Eistochter
das wusstest du doch schon, nicht wahr?«
Er stößt einen kleinen zustimmenden Laut aus und schubst mich dann flach auf den Rücken. Seine Augen starren in meine, und die Pünktchen darin sind genau spiegelbildlich angeordnet.
»Ich liebe dich, Lark.«
Mein Herz hämmert noch schneller. Mein Puls pocht in meinem Kopf. »Ich weiß.«
Er wendet den Blick nicht ab. »Ich weiß, was du sagen willst. Du kannst es. Sag es mir einfach.« Seine Atmung beschleunigt sich, während er auf meine Antwort wartet.
Ich bewege mich unter ihm. Meine Lippen bewegen sich, und ich begreife, dass es nichts mehr gibt, was mich davon abhält, ihm all die Dinge zu sagen, die ich ihm schon unter der Trauerweide mitteilen wollte. Die Ummantelung wirkt nicht mehr.
»Lark? Liebst du mich? Sag es mir. Sprich die Worte aus.« Seine Stimme ist drängend, sein Blick ernst.
Ich schlinge die Arme um seinen Nacken und ziehe sein Gesicht zu mir herab. Meine Finger zeichnen den Rand seiner Lippen nach und halten in der Mitte inne. Mein Herz pocht so schnell, dass ich den Eindruck habe, dass es gleich platzen wird. »Ich liebe dich, Beck Channing.«
Ein starker Ruck und etwas, das sich tief in mir regt. Ich fühle mich, als ob ich hochgehoben würde.
Beck spürt es auch. Sein Atem geht flach und rasch.
Und dann ist das Gefühl verschwunden. An seiner Stelle empfinde ich überwältigende Seligkeit.
Alles ist perfekt.
Es ist früh am Morgen. Im Zimmer ist es bis auf leises Atmen still. Durch einen winzigen Spalt zwischen den Vorhängen verdrängt das Sonnenlicht die Dunkelheit und besiegt sie wieder einmal.
Mein Blick folgt dem gleichförmigen Lichtstrahl zu dem Jungen, der neben mir liegt. Sein schönes Gesicht strahlt vor Triumph.
Ich beuge mich über ihn, und mein langes kastanienbraunes Haar bildet einen Vorhang um uns. Ich streife ihn mit den Lippen. Beck wacht nicht auf, aber sein Mund verzieht sich zu einem entspannten Lächeln.
Ein Klopfen an der Tür reißt mich aus meiner Seligkeit.
»Auf, auf, Lark. Es wird Zeit für deinen Unterr…«
Ein ohrenbetäubender Schrei durchbricht meine Ruhe. Mrs. Channing steht in der Tür und starrt uns mit aufgerissenem Mund an. Ihre Fingerknöchel werden weiß, als sie den Türrahmen umklammert, um sich abzustützen. Zorn brandet über ihr Gesicht hinweg.
»Warten Sie«, versuche ich zu sagen, »es ist nicht so, wie es aussieht …« Aber ich bringe kein Wort heraus.
Binnen Sekunden sehe ich hinter ihr Bethina, Henry, Eloise und ein paar andere Gesichter, die alle ins Zimmer spähen.
Beck, der jetzt völlig wach ist, zieht das dünne Bettlaken über mich und beschirmt mich vor dem Flur voller Leute. Ich weiß, dass es nicht gut aussieht – seine Kleider und Schuhe liegen auf dem Boden verstreut, ich habe nur ein winziges Nachthemd an, und wir liegen miteinander im Bett. Ich lasse mich in die Kissen sinken und versuche, mich darin zu verstecken.
Mrs. Channing kommt ins Zimmer gestürmt. »Was hast du getan?« Mit überraschender Kraft reißt sie Beck aus dem Bett. Er trägt nur Unterwäsche und hebt schnell seine Hose vom Boden auf.
»Beck, wie konntest du nur?« Alle Farbe weicht aus Mrs. Channings sonst so rosigem Teint, als Beck sich die Hose überzieht. Hinter den beiden wippt Bethina mit weit aufgerissenen Augen auf den Füßen vor und zurück.
Mrs. Channing wirbelt zu Henry herum und lässt ihren Zorn über ihn hereinbrechen. »Das ist alles deine Schuld! Du hast das getan! Du hast es ihm erzählt!«
»Er hat danach gefragt.«
»Wie konntest du nur?« Mrs. Channing ist außer sich. »Nein, antworte nicht. Ich weiß, wem deine Loyalität gilt!«
»Margo, Lark ist meine Nichte. Ich möchte sie genauso unbedingt beschützen wie du deinerseits Beck.« Alle Farbe ist aus Henrys Gesicht gewichen, und seine Augen sind jetzt schwarz. Als er sich breitschultrig vor Mrs. Channing aufbaut, verschwimmt seine Gestalt an den Rändern und erbebt.
»Und was ist mit Malin? Hat deine Schwester dich dazu ermuntert?«, schleudert sie Henry entgegen, während sie auf mich zustürmt.
»Warum sollte sie das tun? Sie will nicht, dass Lark so leidet wie sie.« Er hebt die Hand, und Mrs. Channings Körper erzittert. »Du wirst ihr nichts antun.«
Beck ragt drohend über seiner Mutter auf und wirft sich zwischen uns.
Er hat keine Angst. Im Gegenteil, er wirkt selbstbewusst.
Mein Blick huscht zwischen den beiden hin und her – dem ruhigen und heiteren Beck und der hysterischen Mrs. Channing. Was ich
Weitere Kostenlose Bücher