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Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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bedröppelte Miene lachen. Er freute sich, dass seine Kollegin trotz der Trauer ihre Schlagfertigkeit und ihren Humor nicht eingebüßt hatte.
    Bendt dagegen ärgerte sich. Wenn sie ihm auch wegen ihrer persönlichen Tragödie, von der Teddy ihm berichtet hatte, leidtat, so hielt er sie dennoch für maßlos arrogant.
    »So hab ich das nicht gemeint«, verteidigte er sich mürrisch. »Schließlich ist es ja durchaus möglich, dass es andere Erklärungen dafür gibt, warum man auf den ersten Blick keine Tierhaarreste fand.«
    Anna schenkte ihm ein abschätziges Lächeln und wandte sich wieder seinem Chef zu. »Wenn der Knochen tatsächlich aus einem Supermarkt stammt«, fuhr sie fort, »spräche das wohl eher gegen eine Täterschaft von Jensen.«
    Braun nickte. »Daran habe ich auch gedacht«, bestätigte
er. »Der Hund ist ihm vertraut. Weshalb sollte er ihn also in dieser Form ablenken müssen?«
    »Das ändert aber dennoch nichts an dem dringenden Tatverdacht gegen Jensen«, warf Bendt etwas zu eifrig ein.
    »Natürlich nicht«, sagte Anna mit einem leicht genervten Unterton und blickte ihn mit ihren großen dunklen Augen eindringlich an, »Sie kriegen ja auch Ihren Haftbefehl«, fügte sie dann gnädig hinzu.
    Sie spricht mit mir wie mit einem begriffsstutzigen Praktikanten, dachte Bendt wütend.
    Ihre Arroganz ärgerte ihn. Es war das erste Mal, dass er enger mit ihr zusammenarbeiten sollte, und ihr Verhalten bestätigte den Eindruck, den ihm andere Kollegen geschildert hatten. Sie gab sich stets sehr distanziert. Anders als andere Kollegen erschien sie nur selten zu den jährlichen Sommerfesten der Kripo. Sie trank dann allenfalls ein Glas Wein, sprach nie über persönliche Dinge, sondern blieb zumeist bei dienstlichen Themen und verabschiedete sich schon nach kurzer Zeit wieder. Sie vermied grundsätzlich, wie es bei anderen Kollegen durchaus üblich war, sich mit jüngeren Beamten der Kripo zu duzen oder private Kontakte zu knüpfen. Sie war höflich und gab sich verbindlich, wirkte aber immer unnahbar und kühl. Offensichtlich hielt sie sich aufgrund ihres Studiums für etwas Besseres.
    Sie sah ziemlich gut aus, das war allerdings nicht zu leugnen. Ihre langen Beine, die hohen Wangenknochen und das schmale Gesicht gefielen ihm. Die Mischung
aus Melancholie und Strenge in ihren Augen dagegen flößte ihm Respekt ein.
    »Warum muss eine junge Frau, die in der Altstadt wohnt und morgens wunderbar an der Trave joggen könnte, unbedingt in das Lauerholz hinausfahren?«, fragte Anna.
    Hauptkommissar Braun zuckte mit den Schultern. Auch er hatte sich diese Frage bereits gestellt. Am Kanal und an der Trave waren ständig unzählige Jogger und Spaziergänger mit Hunden unterwegs.
    »Ihre Mutter sagte uns, dass sie die Fahrt zum Wald in Kauf nahm, um Beißereien ihres Hundes mit anderen Rüden aus dem Weg zu gehen«, sagte Bendt.
    Anna nickte. Das nordöstlich an das Lübecker Stadtgebiet angrenzende Waldgebiet war mit seinen über neunhundert Hektar riesig und bot hinreichend Möglichkeiten, ungestört spazieren oder laufen zu gehen. »Apropos, gibt es schon etwas Neues zu dem Hund?«, fragte sie, während sie unter dem Schreibtisch ihre Beine in die andere Richtung übereinanderschlug, als bemerke sie, dass Bendt sie musterte.
    Hauptkommissar Braun schüttelte den Kopf.
    »Ungewöhnlich«, sagte Anna nachdenklich und gab ihrem sofortigen Bedürfnis nach, Hubert zu streicheln, der sich unter ihrem Schreibtisch ausgestreckt hatte.
    »Wir werden den Förster befragen und weiter nach ihm Ausschau halten lassen«, sagte Braun. »Wir werden den Streuner schon erwischen.«
    Anna nickte besorgt. Das Schicksal des Hundes rührte sie ersichtlich.

    »Ich glaube, wir sind für heute fertig«, sagte Bendt entschlossen und überreichte ihr eine vorläufige Ermittlungsakte, in der sich im Anhang die Tatortfotos befanden.
    »Ich beantrage die erforderlichen Beschlüsse«, gab sie zurück, während sie in der Akte blätterte. Sie schrak zusammen, als sie versehentlich die Anhangmappe mit den Bildern aufschlug. Obwohl sie seit sieben Jahren Staatsanwältin war, bereitete es ihr noch immer größte Schwierigkeiten, sich Tatortfotos und bebilderten Obduktionsberichten zu widmen. Sie unterdrückte den Impuls, die Akte zuzuschlagen, weil sie sich vor dem jungen Möchtegern-Schimanski keine Blöße geben wollte.
    »Furchtbar, nicht wahr?«, sprach Braun jedoch ihre Gedanken aus.
    »Entsetzlich jung«, fügte Anna hinzu, während sie die

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