Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
Vom Netzwerk:
entstand eine peinliche Pause.
    »Ich habe den Anzug gesehen«, sagte Anna dann endlich und deutete in die Schaufensterauslage.
    »Ein toller Schnitt, nicht wahr?«, schaltete sich nun übereifrig die Verkäuferin ein. »Ganz exklusives italienisches Design.«
    »Und auch ein exklusiver Preis, fürchte ich«, sagte Anna trocken, und Maja grinste.
    »Sehr schick«, seufzte Maja und bewunderte den Anzug, den die Verkäuferin mit einem Griff von einem Ständer gefischt hatte und stolz präsentierte.
    »Der könnte mir auch sehr gefallen«, fügte Maja anerkennend hinzu und erntete für ihre Unterstützung prompt ein dankbares Lächeln der Verkäuferin.
    »Größe sechsunddreißig, tippe ich?«, flötete diese schmeichelnd, als habe sie nicht bemerkt, dass Anna auf dem Etikett vor allem nach dem Preis suchte.
    Der Anzug war erschwinglich.
    »Probieren Sie ihn doch einfach an!«, drängte die Verkäuferin.
    »Ja, mach doch mal!«, ermutigte sie nun auch Maja. »Ich würde auch solange deinen Hund halten.«
    Anna fühlte sich etwas unschlüssig. In Gegenwart von Toms neuer Freundin Klamotten anzuprobieren verursachte ihr Unbehagen.
    »Nein, danke«, wehrte sie darum ab. »Ich wollte
eigentlich nur mal ein bisschen schauen. Aber probier du ihn doch, wenn er dir gefällt.«
    »Können Sie sehr gerne!« Die Verkäuferin wandte sich jetzt an Maja und unterbrach sich unmittelbar darauf durch ein albernes Lachen selbst. »Ach nein, wie dumm«, sagte sie dann und machte eine Handbewegung in Richtung von Majas Bauch. »Was sollten Sie jetzt mit so einem Anzug?«, winkte sie ab. »Ich vergaß, Sie hatten es ja vorhin erwähnt, als ich Ihnen diesen bezaubernden Rock zeigte.«
    Dumpf dröhnte das Geplapper der Verkäuferin in Annas Kopf, während sie sich der Bedeutung des Gesagten bewusst wurde.
    »Hach, Gott!«, rief diese darauf erschrocken aus, als ihr klar wurde, dass aus den Gesichtern beider ihrer Kundinnen die Farbe wich. »Jetzt habe ich wohl ein Geheimnis verraten.«
    Maja blickte Anna schuldbewusst an. Es war spürbar, wie sehr sie bedauerte, dass Anna es auf diese Art und Weise erfuhr.
    »Im wievielten Monat bist du?«, vernahm Anna ihre eigene Stimme aus weiter Ferne.
    »Vierter«, antwortete Maja und fügte hinzu: »Tom wollte es dir sagen, aber …«
    »Ist schon gut«, brachte Anna hervor und rang sich ein Lächeln ab. »Ich freue mich für euch.«
    »Wollen Sie ihn nicht doch einmal probieren?«, erinnerte sich die etwas hilflos wirkende Verkäuferin an ihre eigentliche Aufgabe und streckte Anna erneut den Anzug entgegen.

    »Danke, nein«, antwortete Anna und kämpfte mit dem Kloß in ihrem Hals.
    »Ist aber wirklich etwas Besonderes«, nervte die Verkäuferin weiter.
    »Sie will ihn aber nicht!«, fuhr Maja die Verkäuferin scharf an.
    Anna gelang es, sich ohne Tränen von Maja zu verabschieden und die Boutique zu verlassen. Sie wollte nur noch weg.
    Einige Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben, und der Ostseewind brannte ihr in den Augen. Es fiel ihr schwer, dem Drang zu widerstehen, einfach loszurennen. Sie nahm die Menschen, an denen sie sich auf ihrem Weg zum Auto vorbeidrängte, nur schemenhaft wahr. An Huberts Leine zerrend, zwang sie ihren Hund, nicht stehen zu bleiben und zu schnuppern, bis sie ihren Wagen nach einer gefühlten Ewigkeit endlich erreicht hatte. Wie eine Verfolgte startete sie hektisch den Motor und fuhr los. Erst als sie auf der Autobahn war, löste sich ihre Anspannung, und sie begann hemmungslos zu weinen.
    Zu Hause angekommen fühlte sie sich völlig erschöpft, kam jedoch trotzdem nicht zur Ruhe und beschloss, laufen zu gehen.
    Hubert freute sich über die unverhoffte Menge Auslauf, die ihm sein Frauchen an diesem Tag gönnte. Es dröhnte und hämmerte in Annas Kopf, während sie rannte und rannte. Ihre Schuhe klangen dumpf auf dem Asphalt. Es dämmerte bereits, als sie den Waldweg erreichte, aber die hereinbrechende Dunkelheit
störte Anna nicht. Sie wollte bis zur Erschöpfung laufen, so als gelte es, den in ihr tobenden Schmerz abzutöten.
    Sie haben es alle gewusst, als sie auf der Feier der von Rehbens waren, dachte sie. Sie alle hatten es gewusst, und keiner hatte es ihr gesagt! Auch Tom nicht. Ihre Tränen vermischten sich mit dem Schweiß in ihrem Gesicht. Laufen, einfach nur laufen …

11. KAPITEL
    H auptkommissar Braun baute sich im Vernehmungszimmer vor Alexander Jensen auf, während sich Kommissar Bendt im Hintergrund hielt. Es war bereits später Nachmittag.
    Man hatte

Weitere Kostenlose Bücher