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Eiskaltes Herz

Eiskaltes Herz

Titel: Eiskaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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wenn die wiederkommen?«
    Leander lächelte das erste Mal seit Ewigkeiten wieder und wie ein Geist blitzte der frühere, sorglose und witzige Leander durch. »Ich habe vorhin noch Hendriks Bruder angerufen. Unseren Bandmanager.« Er grinste schief. »So nennt er sich jedenfalls. Der hat ein Auto, das borgt er mir. Ich kann irgendwohin fahren und vielleicht kann ich sogar in dem Ding pennen. Und wenn er doch nicht auftaucht, dann bleibe ich einfach hier, in Kimmys Baumhaus, bis du wiederkommst«, sagte er. Seine Hand glitt sanft über meinen Arm. »Es ist warm und gemütlich und voller schöner Erinnerungen.«
    Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust. Sein Herz klopfte wie wild und ich spürte die warme Haut an seinem Hals. Ich weiß nicht, ob er sich absichtlich drehte oder ob es Zufall war, aber auf einmal befanden sich meine Lippen an seinem Kinn.
    »Lena«, flüsterte er.
    Ich küsste ganz sachte seine Oberlippe, um nicht an die Schwellung zu kommen, doch er presste mich plötzlich an sich, wir fielen auf die Kissen am Boden, meine Wange war im Nu nass von Tränen und Küssen, Leander schob mein T-Shirt hoch, ich riss seinHemd auf, während sich die Gedanken in meinem Kopf überschlugen, ob das richtig war, was wir hier machten. Aber irgendwann hörte ich auf zu denken und klammerte mich nur noch an ihn, in der Hoffnung, dass der Schmerz in mir endlich aufhörte.
    Später stand ich auf, zog mich an, küsste ihn sacht auf die verschwitzten Haare und rief meine Mutter an, damit sie mich im Auto abholte. Vanessas Handy nahm ich mit.

23
Juni
    Ich befinde mich wieder in dem Auto, diesmal darf ich vorn sitzen. Eine Beförderung, sozusagen. Der Albino wollte mir die Hände fesseln, aber Skarabäus hat ihn gefragt, ob er noch ganz richtig tickt. Daraufhin hat der Albino gekuscht, auch wenn ihm anzusehen war, dass es ihm nicht passte. Wenn mich nicht alles täuscht, hätte es ihm einfach nur Spaß gemacht, meine Hände zu fesseln. Ich bin froh, dass er nicht mitkommt. Er und Wollmütze bleiben bei Leander. Beim Rausgehen konnte ich einen Blick auf das Haus gegenüber erhaschen. Hagedornstraße 13. Ich versuche, es mir zu merken, auch wenn ich nicht sicher bin, ob ich diese Information je verwenden kann …
    Der Skarabäus steckt sich eine Zigarette an und verqualmt das ganze Auto. Ich würde liebend gern das Fenster öffnen, aber als ich es versuche, geht es nicht.
    Er grinst nur.
    Wir fahren und schweigen, es gibt nichts zu sagen. Ich frage mich, ob er Max ist. Garantiert. Er ist M . Ob er der Anführer ist? Nennt man das so? Der Oberdrugdealer?
    Dann sage ich doch etwas. » Scratch «, sage ich. »Das war von dir, stimmt's?«
    Er grinst wieder. »Hat es dir nicht gefallen? Manche Leute sind ganz verrückt danach.«
    »Nein«, antworte ich. »Es war widerlich.« Ich hatte also recht. »Wieso mir?«, frage ich, obwohl ich die Antwort natürlich kenne. Aber ich will, dass er mit mir redet. Wer redet, gibt Schwächen preis, und vielleicht kann ich ja doch noch hier weg. Denn wenn er erst mal das Handy hat …
    »Kleiner Tipp«, sagt er. »Nicht so viel quatschen. Einfach mal Schnauze halten.« Er blinkt und biegt ab. Wir sind auf einer Hauptstraße, neben uns hält die Straßenbahn. Ein paar Leute gucken gelangweilt aus den Fenstern auf uns hinunter. Der Skarabäus wird nervös, ich merke es. Es sind ihm zu viele Leute hier. Soll ich schreien? Das Steuer herumreißen? Auf ihn einschlagen?
    »Keinen Scheiß, verstanden«, sagt er, als hätte er meine Gedanken gelesen, aber die sind wahrscheinlich nicht sonderlich schwer zu erraten. Er tippt auf seine Brusttasche, in der sein Handy steckt. »Denk an deinen Freund. Beim nächsten Mal gehen wir nicht so vorsichtig mit seiner schönen Visage um.«
    Die Straßenbahn quietscht und kommt behäbig in Gang, während ich Hysterie in mir aufsteigen fühle. Was mache ich hier? In was für einen Scheiß bin ich da eigentlich hineingeraten? Wie konnte Vanessa nur mit diesem Typen …
    »Vanessa …«, setzte ich erneut an.
    »Schnauze, Mann!« Er bremst so scharf an der Ampel, dass ich beinahe mit dem Kopf gegen das Fenster knalle. Draußen droht ihm ein älterer Mann wütend mit dem Stock.
    Der Skarabäus schnaubt amüsiert. Und überraschenderweise antwortet er doch noch. »Es war ein Unfall.«
    Ich denke kurz nach. Das kann nicht sein. Wenn es ein Unfall war, wieso wollten sie mir das Ganze dann anhängen?
    Wir halten vor meiner Schule an.

24
Mai/Juni
    Im Auto hatte ich noch überlegt,

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