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Eistochter

Eistochter

Titel: Eistochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Rae Miller
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sehe, ergibt keinen Sinn. Wir haben bei unseren früheren Besuchen hier immer im selben Zimmer geschlafen, gut, nicht im selben Bett und beinahe nackt, aber dennoch … sie übertreibt.
    Ohne Vorwarnung schlägt Mrs. Channing mit den Fäusten auf Becks nackten Oberkörper ein. Ihre Schreie durchbrechen das verblüffte Schweigen der anderen. »Du wusstest es! Beck, du dummer, törichter Junge! Wie konntest du nur?«
    Mit einer Hand packt Beck die Fäuste seiner Mutter. »Mom, hör auf. Du musst dich beruhigen.«
    Eine Energiewelle strömt durch den Raum. Trotz des Durcheinanders vor mir habe ich Auftrieb.
    Bethina, die noch immer in der Tür steht, fängt sich. »Beck, hast du das freiwillig getan?«
    »Natürlich! Es musste sein, und das hier ist die einzige Möglichkeit.« Beck verschränkt die Arme vor der Brust und baut sich breitbeinig auf, als ob er allen sagen wollte, dass sie es nur wagen sollten, ihn herauszufordern.
    Mein Blick huscht immer schneller zwischen Bethina, Beck und Mrs. Channing hin und her. Es ist, als würde ich eine Szene beobachten, mit der ich nichts zu tun habe. Mein benebelter Verstand begreift nicht, was er sieht.
    Ein leiser Sprechgesang erfüllt den Flur. Eloise wiegt sich mit geschlossenen Augen neben Mr. Channing im Takt dazu. Sie wirken einen Zauber. Aber warum? Die Frage wiederholt sich in meinem Verstand, ärgert mich und zwingt mich, in die Gegenwart zurückzukehren.
    Ein Luftstoß. Ich kehre ruckartig in meinen Körper zurück.
    Mrs. Channing stürmt in die Arme ihres Mannes. »Malin hat sie dazu angestiftet. Um uns zu bestrafen! Wir hätten ihre Tochter niemals einlassen sollen. Niemals!«
    Ihre Emotionen fallen über mich her. Jedes Heben ihrer Stimme dringt tiefer in mich ein, jeder Schrei sorgt dafür, dass mir ein Schauer über den Rücken läuft. Es ist lästig.
    Ich kneife die Augen zusammen und konzentriere mich auf ihre zierliche Gestalt. Mrs. Channings Körper verkrampft sich, als meine Gedanken sich in sie bohren. »Wovon reden Sie da? Meine Mutter hat nichts getan.« Der zornige Unterton in meiner Stimme ist nicht zu überhören. »Nichts!«
    Bethina sieht Beck streng an. »Erklär es ihr, Beck.« Sie spricht in ruhigem Ton, aber mit Nachdruck. »Sag Lark, was du getan hast.«
    Beck zögert.
    Bethina ist nicht bereit, auf ihn zu warten; sie drängt sich an ihm vorbei und packt mich an der Schulter. »Wusstest du es?« Sie schüttelt mich so kräftig, dass mir der Kopf in den Nacken fliegt. Es ähnelt zu sehr dem, was Eamon am Tag des Kampfes getan hat.
    Das Kribbeln breitet sich meine Arme hinauf aus. Ich beiße die Zähne zusammen und presse die Lippen aufeinander. Ich werde mich weder von Bethina noch von sonst jemandem herumkommandieren lassen.
    »Sag es mir, Lark. Sag es mir sofort«, fordert sie.
    Ich versteife mich. Die winzigen Spinnen sammeln sich in meiner Mitte und drehen sich um sich selbst. Ich sehe Bethina mit gebleckten Zähnen an, und ein kehliger Laut entfährt meinen Lippen – ein Knurren.
    Ein Schatten huscht über Bethinas Gesicht, bevor sie sich erholt. »Das führt zu nichts, junge Lady.«
    Die Spinnen machen Halt. Ein Summen, das sich langsam aufbaut, tritt an ihre Stelle, und der Nebel legt sich wieder um mein Gehirn.
    Becks gebieterische Stimme unterbricht uns. »Hör auf, Bethina. Du tust ihr weh.«
    Zufrieden mit dem, was sie getan hat, lässt Bethina mich los und weicht einen Schritt zurück.
    Trotz meines benebelten Verstands sehe ich, wie Beck mit ausgestreckten, nach oben gewandten Händen auf mich zugeht. Sein Licht breitet sich durch mich aus, und ich komme ihm entgegen.
    Er berührt mich am Arm. »Lark?«
    Ich lächle ihn an. Sein Gesicht ist ruhig und heiter – kein Hauch von Besorgnis. Ich lecke mir die Lippen. Mein Mund bewegt sich, um ihm zu antworten. »Ja?«
    Beck streichelt mir mit dem Handrücken die Wange. »Als wir uns geküsst haben, hat das die Ummantelung gebrochen.«
    Trotz meiner Benommenheit tanzt die Erinnerung an unseren ersten echten Kuss durch mein Gedächtnis – nicht an das flüchtige Streifen unserer Lippen in der Schule, sondern an den süßen, leidenschaftlichen Kuss am Strand –, gefolgt von der, wie mein Herz sich aufgeschlossen hat. Ich wusste, was vorging, hätte aber nicht gedacht, dass Beck es auch bemerken würde.
    Verwirrt frage ich: »Du wusstest Bescheid?«
    Beck antwortete mir nicht, sondern sagt zu Bethina und den anderen: »Lark wusste nichts. Ich habe das getan. Ich habe die Ummantelung

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