Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiskalter Wahnsinn

Eiskalter Wahnsinn

Titel: Eiskalter Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
Vom Netzwerk:
das grelle Licht und durch die feuchte Scheibe zu erkennen.
    Er holte etwas aus dem Kofferraum. Eine Tasche. Kleidung zum Wechseln? Vielleicht hatte er ihr ein Abschiedsgeschenk gekauft? Bei dem Gedanken musste sie wieder lächeln. Doch als er näher kam, merkte sie, dass der Gegenstand lang und schmal war. Etwas, das er an einem Griff tragen konnte … eine Reisetasche vielleicht?
    Er hatte ihren Wagen fast erreicht, als sie in einem Blitz das Glänzen von Metall sah. Jetzt erkannte sie auch den Kettenmechanismus um die Schneide und die herabbaumelnde Leine des Anlassers. Sie musste sich irren. Vielleicht war das ein Witz. Ja, ein Witz. Warum sollte er eine Kettensäge mitbringen?
    Dann sah sie sein Gesicht.
    Im Wolkenbruch erhellt vom grellen Blitzlicht wirkte es finster und entschlossen. Er starrte sie unter dem Rand des Hutes hinweg an, die Miene zornig, der Blick durchdringend, wie sie es noch nie gesehen hatte. Durch den Regen und die trennende Seitenscheibe starrte er ihr in die Augen. Hier war etwas auf entsetzliche Weise nicht in Ordnung. Er sah aus wie ein Besessener.
    Joan fürchtete, den Verstand zu verlieren vor Panik. Er stand an ihrer Autotür und starrte zu ihr hinein. Ein Donnerschlag über ihr erschreckte sie so, dass sie zusammenzuckte, ließ sie aber auch schlagartig aktiv werden, wie durch einen kleinen Stromschlag animiert. Fieberhaft tastete sie in der Dunkelheit nach Knöpfen, suchte, fühlte, drückte. Ihr Herzschlag pochte ihr in den Ohren, oder war das ein weiteres Donnergrollen? Verzweifelt probierte sie mehrere Knöpfe aus. Ein Surren, und die Fensterscheibe glitt hinab. Falscher Knopf. Verdammtes Mietauto! Sie probierte weiter.
    Oh mein Gott! Zu spät!
    Er riss die Wagentür auf. Dem klingelnden Warnton folgte das laute Trommeln der Regentropfen. Der ärgerliche Warnton teilte ihr mit, dass der Schlüssel noch im Zündschloss steckte, und bestätigte ihr zugleich, dass es zu spät war.
    „Guten Abend, Joan“, sagte er mit seiner sanften Stimme, die in Verbindung mit der finsteren Miene jedoch nur seinen Wahn unterstrich. In dem Moment wusste Joan Begley, dass niemand sie mehr jammern und klagen und niemand ihren letzten Schrei hören würde.

2. KAPITEL
    Montag, 15. September,
    Wallingford, Connecticut
    Luc Racine tat, als wäre es ein Spiel. So hatte es vor einigen Monaten angefangen, als albernes Ratespiel mit sich selbst. Außer dass er jetzt in Socken am Ende seiner Zufahrt stand und auf die in Plastik eingehüllte Zeitung am Boden blickte, als wäre sie eine Rohrbombe, dort abgelegt, ihn zu täuschen.
    Er drehte sich einmal im Kreis, um zu sehen, ob seine Nachbarn ihn beobachteten. Was für keinen von ihnen eine leichte Aufgabe gewesen wäre. Vom Ende seiner Straße hier oben konnte Luc kaum ihre Häuser erkennen, geschweige denn ihre Fenster, die hinter dichtem Blattwerk verborgen waren. Die Strahlen der über dem Bergkamm aufgehenden Sonne konnten das dichte Blätterdach der alten Eichen- und Walnussbäume am Whippoorwill Drive nicht durchdringen. Es war unmöglich, oberhalb oder unterhalb seines Hauses etwas auf der Straße zu erkennen. Die Autos blieben nur für Sekunden sichtbar, ehe sie wieder verschwanden.
    Die Straße schlängelte sich – zu beiden Seiten von Bäumen und Kletterpflanzen gesäumt, die manchmal sogar oben zusammenwuchsen –, sodass man nie mehr als zwanzig, dreißig Meter überblicken konnte. Wer sie befuhr, fühlte sich wie auf einer schlingernden Achterbahn. Sie führte steil bergan, um dann plötzlich in Windungen von neunzig Grad hinabzuführen, was einem drei, vier Sekunden Heiterkeit bescherte, während einem der Magen in die Kehle geschoben wurde und der Fuß über der Bremse verharrte. Die schöne Umgebung und die dramatische Abfahrt nahmen einem buchstäblich den Atem. Das gehörte zu den Dingen, die Luc Racine an dieser Gegend liebte, und er sagte es jedem, der es hören wollte. Ja, hier im Herzen von Connecticut hatten sie alles: Berge, Wasser, Wald, und der Ozean war nur Minuten entfernt.
    Seine Tochter neckte ihn häufig, er könne verdammte Reklame für die Tourismusbehörde machen. Worauf er gewöhnlich antwortete: „Ich habe dich nicht dazu erzogen, zu fluchen wie ein Seemann. Du bist nicht zu groß, dass ich dir nicht immer noch den Mund mit Seife auswaschen könnte.“
    Lächelnd dachte er an sein kleines Mädchen. Sie hatte wirklich eine große Klappe, besonders jetzt als erfolgreicher Detective in … verflixt! Warum konnte er sich

Weitere Kostenlose Bücher