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Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Titel: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Wardetzki
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20. Die zwei Erfolgreichen
    Erfolg ist ein zentraler Bestandteil der narzisstischen Dynamik, da er das fragile Selbst vor dem Absturz in Minderwertigkeitsgefühle schützt. Erfolg steht daher im Dienste der Selbstwerterhöhung, denn er verleiht dem Menschen die Empfindung von Wichtigkeit, Können, Besonderssein und Bessersein als andere. Für Erfolg sind narzisstische Menschen bereit, einen hohen Preis zu zahlen und sich über die Maßen einzusetzen. Investiert wird nur in das, was Anerkennung bringt. Daher gewinnen jene Menschen in ihrer Umgebung an Bedeutung, die sie auf der Karriereleiter weiterbringen, aber auch die, bei denen sie mit ihren Erfolgen Eindruck machen können. Denn Erfolg wirkt vor allem über die Gratifikation von außen, beispielsweise in Form von Applaus, Ruhm und Bewunderung.
    Wer Erfolg hat, erwirbt sich Ansehen, einen sozialen Status, Geld und Macht. Im Fokus steht primär der berufliche Aufstieg im Sinne von Karriere, Beförderung, Verantwortung, Verdienst und Prestige. Auch unermüdliches Schaffen und keine Zeit für private Belange zu haben gehört zum Leben des Erfolgreichen, denn wer andere überragen will, muss sich anstrengen. Wer einen vollen oder überfüllten Terminkalender hat, von Meeting zu Meeting hetzt, wichtige, d.h. in diesem Fall dem Vorwärtskommen dienende Menschen trifft, viel Geld verdient und möglicherweise auch noch Macht und Einfluss besitzt, der »hat es geschafft«. Was hat er geschafft? Den Erfolg und die Erfüllung der eigenen Ansprüche und die der Gesellschaft. Das ist natürlich nicht zwangsläufig schon narzisstisch, kann es aber werden, wenn der Selbstwert vorwiegend am Status gemessen wird.
    Wer noch dazu emotionale Bindung und Nähe psychisch als eher destabilisierend erlebt, für den ist der kognitive Erfolgssektor die »Rettung«. Denn er verleiht Bedeutung und Sicherheit, was bindungssichere Menschen auch in Beziehungen finden können. Somit hat Erfolg im Zusammenhang mit narzisstischen Strukturen nicht nur die Funktion von materiellem Gewinn und Anerkennung, sondern dient zugleich der emotionalen Befriedigung und psychischen Stabilisierung. Das erklärt auch, warum manche Menschen zusammenbrechen, wenn sie Misserfolge haben oder auf der Karriereleiter absteigen. In diesem Fall hat die Persönlichkeit kein Mittel mehr, ihren Wert zu bilden, und verliert das Fundament von Sicherheit, das zuvor der Erfolg bot.
    Was David Grayson, Professor für unternehmerische Verantwortung, über die überhöhten Managergehälter sagt, passt in dieses narzisstische Schema: »Den meisten Managern, so vermutet der Professor, sei es bei den Gehaltserhöhungen vor allem um den eigenen Status gegangen, ›um den Platz in der Hackordnung‹ – und nicht um die absolute Lohnsumme.« 39
    Dass eine solche Erfolgsorientierung Konsequenzen für Beziehungen im Allgemeinen und für Zweierbeziehungen im Besonderen hat, liegt auf der Hand. In vielen Lebensgeschichten von narzisstisch strukturierten Menschen finden wir schon früh in der Kindheit die Erfahrung, dass Erfolg oft mehr galt als Zufriedenheit oder die Person selbst. Mit guten Leistungen können Kinder »punkten«, wenn sie zumindest bei einer Eins im Diktat Aufmerksamkeit und Anerkennung bekommen. Der Mensch ist auf Spiegelung angewiesen, auf die Rückmeldung »Du bist in Ordnung«. Bleibt sie aus, sucht er Wege, sie doch noch zu bekommen. Und über welchen Weg kann das besser gehen als darüber, erfolgreich zu werden?
    Auch für Liliane und Paul war der Erfolg ihr primärer Lebensinhalt. Paul war ein viel gefragter Rechtsanwalt, der international tätig war und große Firmen vertrat. Liliane machte Karriere auf dem zweiten Bildungsweg, nachdem sie in der Abendschule das Abi nachholte, Soziologie studierte und in der Personalführung einer großen Firma eine verantwortungsvolle Stelle bekam. Zu Beginn der Beziehung unterstützte er ihre Ausbildung und ihr berufliches Fortkommen mit aller Kraft. Er coachte sie, nutzte alle seine Kontakte und Verbindungen, um ihr den Weg zu ebnen, motivierte sie und gab ihr das Gefühl: »Du kannst es, du schaffst es«. Das war für Liliane der entscheidende Punkt, sich auf die Partnerschaft mit ihm einzulassen, obwohl er nicht ihr Typ war. Er war ihr zu sachlich und zu unemotional. Doch die Sicherheit, sich das erste Mal auf einen anderen Menschen verlassen zu können und von ihm unterstützt zu werden,

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