Ekel / Leichensache Kollbeck
heftig, daß er sich zwingen muß, die drohende orgastische Explosion zurückzuhalten. Höchste Befriedigung benötigt eben das grausame Vorspiel des Hinauszögerns. Ein vorzeitiger Orgasmus würde ihn ebenso verärgern wie ein zu schneller Tod seiner Opfer.
Steinitz schleppt den älteren der beiden Brüder weiter ins dichte Unterholz, legt ihn rücklings auf den Waldboden, führt eine zusätzliche Schlinge um einen Baumstamm und fixiert den Unglücklichen daran, um ein Wegkriechen zu vereiteln. Er redet auf den wimmernden Jungen ein, daß schon nichts passieren würde, wenn er sich still verhielte. Dann geht er zurück zu dem jüngeren Bruder, der ebenfalls gefesselt auf dem Waldboden liegt. Auch ihn nötigt er, keinen Laut von sich zu geben.
So pendelt Steinitz einige Male zwischen den beiden Opfern hin und her, überprüft ihre Fesselung und wartet.
Als die Dämmerung hereinbricht, tötet er sie. Mit unbeschreiblicher Intensität genießt er den schmerzvollen, langen Würgevorgang und das konvulsivische Zucken der gepeinigten, nackten Körper, die er dicht an den seinen preßt. Dann sticht er viele Male auf sie ein. Doch die Opfer zeigen längst keine Regung mehr.
Völlig erschöpft verharrt Steinitz minutenlang bei den toten Kindern. Jetzt erst säubert er seine Kleidung vom Schmutz des Waldbodens und begibt sich im Schutze der hereinbrechenden Dunkelheit unbemerkt zum S-Bahnhof Borgsdorf. Im Licht einer Laterne stellt er befriedigt fest, daß sich keine Blutspuren an ihm befinden. Eine knappe Stunde später wirft er sich ermattet auf die Liege in seiner kleinen Berliner Wohnung, nahe des S-Bahnhofes Greifswalder Straße. Zufrieden, guter Laune und ohne eine Spur beißenden Gewissens schläft er tief und lange bis zum nächsten Tag. Dann protokolliert er mit bürokratischer Akkuratesse das mörderische Geschehen auf mehreren Seiten und heftet sie in der Akte „Geheime Privatsache“ ab.
Auszug aus dem mehrseitigen Gedächtnisprotokoll des Feldwebels Mirko Steinitz über den Doppelmord an den Geschwistern René und Stefan Kölling am 23. September 1983:
„… Stefan sagte von Zeit zu Zeit: ‚Nun machen Sie doch endlich, ich denke, Sie wollen uns nur fotografieren?‘
Und: ‚Sie wollen uns doch irgendwas tun.‘
Ich beruhigte ihn jedesmal, so gut ich konnte. Stefan sah selbst mit seinem verheulten Gesicht klasse niedlich aus. Ich fotografierte sie dann, sie wollten sich aber nicht ausziehen.
Ich fragte: ‚Warum nicht?‘
Stefan antwortete: ‚Ja und dann nehmen Sie Ihr Messer …‘
‚Das kann ich auch mit Sachen.‘
Ich zwang sie aber nicht, sich auszuziehen. Bei René bereue ich das jetzt, denn er hatte einen wirklich schönen Körper.
Nach dem Fotografieren fragten sie, ob sie jetzt endlich gehen könnten. Ich sagte, daß das nicht so einfach geht, ich einen Vorsprung brauche usw.
Ich überlegte die ganze Zeit schon, wie es nun weitergehen sollte, erst mal mußte ich sie fesseln, aber dann? Ich wollte ja schließlich beide erwürgen und wenn ich den einen gerade erwürge, wird der andere bestimmt schreien. 18.45 Uhr …“
In den Vormittagstunden des 24. September 1983 werden die Leichen der inzwischen vermißten Kinder durch Suchkräfte der Schutzpolizei und der Freiwilligen Feuerwehr Borgsdorf im sogenannten Briesewald gefunden. Der offenkundige Verbrechensverdacht rechtfertigt den Einsatz der MUK.
Die Spurensuche führt zum Auffinden einer Vielzahl von schwarzen Baumwoll- und Polyesterfasern, die nicht aus der Bekleidung der getöteten Kinder herrühren. Das begründet den Verdacht ihrer Täterbezogenheit, die auch bei der zur Fesselung benutzten Schnur unterstellt werden kann. Letztere erweist sich als eine in den VEB Vereinigte Netz- und Seilwerke Heidenau hergestellte Zeltleine. Alle Blutspuren am Tatort stammen von den Opfern und liefern insofern auch keinen Hinweis auf den Täter.
Die folgenden Nachforschungen und Veröffentlichungen in der Tagespresse führen zu mehr als vierzig Personen, die sich am Nachmittag des Tattages im Briesener Wald aufgehalten haben. Ihre Wahrnehmungen zur Personenbewegung werden genau erfaßt, doch ergibt sich daraus kein verwertbarer Anhaltspunkt für die Täterermittlung. Die Kriminalisten stoßen zwar auf eine vermeintlich heiße Spur, da sich einer der Befragten in Widersprüche verwickelt. Doch der Verdacht zerrinnt schnell.
Eine weitere vage Spur weist auf einen unbekannten Mann in Militäruniform. Erneut werden alle Kasernen des Bezirkes
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