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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ein ganz anderes Land geht, in eins, das ein völlig anderes politisches und wirtschaftliches System hat.« Harry zog die Luft hoch; er spürte, daß ihm allmählich die Nase lief. »Außerdem hatte Roger heute nachmittag die Gelegenheit, den Jungen zu töten. Als Brian über die Klippe baumelte, um zu George hinabzusteigen, hätte er doch das Seil durchschneiden können. Wer hätte das je erfahren?«
    »Vielleicht wollte er nicht, daß außer Brian noch jemand starb. Vielleicht ist der junge Dougherty seine einzige Besessenheit. Hätte er das Seil durchgeschnitten, hätte er Lin nicht retten können.«
    »Er hätte es durchschneiden können, nachdem Lin oben war.«
    »Aber dann wäre George ein Zeuge gewesen.«
    »Welcher Psychopath hat so eine Selbstkontrolle? Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob George überhaupt etwas mitbekommen hätte. Er war noch kaum bei Bewußtsein.«
    »Wie du schon gesagt hast, Roger ist ein Rätsel.«
    »Wir bewegen uns im Kreis.«
    Der Atem, den sie ausstießen, bildete zwischen ihnen Kristalle. Die Wolke war so dicht geworden, daß sie einander nicht mehr deutlich sehen konnten, obwohl sie nur einen guten halben Meter auseinander standen.
    Pete wehte den Nebel aus dem Weg und so weit von der abschirmenden Wand fort, daß der Wind ihn erfassen konnte. »Dann bleibt nur noch Claude übrig«, sagte er.
    »Er kommt mir von allen am unwahrscheinlichsten vor.«
    »Wie lange kennst du ihn schon?«
    »Seit fünfzehn Jahren. Oder sechzehn. So ungefähr.«
    »Warst du schon mal mit ihm auf dem Eis?«
    »Mehrmals«, sagte Harry. »Er ist ein wunderbarer Mann.«
    »Er spricht oft von seiner verstorbenen Frau, Colette. Er scheint noch immer nicht darüber hinweggekommen zu sein. Wann ist sie gestorben?«
    »In diesem Monat ist es drei Jahre her. Claude war auf dem Eis, seine erste Expedition seit zweieinhalb Jahren, als sie ermordet wurde.«
    »Ermordet?«
    »Sie war von Paris aus für ein verlängertes Wochenende nach London geflogen. Sie wollte nur drei Tage in England bleiben. Die IRA hat in einem Restaurant, in dem sie zu Mittag aß, eine Bombe gelegt. Sie war eins von acht Todesopfern.«
    »Großer Gott!«
    »Sie haben einen der Bombenleger erwischt. Er sitzt noch immer im Gefängnis.«
    »Und Claude hat es sehr schwer getroffen«, sagte Pete.
    »O ja. Colette war toll. Du hättest sie gemocht. Sie und Claude standen sich so nah wie Rita und ich.«
    Einen Augenblick lang schwiegen beide.
    Auf dem Kamm der Eiswand stöhnte der Wind wie ein Geist, der zwischen dieser und der nächsten Welt gefangen war. Das Eis erinnerte Harry an einen Friedhof. Er erschauderte.
    »Wenn ein Mann seine Frau über alles liebt und sie ihm genommen, von einer Bombe in Stücke gerissen wird«, sagte Pete, »könnte der Verlust ihn um den Verstand bringen.«
    »Nicht Claude. Gebrochen, ja. Deprimiert, ja. Aber nicht verrückt. Er ist der freundlichste ...«
    »Seine Frau wurde von Iren getötet?«
    »Und?«
    »Dougherty ist Ire.«
    »Das ist aber weit hergeholt, Pete. Eigentlich irischer Abstammung. Ein Amerikaner der dritten Generation.«
    »Du hast gesagt, einer dieser Bombenleger sei gefaßt worden?«
    »Ja. Die anderen haben sie nie erwischt.«
    »Erinnerst du dich an seinen Namen?«
    »Nein.«
    »Hieß er Dougherty, oder zumindest so ähnlich?«
    Harry verzog das Gesicht und winkte geringschätzig ab. »Komm schon, Pete. Jetzt kracht's ganz heftig im Gebälk.«
    Der großgewachsene Mann ging wieder auf der Stelle auf und ab »Ja, das ist wohl wirklich zu weit hergeholt. Aber weißt du ... sowohl Brians Onkel als auch seinem Vater hat man vorgeworfen, sie hätten sich auf Kosten anderer Gruppen bei ihrer irischamerikanischen Wählerschaft lieb Kind gemacht. Und einige Leute haben sogar behauptet, sie würden so stark mit dem linken Flügel der IRA sympathisieren, daß sie ihn jahrelang insgeheim finanziell unterstützt haben.«
    »Das habe ich auch alles gehört. Aber es konnte nie bewiesen werden. Politische Verleumdung, soweit wir wissen. Die Tatsache ist... wir haben vier Verdächtige, und keiner von ihnen kommt mir sehr wahrscheinlich vor.«
    »Berichtigung.«
    »Was?«
    »Sechs Verdächtige.«
    »Franz, George, Roger, Claude ...«
    »Und ich.«
    »Ich habe dich ausgeschlossen.«
    »Keineswegs.«
    »Jetzt bleib mal auf dem Teppich.«
    »Ich meine es ernst«, sagte Pete.
    »Nach dem Gespräch, das wir gerade geführt haben, weiß ich, daß du nicht...«
    »Gibt es irgendein Gesetz, das besagt, ein

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