Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
anderen. Dann ist die Frau das eigentliche Problem in ihrer Beziehung oder der Mann ist schuld, wenn es zum Konflikt kommt.
Eine Lösung findet das Paar nur, wenn jeder bereit ist, seinen Anteil bei sich zu sehen und seine Muster aufzudecken. Narzissten neigen dazu, das mit Schuld oder mit Kleinbeigeben gleichzusetzen, womit es aber nichts zu tun hat. Im Gegenteil bedeutet es, Verantwortung zu übernehmen sowohl für das eigene Verhalten als auch für die Folgen, die das Verhalten für andere hat. Denn dysfunktionale Beziehungsmuster führen zu gegenseitigen Verletzungen, wie wir es in den bisherigen Beispielen schon gesehen haben.
Funktionale Arbeitsmodelle für Beziehungen beruhen dagegen auf Selbstakzeptanz, Selbstliebe, Selbstschutz und Selbstförderung und führen sowohl zu einem gesunden Narzissmus als auch zu reifen, stabilen und befriedigenden Beziehungen.
Zu einem gesunden Selbstwertgefühl gehören aber nicht nur Selbstachtung und -annahme, sondern auch Kompetenzerfahrungen. 37 Wenn das Kind erfährt, dass es etwas kann, stärkt das seine Selbstwirksamkeit und das Gefühl, in Ordnung zu sein. Es entwickelt Vertrauen in seine Fähigkeiten und gewinnt die Überzeugung, dass Dinge, die es anpackt, zum Erfolg werden können. Wird es jedoch überfordert, weil es etwas können muss, das es noch nicht wissen kann, oder wird es unterfordert, entsteht das Gefühl, inkompetent zu sein, unabhängig davon, ob das Kind intelligent ist und etwas kann oder nicht. Die Erfahrung, lernen zu dürfen und dabei unterstützt zu werden, fördert die Selbstsicherheit und Kompetenz.
Perfektionismus, den viele Narzissten zeigen, kann eine Folge von ungenügenden frühen Kompetenzerfahrungen sein. »Ich muss perfekt sein« fordern Menschen von sich, die Angst haben, zu versagen. Jeder Fehler beweist ihre Inkompetenz und verstärkt ihre Unsicherheit. Durch perfektes Verhalten kompensieren sie ihre Versagensangst und ihr Inkompetenzgefühl. Dass die Forderung nach Perfektion einem Versagen Vorschub leistet, weil kein Mensch perfekt sein kann, ist ihnen nicht bewusst. Auf diese Weise verlangen sie wieder etwas von sich, das gar nicht erfüllbar ist, und untergraben ihr Kompetenzgefühl mit denselben Mitteln, mit denen es gestärkt werden soll.
»Es entsteht zwangsläufig eine Spirale von Versagen und immer höheren Ansprüchen an die eigene Leistung, eine realistische Zielsetzung ist nicht mehr möglich. Tatsächliche Anerkennung wird nicht wahrgenommen, da die Wertschätzung für die eigene Person fehlt. Auf diese Weise wiederholt sich innerlich die frühe Ablehnung und Entwertung durch die primären Bezugspersonen.« 38
Die anschließenden Schlussfolgerungen können Ihnen helfen, einen anderen Blick auf die Schwierigkeiten zu bekommen, die Sie in Ihren Beziehungen haben.
• Wie reinszenieren Sie Ihre alten Versagungen?
Das passiert dadurch, dass Sie Ihre Gefühle, Erwartungen und Befürchtungen auf Ihr Gegenüber projizieren und davon ausgehen, dass er/sie sich genauso verhält wie früher Ihre Bezugspersonen. Und schon haben Sie psychologisch gesehen nicht den Chef, den Partner oder die Partnerin vor sich, sondern Ihren Vater oder Ihre Mutter, wie Sie sie früher erlebten. Und Sie verhalten und fühlen sich so, wie ehemals bei ihnen.
• Woher kommen die Versagungen?
Wenn Sie erkennen, dass die Versagungen aus früheren Beziehungen stammen, können Sie sie bearbeiten und müssen sie nicht weiter auf Ihr Gegenüber projizieren. Das heißt, Sie geben dem anderen die Chance, anders zu sein als Ihre Eltern, frühere Bezugspersonen oder verflossene Partner/Partnerinnen. Und Sie lassen sich überraschen, wie Ihr Gegenüber wirklich ist.
• Welche Schlüsse haben Sie aus den negativen Beziehungserfahrungen gezogen?
Aufgrund seelischer Verlassenheiten und Verletzungen entschließen Sie sich beispielsweise, sich nie mehr auf andere einzulassen. Das schaffen Sie dadurch, dass Sie sich Partner suchen, die emotional nicht erreichbar sind und Sie auf Distanz halten. Dass Sie dabei unglücklich werden, werfen Sie ihnen dann vor. Und Sie nehmen es zum Anlass, sich noch mehr zurückzuziehen, denn auf andere ist kein Verlass. Welch geschickter, aber verhängnisvoller Teufelskreis.
• Was hindert Sie, Ihr altes Muster zu überwinden?
Meist ist es die Angst vor Nähe, weshalb Sie sich nicht einlassen. Denn Nähe macht verletzlich und das wollen Sie vermeiden.
• Welche Wunde gilt es zu heilen?
Es ist die Wunde, nicht geliebt,
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