Eisprinzessin
Helmer?«, fragte Brunner.
»No ja«, sagte der Georgier.
»Was heißt das? Kannten Sie sie? Ja oder nein?«
»Ja«, räumte Senaia nach kurzem Zögern ein.
»Wie gut?«
Er wollte wieder »No ja« sagen, aber beim Anblick von Brunners grimmiger Miene entschied er sich anders.
»Gut«, sagte er.
»Hatten Sie eine Affäre mit ihr?«
Senaia sah alle Anwesenden verschwörerisch an, als würde er sie gleich zu Mitwissern aller galanten Abenteuer seiner frühen Mannesjahre machen. »Ja«, sagte er dann überraschend eindeutig.
»Wann haben Sie Frau Helmer zuletzt gesehen?«
»Oh, da muss ich nachdenken. Das ist lange her.« Er rechnete zurück. »Mein Vertrag in Ingolstadt lief Ostern 1996 aus, dann muss das letzte Treffen im Dezember 1995 gewesen sein, ein oder zwei Tage vor Nikolaus.«
»Das wissen Sie heute noch so genau?«
»Am sechsten Dezember hatten wir ein großes Konzert im Festsaal, deshalb ist mir das im Gedächtnis geblieben«, erklärte Senaia.
»Wo haben Sie sich damals getroffen?«
»Daran kann ich mich nicht mehr so genau erinnern. Wir sind oft mit dem Auto herumgefahren. Eva Maria wollte sich mit mir nicht in der Stadt treffen, wo alle sie kannten. Wir sind in die Nachbarstädte gefahren, nach Eichstätt, Neuburg, Pfaffenhofen oder nach Schrobenhausen. Dort gab es so ein nettes Café, in dem wir oft gesessen sind und uns unterhalten haben.«
»Und das ein oder andere Hotel wird auch mal dabei gewesen sein, wo Sie noch andere Sachen gemacht haben, als sich nur zu unterhalten, stimmt’s?«
»Natürlich«, sagte Senaia.
»Sie wussten, dass Frau Helmer verheiratet war?«
Er zuckte die Achseln.
»Und Sie selbst?«
»Ich kannte meine jetzige Frau bereits, aber ich war noch nicht gebunden.«
»Und als Sie Frau Helmer zuletzt gesehen haben, war alles in Ordnung zwischen Ihnen? Kein Streit, keine Eifersucht? Keiner wollte mehr, als in Kaffeehäusern zu sitzen und sich für einige Stunden in Hotels einzumieten?«
Senaia trank seinen kalten Tee und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
»Ist mit Eva Maria etwas passiert?«, fragte er. »Hören Sie, Sie werden meiner Frau doch nicht erzählen, was ich hier sage, oder? Sie ist, na, sie hat ein feuriges Temperament, wenn Sie verstehen.«
»Mich interessiert Ihre Frau kein bisschen«, sagte Brunner, ohne mit der Wimper zu zucken. »Warum haben Sie sich nach diesem letzten Mal nicht noch einmal mit Frau Helmer getroffen?«
»Eva Maria wollte, dass wir zusammen aus Ingolstadt fortgehen.«
»Aber Sie wollten das nicht?«
»Doch, ich wollte es auch, aber mein Vertrag lief bis Ostern. Sie sagte, sie kann die Lügen nicht mehr aushalten. Sie wollte weg, sich alles durch den Kopf gehen lassen, nachdenken und dann entscheiden.«
»Und da wollte sie nicht ihren Ehemann, sondern Sie dabeihaben?«
»So war es. Sie hatte ein bisschen Angst vor ihm. Sie war glücklich mit mir, aber sie hat trotzdem viel geweint. Wegen den Kindern.«
»Und dann?«
»Ich sollte ihr helfen fortzugehen. Nur einige Tage, vielleicht auch länger. Sie hatte schon ein paar Sachen zusammengepackt und in die Firma gebracht. Ich sollte sie dort abholen. Es war der vierte oder fünfte Dezember, abends, die Uhrzeit weiß ich nicht mehr.«
»Und?«
»Ich war da. Ich habe auf sie gewartet, aber sie ist nicht aufgetaucht.«
»Haben Sie auf dem Firmengelände gewartet?«
»Nein, das war schon abgeschlossen. Davor.«
»Sie waren mit dem Auto dort?«
»Ja, ich hatte damals einen VW Passat Kombi. Kein schönes Auto, aber ein gutes.«
»Haben Sie sie angerufen?«
»Sie meinen, mit einem Handy? So etwas hatte ich damals noch gar nicht.«
»Und was haben Sie dann gemacht?«
»Nachdem ich über eine Stunde gewartet habe, bin ich wieder gefahren. Ich dachte, es wäre etwas dazwischengekommen oder sie hätte es sich doch anders überlegt. Ich bin nach Hause, habe neben dem Telefon gewartet, aber sie hat nicht angerufen. Am nächsten Tag ist sie nicht in der Firma erschienen. Eine Kollegin von mir hat für mich dort angerufen und nach ihr gefragt. Sie haben gesagt, dass Frau Helmer krank ist. Ich habe sie nie wiedergesehen.«
Sie unterbrachen die Vernehmung. Der Zeuge hatte wohl zu viel Tee getrunken. Ein Beamter begleitete ihn zur Toilette.
»Wie geht’s jetzt weiter?«, fragte Marlu. »Der kann doch kein Wässerchen trüben.«
»Wir beenden jetzt mal die Teezeremonie«, sagte Meißner, »und fühlen dem Herrn Bratschisten ein bisschen intensiver auf den Zahn.«
Er
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