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Eisprinzessin

Eisprinzessin

Titel: Eisprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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schon, dass er nach ihr gesucht hat.«
    »Wie lange sind Sie jetzt mit Herrn Helmer liiert?«
    Sie lachte. »Liiert klingt schrecklich altmodisch, finden Sie nicht?«
    »Stimmt.«
    »Wir sind jetzt sechs Jahre zusammen. Seit zehn Jahren bin ich von meinem Mann geschieden. Er besitzt mehrere Steinbrüche hier in der Gegend. In einem davon ist vor einigen Jahren ein Archaeopteryx gefunden worden, also eine Versteinerung, unversehrt. Eine von neun oder zehn, die es überhaupt nur auf der Welt gibt. Eine echte Sensation.«
    Sie hörten einen Wagen in der Einfahrt, Türenschlagen.
    »Die Jäger kommen nach Hause«, sagte Frau Schattauer.
    »Bekommen Sie jetzt Arbeit?«
    »Mit dem Wild?«, fragte sie. »Nein, das Häuten, Zerteilen und so weiter übernimmt ein Mann im Dorf. Ich könnte das nicht. Ich bin schon seit zwanzig Jahren Vegetarierin.«
    Meißner beobachtete vom Küchenfenster aus, wie Helmer seine schmutzigen Stiefel aus dem Geländewagen nahm und in den Schuppen stellte. Ein braun-weiß gescheckter Jagdhund sprang um ihn herum. Dann kam er ins Haupthaus, zog seine Schuhe aus und wusch sich in der Toilette die Hände. Er umarmte Irmgard Schattauer und gab Meißner die Hand. Der wartete, bis Helmer einen ersten Schluck Kaffee getrunken hatte.
    »Wussten Sie, dass Ihre Frau Sie damals betrogen hat?«, fragte er ihn.
    Helmer nickte. »Ja, das wusste ich schon länger. Zuerst war es nur ein Verdacht. Später habe ich einen Detektiv engagiert, dann wurde aus dem Verdacht eine Gewissheit. Aber ich hab’s nicht ändern können.«
    »Wie bei meinem Mann«, sagte Irmgard Schattauer. »Wir sind beide Verlassene.«
    »Kannten Sie den Geliebten Ihrer Frau?«
    »Ich wusste, wer er war. Ein Künstler. Musiker. Ein magerer Habenichts. Ich hab immer gehofft, dass sie sich noch besinnt. Bis zum Schluss hab ich die Hoffnung gehabt, dass sie aufwacht und merkt, was sie alles aufs Spiel setzt. Aber eines Tages war sie weg.«
    Helmer stand auf und sah auf den Hof hinaus. Er ließ seinen Hund ins Haus und wischte ihm mit einem Lappen die Pfoten ab. Der Hund beschnupperte Meißners Hosenbeine und legte den Kopf auf seine Knie.
    »Tristan, wo ist dein Platz?«, schimpfte Helmer, aber Meißner war schon dabei, sein samtweiches Fell zu streicheln.
    »Und Sie haben nie wieder etwas von ihr gehört?«
    »Ich habe den Detektiv noch ein zweites Mal auf sie angesetzt, aber er hat keine Spur mehr gefunden. Ich dachte, sie wäre dem Mann, diesem Georgier, in seine Heimat gefolgt. Nach Georgien habe ich den Detektiv natürlich nicht geschickt.«
    »Ein Georgier? Hatte er etwas mit dem Georgischen Kammerorchester in Ingolstadt zu tun?«
    Helmer nickte.
    »Wissen Sie seinen Namen noch?«
    »Er hat so einen Frauennamen gehabt. Valery, glaube ich.«
    »Und der Nachname?«
    »Den weiß ich nicht mehr.«
    »Und was für ein Instrument hat er gespielt?«
    »Geige, glaube ich. Ich hab gedacht, sie ist mit ihm nach Georgien gegangen, und dabei war sie vielleicht die ganze Zeit hier bei uns.«
    »Haben Sie eine Erklärung dafür, was damals passiert ist? Wie sie in das Kühlhaus gekommen sein könnte?«
    »Vielleicht hat der Georgier was damit zu tun gehabt, vielleicht haben sie sich gestritten?«
    »Ihre Frau hatte einen Schlüssel zum Kühlhaus?«
    Helmer nickte. »Sie war ja Miteigentümerin.«
    »Und dieser Schlüssel war weg, als auch Ihre Frau verschwand?«
    »Das weiß ich nicht mehr. Da hab ich mich nicht drum gekümmert, ich hatte andere Sorgen. Charlotte war damals zehn Jahre alt, Andi siebzehn, fast achtzehn.«
    »Wie haben es die Kinder aufgenommen, dass die Mutter weg war ohne Erklärung, ohne Nachricht?«
    Frau Schattauer machte Feuer im Kamin. Tristan folgte ihr und beschnüffelte jedes einzelne Holzscheit.
    »Wir wussten damals ja noch nicht, dass sie sich nie mehr melden würde. Ich dachte, wenigstens zu den Kindern würde sie den Kontakt aufrechterhalten. Und dass dann irgendwann ein Brief vom Scheidungsanwalt käme. Aber nichts passierte. Andi zog sich total in sich selbst zurück. Fast hätte er das Gymnasium geschmissen. Ich hab ihn dann in ein Internat gegeben.«
    »Und Charlotte?«
    »Charlotte hat ein paar von ihren Träumen begraben.«
    »Zum Beispiel den, Eisprinzessin zu werden.«
    »Eva Maria ist immer mit ihr auf den Eisplatz gegangen. Sie hat beim Training hinter der Bande gesessen und jeden kleinen Erfolg mit ihr gefeiert. Sie hat Charlotte gefördert und getröstet, wenn sie gestürzt ist und sich wehgetan hat. Ich glaube,

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