sagte er und wollte weitergehen. Zu seinem Ärger kam der Mann ihm nach.
„Ich kann singen“, erklärte er. „Richtig gut kann ich singen. Ich singe immer für meine Momma.“
Plötzlich packte er ein Büschel seiner langen schwarzen Haare und riss daran. Das muss doch wehtun, dachte Jack. Der Mann war gewalttätig gegen sich selbst.
„He, Junge“, sagte er. „Immer locker bleiben.“
Der Mann seufzte. „Ich kann meine Momma nicht finden. Ist das hier nicht Memphis? Ich muss meine Momma finden.“
„Nein, Junge, hier ist nicht Memphis. Wir sind in Montana, in Braden. Ist auch eine hübsche Gegend, finden Sie nicht?“
Der Mann hob den Kopf. Noch immer hingen ihm die Haare wie ein Schleier über den Augen, und Jack konnte sein Gesicht nicht deutlich erkennen.
„Sehen Sie den Laden da drüben?“ begann der Mann nun. „Da kann man Gitarren kaufen. Ich hole mir eine, und dann gehe ich nach Memphis.“
Jack war klar, jede Fortsetzung des Gesprächs würde aus Wiederholungen bestehen, und er versuchte sich loszueisen.
„Ja, machen Sie das. Und viel Glück.“
Er ging weiter. Der Mann blieb stehen und redete unentwegt.
„Ich kann singen! Richtig gut kann ich singen. Ich singe immer für meine Momma. Sie mag es, wenn ich singe.“
Unter dem Geläute der Türglocke betrat Jack den Drugstore. Die Frau hinter dem Ladentisch warf ihm einen prüfenden Blick zu. Das tat fast jeder hier bei der ersten Begegnung. Die Leute waren nicht unfreundlich, nur vorsichtig, wie in Kleinstädten üblich.
„Tag“, sagte die Frau. „Ich sehe, Sie haben John kennen gelernt.“
Jack warf einen Blick aus dem Schaufenster und sah, wie der schwarzhaarige Mann in eine Nebenstraße schlurfte.
„Heißt er so?“
„Ja, das ist John Running Horse.“
„Indianer?“ fragte Jack. „Ist mir gar nicht aufgefallen.“
„Das Reservat der Blackfeet liegt nicht weit von hier. Aber er wandert die ganze Zeit hier in der Gegend rum.“
„Er sagte, er würde seine Mutter suchen.“
Die Frau
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