Ekel / Leichensache Kollbeck
Gegend. Nirgendwo brennt Licht in den Häusern. Nur eine altmodische Straßenlaterne produziert einen schwachen Schein. Im Schutze der Dunkelheit beobachtet Steinitz, wie sich eines der unteren Fenster in dem kleinen Haus erhellt. Er nimmt den Schattenriß des Jugendlichen wahr, der das Fenster öffnet. Dann erlischt das Licht. Steinitz schlußfolgert richtig, daß sich der Verfolgte nun zu Bett begeben hat. Enttäuscht trottet er zurück ins Stadtinnere.
Ihm gehen die vielen mißglückten Versuche in der Vergangenheit durch den Sinn, weil die Objekte seiner tödlichen Begierde entweichen konnten oder andere sein Vorhaben störten. Er fürchtet sich davor, in der Rage seiner Geilheit Fehler zu machen, die ihn verraten könnten. Sein Sicherungsverhalten reagiert immer sensibler. Doch zugleich drängt das immer ungestümer tobende Bedürfnis zum Töten nach Realisation.
So zieht es ihn kurz darauf wieder zu dem Haus in der Siedlung. Leise betritt er das Grundstück, findet eine Leiter und legt sie an das offene Fenster. Er streift sich seine alten NVA-Wollhandschuhe über und steigt vorsichtig empor. Mit einer Militärtaschenlampe leuchtet Steinitz das Innere der Stube ab. Tatsächlich liegt dort der junge Mann in tiefem Schlaf.
Behutsam klettert er über die Brüstung, legt Handschuhe und Taschenlampe auf dem Fenstersims ab, tritt an den Schlafenden heran und versucht, ihn zu fesseln. Augenblicklich ist das Opfer wach. Der Alkohol in ihm scheint in diesem Moment seine destruktive Wirkung verloren zu haben. Schon setzt Steinitz zum Würgegriff an. Der Effekt bleibt aber gering, da der Überfallene kraftvoll und wild um sich schlägt. Steinitz muß nun fürchten, selbst der Unterlegene zu werden. Er verliert die Übersicht, wird von panischer Angst erfaßt. Wie von Sinnen sticht er mit dem Tauchermesser auf den jungen Mann ein. Der schreit aus Leibeskräften: „Hilfe, der will mich abstechen!“
Die Zimmertür wird geöffnet, Licht von draußen trifft in das Innere des Raums. Eine Frau im Nachthemd ist plötzlich erschienen. Auch sie stimmt sofort in die Hilfeschreie ein. Steinitz ist über alle Maßen erschrocken. Kopflos ergreift er die Flucht, springt durch das offene Fenster ins Dunkel. Das alles geht so rasch, daß die beiden den Eindringling nicht erkennen können. Doch Handschuhe, Tauchermesser und Taschenlampe bleiben als Indiz seiner Anwesenheit am Tatort zurück.
Der junge Mann ist beträchtlich verletzt. Seine sofortige Einlieferung ins Kreiskrankenhaus ist nötiger als die Verfolgung des nächtlichen Phantoms. Dadurch gelingt es Steinitz, unbeschadet aus dem Grundstück zu entkommen. Wie von Furien gehetzt läuft er durch das nächtliche Städtchen und bemerkt nicht, daß er von zwei Jugendlichen beobachtet wird, die ihn später vor der Polizei recht gut beschreiben können. Angstvoll versteckt er sich bis zum späten Vormittag in einem nahen Wald, ehe er es wagt, den Bus nach Cölpin zu besteigen. Sein blutverschmiertes Hemd verbirgt er unter der hochgeschlossenen Lederjacke.
Bei der Tatortuntersuchung werden Blut- und Faserspuren gesichert, deren Zuordnung aber nicht gelingt. Die von Steinitz zurückgelassenen Utensilien veranlassen die Kriminalpolizei zu neuen Recherchen in den umliegenden NVA-Kasernen. Doch auch diesmal werden nur die Alibis der Wehrpflichtigen überprüft.
Da der verletzte Jugendliche in zwielichtigen Kreisen verkehrt und in der Vergangenheit mehrmals in Prügeleien verwickelt war, vermutet man den Racheakt eines Widersachers. Deshalb konzentrieren sich die Untersuchungen auf den Freundes- und Bekanntenkreis des Opfers. Doch diese Spur erweist sich bald als falsch, und das Verfahren wird vorläufig eingestellt.
Steinitz ist über das mißglückte Vorhaben sehr enttäuscht. Es ist ihm wieder nicht gelungen, den langsamen Tod eines Menschen auszukosten. Darüber hinaus ängstigt ihn, Handschuhe, Messer und Taschenlampe am Tatort zurückgelassen zu haben. Mit Recht befürchtet er, daß sich darauf Spuren von ihm befinden. Für eine erneute Attacke muß er sich lange in Geduld üben. Der feucht-windige Herbst und die nahende Winterkälte nehmen ihm die Lust am Herumstreunen. Aber auch die Furcht vor weiterem unbedachtem Verhalten zwingt ihn zur Zurückhaltung seiner mörderischen Gelüste, denen er sich deshalb nur in Gedanken hingeben kann.
Die perverse Phantasie entbehrt bald nicht mehr einer suchtartigen Zwanghaftigkeit. Sie nimmt ihn so in Anspruch, daß bestimmte
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