Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
Vom Netzwerk:
sie weniger unter Dampf. Sie ist dann aber nicht zurückgekommen. Ich bin ihr dann entgegengegangen, weil ich dachte, dass vielleicht der Hund abgehauen ist und sie Hilfe braucht.«
    »Wie lange haben Sie denn ungefähr gewartet?«, forschte Bendt.
    »Lange, hab ich doch gesagt!«
    »Sie haben heute auch schon mal gesagt, dass Sie nicht am Tatort waren«, erinnerte Bendt ihn ironisch. »Ich will ja nur sicherstellen, dass sich Ihre Aussage nicht gleich wieder ändert.«
    Alexander Jensen atmete tief durch und kämpfte seine aufkeimende Wut herunter. »Ich schwöre, dass es so war!«, sagte er dann. »Ich hab sie gesucht, weiß Gott wie lange, und dann kam der Hund.«

    »Und der hat Sie dann zum Tatort geführt, und da haben Sie erst mal in Ruhe eine geraucht«, provozierte Bendt ihn weiter.
    Jensen war mit einem Satz vom Stuhl und drückte Bendt, der sofort zurückwich, gegen die Wand. Aber Hauptkommissar Braun war schon an seiner Seite und ergriff den Arm, mit dem Jensen seinen Kollegen am Kragen gepackt hatte.
    »Hey, hey, hey«, sagte Bendt betont ruhig. »Ganz sachte! Ein bisschen aggressiv heute, was?«
    Jensen ließ Bendt los. »Ich bin aggressiv, weil ihr mich hier für etwas verurteilen wollt, das ich nicht getan habe!«
    »So weit sind wir noch nicht«, sagte jetzt Braun beschwichtigend und bugsierte den Beschuldigten zurück auf den Vernehmungsstuhl. »Verurteilen könnte Sie aber der Richter, und zwar dann, wenn Sie uns zu viele Geschichten erzählen! Wir hätten hier gern die Wahrheit gehört.« Er drückte ihn sanft in den Stuhl.
    »Aber es ist wahr!«, rief Jensen verzweifelt aus. »Ich hab sie gefunden und hatte auf dem Weg schon eine geraucht. Ich bin einfach durchgedreht, weil alles so irreal war. Der Hund hat sich gekrümmt. Es ging ihm schlecht, ich war total in Sorge. Und dann hat er mich trotzdem zu ihr geführt.«
    »Klingt ein bisschen nach Lassie«, sagte Bendt spöttisch und erntete einen vernichtenden Blick.
    »Dann bin ich nur noch gerannt. Mann, da war das Blut, und sie war tot und …« Er verstummte.

    »Warum haben Sie nicht die Polizei gerufen?«, fragte Bendt nun. »Das wäre doch nahe liegend gewesen.«
    »Weiß ich nicht«, gab Jensen zurück. »Keine Ahnung. Ich hatte Angst, dass man mir nicht glaubt, wegen der Geschichte damals.«
    »Wegen der Verurteilung in der Straßenverkehrssache?«, ergänzte Bendt.
    »Ja, hab ich ja auch schon tausendmal gesagt. Keine Sau hat mir damals wirklich abgenommen, dass ich nicht mutwillig einen Unfall verursacht habe. Christina hat damals vor Gericht ausgesagt, ich hätte uns alle umbringen wollen und wäre mit voller Absicht in den Kleinlaster reingefahren.«
    »Wenn man Ihnen damals nicht geglaubt hätte«, konterte Bendt, »hätte man Sie damals wegen Totschlags und nicht wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Sie …«
    Die Tür zum Vernehmungszimmer wurde aufgerissen und unterbrach Bendts Redefluss.
    »Raus hier, verdammt!«, fuhr Hauptkommissar Braun die Beamtin an, die in der Tür erschien. »Wir sind mitten in einer Vernehmung!«
    »Sie müssen sofort kommen«, sagte die junge Frau unsicher.
    »Kann das nicht warten?!«, herrschte er sie an.
    »Ich fürchte nein«, gab sie kleinlaut zurück und fügte mit verzweifeltem Blick hinzu: »Wir haben noch eine tote junge Frau in einem der Lübecker Forste.«
    Der Ärger in Brauns Blick wich augenblicklich der Besorgnis.

    »Eine Joggerin«, fuhr sie fort. »Sie ist in der Nähe des Moorsees im Waldhusener Forst erstochen worden. Die Identität steht noch nicht fest.«
    Braun und Bendt wechselten einen alarmierten Blick.
    »Gibt es nähere Erkenntnisse zur Tatzeit und den Tatumständen?«, fragte der Hauptkommissar.
    Sie nickte, und ihr Blick verriet Braun, was sie dachte. Während sie seit Stunden Alexander Jensen vernahmen, gab es dort draußen einen Serientäter, der wie eine Zeitbombe tickte – und sie hatten nicht die geringste Spur.
     
    Hauptkommissar Braun griff nach dem Hörer seines Telefons. Sie hatten die Vernehmung Alexander Jensens vorläufig abgebrochen und seine Rückführung in das Untersuchungsgefängnis veranlasst. Auf Brauns Schreibtisch stapelten sich die Post-its mit Rückrufbitten: Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft bat dringend um Informationen, und der Dienststellenleiter musste ebenfalls auf den neuesten Stand gebracht werden.
    In den Abendnachrichten würde bereits von einem weiteren Frauenmord in einem der Lübecker Forste berichtet werden, vermutete Braun.

Weitere Kostenlose Bücher