Eisprinzessin
eingeladen.«
»So depressiv kann ich gar nicht sein, dass ich mich mit zwanzig Schwulen auf Ibiza zu einer Weihnachtsparty treffe.«
»Es kommt auch der ein oder andere Hetero. Na ja, mindestens einer oder zwei.«
»Vergiss es, Elmar. Schau dich lieber noch ein bisschen gründlicher um und friss nicht so viele Tapas auf meine Kosten, hast du verstanden?«
»Jemand möchte dich sprechen.« Marlu steckte den Kopf in Meißners Büro.
»Wer?«
»Moritz Eberl. Er sagt, er möchte eine Aussage machen, allerdings nur bei dir.«
»Hat er vor unserem fränkischen Bulldozer etwa Angst?«
Marlu schnitt eine Grimasse. »Und da erzähl mir noch mal einer was von Zickenkrieg. Der Bericht der KTU zum Maschinenpark der Donau-Kühlung ist übrigens da. Schau mal.«
Während sie die Unterlagen gemeinsam durchgingen, stand Marlu nur einen Schritt hinter ihm und kraulte ihm den Nacken.
»Und?«, fragte sie.
»Weitermachen«, sagte Meißner.
»Ich meine eigentlich den KTU -Bericht.«
»Wenn ich jetzt Brunner wär, würd ich bestimmt ›Bingo!‹ sagen und mir selbst auf die Schultern klopfen.«
»Zeig mal den Abgleich mit den Spuren, die Kern in der Wunde der Toten gefunden hat.«
Schon optisch schienen die Lackspuren identisch mit dem Lack der beiden Still-Stapler zu sein. Die chemische Analyse bestätigte die Vermutung.
»Na, also«, sagte Marlu. »Da geht doch was voran.«
Meißner griff zum Telefonhörer.
»Soll ich dich dann in Neuburg anmelden?«
»Ja, bitte. Und, Marlu?«
»Was?«
»Kannst du mir noch ein bisschen die Schultern massieren, während ich Kern anrufe?«
»Später«, versprach sie.
Er erreichte den Rechtsmediziner beim zweiten Versuch. »Ich hab die Tatwaffe gefunden, Herr Doktor, wie angekündigt.«
»Brav, Meißner. Gibt’s Infos dazu?«
»Müssten gerade auf deinem Rechner eintrudeln.«
»Ah, da kommt was. Ja, da schau her! Ein netter kleiner Gabelstapler, und so schön gelb ist der mal gewesen. Sonnengelb, würd ich sagen.«
»Schau dir mal deine Zaunlatte mit dem stumpfen Spitz in der Mitte an.«
»Sakra, die zwei Zinken.«
»Genau. Die Gabel war’s also«, sagte Meißner. »Klingt fast nach einem Titel für einen Krimi: Die Gabel war’s.«
»Passen würd’s. Weil die Gabel ja auch quasi das Werkzeug zum Verzehr der Dampfnudeln, Grießnockerln, des Millirahmstrudels und des Hirschgulaschs ist. Die Bayern-Krimis haben doch jetzt grad alle solche Titel.«
»Sag bloß, du liest so was auch?«
»Na, ich nicht, ich hab ja auch gar keine Zeit dafür, aber meine Frau. Wenn ich nur mal wieder Urlaub hätt …«
»Denkst du auch, was ich denke?«
»Dass die Frau während eines Gerangels gestürzt, nach hinten gefallen und mit dem Kopf auf die Gabel geschlagen ist, die dann ihren dens axis getroffen hat? Ja, das glaube ich durchaus.«
»Gut, den Rest haben wir ja schon ausführlich besprochen. Ich merke mir nämlich alles, was du mir erzählst. Könnt ja für was gut sein. Dann bis zum nächsten Mal, Kern. Und bitte, erinnere mich jetzt nicht noch mal ans Fernsehen heute Abend.«
»Dann halt nicht. Pfüat di, Meißner. Wer weiß schon, ob du überhaupt mal wieder im Bayerischen Fernsehen zu sehen sein wirst. Bist ja bloß der Bulle von Ingolstadt und nicht der von Tölz. Und die Statur vom Ottfried Fischer hast a ned.«
»Gott sei Dank«, sagte Meißner.
Das Kopfsteinpflaster in der Neuburger Altstadt war ausgewaschen und rutschig, zumindest wenn man auf Ledersohlen unterwegs war. Meißner überlegte, ob noch Zeit für ein Stück Ottheinrichtorte war, und hoffte auf das Glück des Tüchtigen.
Er wartete im Besprechungszimmer auf Eberl. Gefängnisse sind ein bisschen wie Friedhöfe, dachte Meißner. Einerseits gehören sie zur Gesellschaft, andererseits auch wieder nicht. Innerhalb der Stadt und doch ausgesperrt vom alltäglichen Leben. Unter den Menschen und doch nicht bei ihnen.
Eberl war blass, aber er sah wieder normaler, gepflegter aus als auf der Fahrt nach München. Noch immer waren seine Bewegungen fahrig, und er rieb sich pausenlos die Hände, aber insgesamt wirkte er weniger verwirrt.
»Wer ist die Tote in München? Sie wissen doch jetzt, dass es nicht Charlotte ist, oder?«, fragte er.
Meißner nickte. »Ja, das wissen wir.«
»Wer ist es dann?«
»Sie sieht Charlotte ähnlich, finden Sie nicht?«
Eberl schüttelte energisch den Kopf. »Nein.«
»Es ist Charlottes Mutter.«
»Das ist doch Quatsch«, sagte Eberl. »Ihre Mutter ist gestorben, als Charlotte noch
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