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Eiskalte Versuche

Eiskalte Versuche

Titel: Eiskalte Versuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: McCall Dinah
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war.
    Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren. Er lächelte. Nicht nur Vaclav Waller wusste, wie man sein Ableben vortäuschte. Rostow liebte sein Land, aber er wurde langsam alt, und er war kein Dummkopf. Er hatte Russland viele Jahre gedient und dafür nur wenige Gegenleistungen erhalten. Sein Ruhegehalt war erbärmlich, und das Zimmer, in dem er hauste, war kaum besser als der Gärtnerschuppen hier. In Brighton Beach hatte er gesehen, welche Möglichkeiten sich einem Mann mit seinen Fähigkeiten boten. Es würde leicht sein, unter anderem Namen neu anzufangen. Dafür brauchte er nur die notwendigen Mittel. Das Tagebuch ließ sich nutzen. Vielleicht fand er Einzelheiten, die sich für eine Erpressung eigneten. Er würde nicht maßlos sein. Eine kleine Wohnung in Brighton Beach, weiter musste das Geld nicht reichen. Es kostete ihn nur einen Anruf.
    Rostow lächelte noch immer, als er die näher kommenden Schritte hörte. Er legte sich wieder in der Haltung eines Kranken auf das Bett zurück und schloss die Augen. Dann klopfte es, und David Schultz trat ein.
    Isabella verschlief das Mittagessen. Anschließend ging sie ins Büro und erledigte die liegen gebliebene Buchhaltung, was ihr neugierige Blicke ersparte. Die Schwellung an der Lippe war zurückgegangen, aber da war noch die Platzwunde und auch die Prellung, die sich langsam dunkler färbte. Bobby Joe hatte ganze Arbeit geleistet. Die Panik, die sie bei der Erkenntnis überfallen hatte, die Situation nicht mehr im Griff zu haben, würde sie noch lange in Erinnerung behalten. Sie unterbrach ihre Arbeit am Computer und ließ die Finger auf der Tastatur ruhen. Beinahe im selben Moment erschien Jack Dolans zornrotes Gesicht vor ihrem inneren Auge. Er war scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht, wie ein rächender Engel. Ohne ihn hätte dieser Tag sicher einen völlig anderen Verlauf genommen.
    Isabella verzog ärgerlich das Gesicht. Musste eine Frau durch diese Hölle gehen, wenn sie mit einem Mal allein in der Welt dastand? Vor dem Tod ihres Vaters war das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit selbstverständlich für sie gewesen. Der heutige Vorfall hatte diese ruhige Gewissheit zerstört. Mutlos stützte sie die Ellenbogen auf die Tischkante und schlug die Hände vor das Gesicht.
    „Oh, Daddy. Warum musstest du sterben? Ich war nicht darauf vorbereitet, dich loszulassen.“
    Die Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, aber sie sprach sie aus. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie schob die Tastatur zur Seite, stand jäh von ihrem Stuhl auf und ging zu der Fensterfront, die auf das Vordergrundstück wies. Auf dem Parkplatz standen mehrere Autos, die sie noch nie gesehen hatte. Wahrscheinlich gehörten sie Paaren, die vorhatten, sich in der Klinik ihres Vaters behandeln zu lassen. Aber es war nicht mehr die Klinik ihres Vaters.
    Ein Gefühl grenzenloser Einsamkeit überwältigte sie, und sie schlang schützend die Arme um ihren Oberkörper. Sicher, diese Paare sehnten sich nach einem eigenen Kind. Sie wollte ihnen dieses Recht nicht absprechen und auch die Leidenschaft nicht tadeln, mit der sie nach der Verwirklichung dieses Wunsches strebten. Aber sie fragte sich, ob diese Menschen wussten, mit wie viel Glück sie gesegnet waren. Zumindest hatten sie einander. Sie hatte niemanden. Isabella wusste, es war albern, aber ihr Herz sehnte sich nach einer Nähe, die sie nie gekannt hatte.
    Brighton Beach, Police Department, am selben Tag
    Detective Mike Butolis gebrochener Zeh tat nicht mehr weh, aber seine Laune hatte sich nicht gebessert. Auch wenn der Kerl, der in dem Häuserdurchgang hinter
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ermordet aufgefunden worden war, mittlerweile einen Namen hatte. Auf den Täter gab es noch immer keinen Hinweis. Ein Polizeispitzel behauptete, in Brighton Beach flüstere man, dass der Mord mit der Russenmafia und der Vergangenheit des Toten zu tun habe. Was nicht auszuschließen war, vor allem, nachdem Interpol die Analyseergebnisse der Fingerabdrücke geschickt hatte. Mit dem Nachweis, dass diese Fingerabdrücke einem russischen Arzt gehörten, der angeblich Ende der Siebziger gestorben war, wurde die Geschichte wirklich kompliziert. Die Autopsie hatte einen weiteren merkwürdigen, aber wichtigen Befund ergeben. Wie vermutet, war der Messerstich tödlich gewesen, aber der alte Mann hatte ohnehin keine lange Lebenserwartung mehr gehabt. Er litt an Magenkrebs in fortgeschrittenem Stadium. In seinem Körper waren Spuren einer Substanz gefunden worden,

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