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Eisprinzessin

Eisprinzessin

Titel: Eisprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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Kissen, das ihm die Pflegedienstleiterin mitgegeben hatte, auf eine Bank und setzte sich.
    »Was ist denn damals passiert?«, fragte er und vergrub die Hände in den Jackentaschen.
    »Sie ist einfach fortgegangen«, sagte die alte Dame.
    »Wann war das genau?«
    »Im Oktober, den Tag weiß ich nicht mehr. Ist sie jetzt wieder da?«
    »Erzählen Sie mir, woran Sie sich noch erinnern von damals, und danach werde ich Ihnen sagen, was ich weiß, einverstanden?«
    »Es ist schon früh dunkel geworden an dem Tag. Ich war in der Küche und hab das Abendessen zubereitet. Als Nachspeise sollte es Bratäpfel geben, das weiß ich noch. Ich hab die Äpfel ausgestochen und mit Nüssen und Rosinen gefüllt, bei einigen habe ich die Rosinen auch weggelassen. Ich weiß jetzt nicht mehr, welches von den beiden Kindern keine Rosinen mochte. Frau Helmer war auch im Haus. Sie hat telefoniert und wollte dann noch mal weg. Ich hab gefragt, ob sie zum Abendessen wiederkommt, aber sie hat gesagt, wir sollen ohne sie anfangen, sie kommt später. Sie ist aber nicht mehr gekommen.«
    Sie erzählt, als wär es gestern passiert und nicht vor siebzehn Jahren, dachte Meißner.
    »Wer hat dann mit Ihnen zu Abend gegessen?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wer war außer Ihnen noch im Haus?«
    »Ach so. Nur Charlotte, glaube ich. Das Mädel hat auch kaum etwas gegessen. Die übrig gebliebenen Bratäpfel hab ich am nächsten Tag draußen ins Vogelhäuschen gelegt. Die Amseln und Spatzen haben sich auf sie gestürzt.«
    »Herr Helmer war also nicht beim Abendessen dabei?«
    »Nein, der ist normalerweise erst spät aus der Firma gekommen. Der hat immer viel gearbeitet.«
    »Und Andi?«
    »Das weiß ich nicht mehr, wo der war und wann der gekommen ist. Der Bub war damals schon fast achtzehn, der war nicht mehr den ganzen Nachmittag zu Hause und hat sich auch nicht jedes Mal bei mir abgemeldet, wenn er weggegangen ist.«
    »Ist Ihnen kalt?«, fragte Meißner.
    Frau Thalmeier schüttelte den Kopf. »Die haben mich eingepackt wie für eine Expedition. Ich hab der Charlotte noch Gute Nacht gesagt und bin dann in mein Zimmer gegangen. Ich hab ja ein eigenes Apartment im Haus gehabt, mit eigenem Badezimmer.«
    »Und am nächsten Tag?«
    »Am nächsten Tag war Frau Helmer immer noch nicht da. Wir haben nicht gewusst, was los ist. Charlotte hat geweint. Herr Helmer hat gesagt, er würde sie suchen lassen. Und dass sie vermutlich mit einem anderen Mann weg ist.«
    »Haben Sie von einer anderen Beziehung etwas bemerkt?«
    »Nein. Frau Helmer war ja insgesamt sehr selbstständig. Sie hat ihren Beruf gehabt, ihr eigenes Auto, ist morgens in die Firma gefahren und war überhaupt viel unterwegs. Und ich war ja die Haushälterin, nicht ihre Freundin. Sie hat mir nicht erzählt, wohin sie geht. Nur wenn Charlotte auf dem Eisplatz Training gehabt hat, konnte man sicher sein, dass sie auch dort war. Sie hat immer eine Decke und eine Thermoskanne Tee im Auto gehabt, damit sie nicht friert, während sie auf der Bank sitzt. Sie hat es immer so eingerichtet, dass sie beim Training dabei sein konnte.«
    »Wie war denn die Ehe der Helmers? Gab es oft Streit?«
    »Nein, jedenfalls nicht so, dass ich es mitbekommen habe. Er war halt ein Stück älter als sie und immer in der Firma. Andauernd ist irgendwo etwas modernisiert oder umgebaut worden. Herr Helmer war überall, hat sich um alles gekümmert und ausgeholfen. Wenn’s nötig war, hat er sogar eigenhändig den Gabelstapler gefahren und beim Lkw-Entladen geholfen. Von Streitereien weiß ich nichts.«
    »Und als seine Frau weg war?«
    »Hat er noch mehr gearbeitet und ist immer stiller geworden, genau wie die Kinder. Charlotte hat mit dem Eislaufen aufgehört. Alle haben wir auf sie eingeredet, ihr Trainer ist sogar ins Haus gekommen und hat mit ihrem Vater gesprochen, aber genutzt hat es nichts. Sie wollte einfach nicht mehr. Der Andi hat ganz anders reagiert. Er hat über die Stränge geschlagen. Hat getrunken, ist abends immer fort gewesen und wär beinahe von der Schule geflogen, wenn sein Vater ihn nicht ins Internat gebracht hätte. Als er dann im Internat war, waren Charlotte und ich allein. Ich bin so lange im Haus geblieben, bis auch sie ins Internat gewechselt ist.«
    »Und später hat Herr Helmer dann erzählt, dass seine Frau an Krebs gestorben ist.«
    »Weil die Leute geredet haben, wie’s halt so ist. Das hat dann aber irgendwann aufgehört.«
    »Hätten Sie Frau Helmer zugetraut, dass sie weggeht und sich nie mehr

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